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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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immer?»
    «Nein. Teilweise setzen sich die beteiligten Firmen zusammen, irgendwo an einem abgelegenen Ort beim Frühstück, und handeln aus, wer diesmal den Auftrag kriegen soll. Der reicht dann bei der Ausschreibung einen überhöhten Preis ein – und die anderen bleiben noch darüber. Das gibt dann die schönsten Gewinne. Und wer zahlt die Zeche? Wir Steuerzahler!»
    Seywald nickte. «Aber so schnell kann man da keinen festnageln?»
    «Das ist es ja eben», sagte Herr Liebenhagen. «Die Firmen haben bessere Leute als die Behörden, die das prüfen sollen; wer da gut ist, der wird doch gleich von der Privatwirtschaft eingekauft.»
    Seywald wartete, bis die Ampel grün zeigte. «Und Sie meinen, meine Schwester könnte da was gewußt haben?»
    «Möglich war’s schon, aber ich glaub’s nicht so recht. Eher hat sie ihn mit dem Fall Weißmantel unter Druck gesetzt.»
    «Weißmantel?» Seywald war völlig ahnungslos.
    «Ein Ministerialdirigent, hohes Tier, Kasernenbau», erklärte Herr Liebenhagen.
    «Ah, ich verstehe…»
    «Das ist zwar schon ein Weilchen her, aber trotzdem: Die FUNKTIONAL-BAU durfte drei Kasernen hochziehen – und Weißmantel wohnte plötzlich in einem 400000-Mark-Haus, für das er nur 300000 Mark bezahlen mußte.»
    «Und da hat keiner was dagegen getan?»
    «Doch, doch. Aber ‘s hat bloß nichts gebracht. Die Originalunterlagen waren über Nacht verschwunden, und dafür konnte Weißmantel eine Quittung vorweisen, daß er alles bezahlt hatte.»
    Seywald sah Land. «Und Sie meinen, Isy könnte da…?»
    «Nichts gegen Ihre Schwester, aber sie hätte sich zu gern als Chefin des Hauses gesehen.»
    «Vielleicht hat Piesarczik ihr auch alles von sich aus erzählt.»
    «Kann sein. Im Bett, da… Stopp, ich glaube, wir sind da!» Herr Liebenhagen rüstete sich zum Aussteigen.
    «Okay, ich halte da drüben», sagte Seywald. «Und herzlichen Dank auch, Herr Liebenhagen.»
    Herr Liebenhagen lüpfte seinen Hut. «Nichts zu danken… Vielleicht fragen sie auch mal den Moderegger, der ist so was wie Piesarcziks neuer Prokurist, mein Nachfolger quasi…»
    «Ah ja, danke.»
     
     
    Moderegger hatte sich nicht erschossen. Er saß jetzt mit Piesarczik im Wohnzimmer und schien nicht weiter zu wissen. Es war einige Zeit vergangen; sie hatten Cognac getrunken und hin und her geredet.
    Piesarczik befand sich nicht mehr in dem erbarmungswürdigen Zustand wie eben noch; durch Modereggers, man konnte es fast so nennen, gescheiterten Selbstmordversuch hatte er sogar ein wenig Oberwasser gewinnen können.
    Moderegger rauchte eine Zigarette nach der anderen, und seine Hände zitterten. Piesarczik bot ihm einen seiner Tranquilizer an.
    Moderegger lehnte ab. «Ich dreh schon nicht durch.»
    «Vorhin sah’s aber ganz so aus.»
    «Vorhin, vorhin! Die Schachzüge da mit meiner Frau – ich hab da plötzlich nicht mehr durchgesehen…»
    Piesarczik wollte eine Atmosphäre schaffen, wie man sie bei Verhandlungen mit Geschäftspartnern hatte. «Das hätten wir ja nun. Könnten Sie nicht endlich mal die Pistole weglegen? Ich kenn doch das Ding, die hat ‘nen ganz merkwürdigen Druckpunkt.»
    Aber Moderegger tat ihm den Gefallen nicht. «Was soll ich denn machen? Ich kann Sie doch nicht laufenlassen… Gonschorek ist ein alter Freund von Ihnen, dem müssen Sie’s doch einfach sagen.»
    «Ich muß gar nichts!» beteuerte Piesarczik.
    Moderegger schien seine Schwächeperiode überwunden zu haben. «Sie sind doch schon hergekommen, um mich aufs Kreuz zu legen – mit dem Trick da, Sie brauchten ein Alibi. Das war doch ein abgekartetes Spiel, um mich weichzukriegen.»
    «Unsinn! Wie sollt ich denn ahnen, daß Sie…»
    «Ich hab die Isy nicht kaltblütig umgebracht», schwor Moderegger. «Das ist im Streit passiert; wir hatten uns nur gestritten…»
    «Gestritten? Worüber?»
    «Sie hat mich erpressen wollen», antwortete Moderegger.
    Piesarczik schien überrascht. «Erpressen wollen? Womit denn erpressen wollen?»
    «Na, mit meiner Frau natürlich. Die ist doch krankhaft eifersüchtig.»
    «Nicht ohne Grund – oder?»
    Jetzt brach es aus Moderegger heraus. «Sie treibt mich ja dazu, sie herrscht doch hier über ihren Vater und über mich wie ‘ne Dompteuse über ihre Raubtiere! Das ist doch jeden Tag ‘ne Inquisition hier… Ich hab richtig Angst davor, mit der zu schlafen, ganz ehrlich.»
    «Aber ihr Geld…» warf Piesarczik ein.
    «Ihr Geld – ja, auch. Aber vor allem hab ich Angst vor ihr, regelrecht Angst. Ich gehöre

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