Von Moerdern und anderen Menschen
Scherz, diese Idee…»
«So, haben Sie?» Moderegger schien nicht sonderlich beeindruckt zu sein.
«Ja, habe ich.»
«Da lachen doch die Hühner, wenn Ihre Mutter damit zur Polizei läuft – auch wenn die Polizei Gonschorek heißt.» Moderegger nahm sich ein paar Erdnüsse aus einer Schale.
«Sie können mich doch hier nicht so einfach über den Haufen schießen!» sagte Piesarczik.
«Ich muß», sagte Moderegger mit vollem Mund. «Oder ich sitze zehn bis fünfzehn Jahre im Knast.»
«Sitzen Sie nicht: Von mir erfährt doch kein Mensch was.»
«Und wer garantiert mir das?» Moderegger sah wieder hoch.
«Ich. Sie haben mein Wort!»
Moderegger hielt nicht viel davon. «Meine einzige Garantie ist Ihr Tod – Selbstmord oder Notwehr, das weiß ich noch nicht. Wenn Sie der Mörder sind, kann ich es nicht sein. Das ist meine Garantie.»
Piesarczik legte nun seine letzte Trumpfkarte auf den Tisch, die Karte, von der sein Leben abhing. «Sie sind schon Klasse, Moderegger, gratuliere! Schade nur, daß Ihre Rechnung ein wenig zu genial ist… Sie haben nämlich einen Fehler gemacht, einen entscheidenden Fehler.»
«Einen Fehler?» Der plötzliche Glanz in Piesarcziks Augen schien Moderegger leicht zu irritieren. «Wieso?»
«Weil Gonschorek mir schon die genaue Tatzeit verraten hat – 13.32 Uhr…» antwortete Piesarczik.
«Da dürfte er recht haben, ja. Aber was hat denn das nun…?»
Piesarczik erklärte es ihm. «Das hat eine Menge mit mir zu tun. Ich wollt Sie testen, und das war eine idiotische Idee – schön! Ich hab Sie gebeten, mir ein Alibi zu verschaffen, damit ich meinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Nun hab ich Isy aber nicht umgebracht und war zur Tatzeit auch am entgegengesetzten Ende der Stadt. Wenn Sie’s genau wissen wollen: um 13.32 Uhr habe ich im Hotel Hubertus gesessen und ein mexikanisches Pfeffersteak gegessen. Aber nicht etwa allein, sondern mit drei Herren zusammen, die nun wirklich über jeden Verdacht erhaben sind: unserm Polizeipräsidenten, unserm Baudezernenten und dem Wortführer der Bürgerinitiative Prinzenpark. Thema: Der umstrittene Erweiterungsbau des Polizeipräsidiums… Oder haben Sie vergessen, daß wir da am Ball sind?»
Moderegger zeigte keinerlei Wirkung. «Daß ich nicht lache! Da bluffen Sie doch bloß! Sie wollten sich doch erst am Montag treffen…»
Piesarczik blieb sachlich. «Haben wir aber nicht; wir haben schon heute miteinander gesprochen. Die Herren werden nicht schlecht staunen, wenn Sie mich als Isys Mörder präsentieren. Dann ist Ihnen Lebenslänglich sicher, dann bestimmt.»
«Sie freuen sich zu früh – noch hab ich Ihre Pistole in der Hand!» sagte Moderegger.
«Ich freu mich gar nicht.»
«Das mit dem Arbeitsessen ist Ihre zweite geniale Idee heute, weiter nichts. Nur um hier lebend rauszukommen. Bluff. Piesarczik, nichts weiter.»
«Nein!»
«Natürlich!»
In diesem Augenblick ertönte draußen auf der Diele der Gong. Sie zuckten zusammen und sahen sich sekundenlang an, beide ratlos.
«Da klingelt jemand am Gartentor», sagte Piesarczik.
«Soll er. Ich meld mich nicht», sagte Moderegger.
«Die sehn doch, daß hier Licht ist», gab Piesarczik zu bedenken.
«Gonschorek ist das nicht, freun Sie sich nicht zu früh. Außer uns beiden hier weiß niemand, daß ich mit Isy was hatte. Gonschorek kann das nicht sein.»
Der Gong wurde immer heftiger betätigt.
«Vielleicht ist es Ihre Frau», mutmaßte Piesarczik, «vielleicht ist es meine Mutter – lassen Sie die Damen ruhig rein.»
Moderegger faßte einen Entschluß. «Ich geh jetzt zur Gegensprechanlage und drück auf die Taste – eh Sie den Mund aufgemacht haben, hab ich die Taste wieder losgelassen.»
«Ich schrei schon nicht», versicherte Piesarczik.
«Bleiben Sie da unter der Lampe stehen», befahl Moderegger. «Wenn Sie hinter den Schrank springen wollen – ich schieße sofort! Und die Hände bleiben oben!»
Der Gong gab keine Ruhe.
«Ja, ist ja gut!» schimpfte Moderegger und drückte die Taste. «Ja, bitte! Wieder die Kinder – oder ist da jemand?»
Eine Stimme, die er nicht kannte. «Hier ist Andreas Seywald, der Bruder von…»
«Herr Seywald, ja, ich weiß… Entschuldigen Sie, aber die Kinder hier – ich dachte, die machen wieder Unfug und drücken auf alle Klingeln. Ja… Es tut mir leid für Sie. Ihre Schwester war…»
Seywald unterbrach ihn. «Ich will Sie gar nicht weiter stören – aber Herr Piesarczik ist nicht zufällig bei Ihnen?»
Moderegger
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