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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Pfad, Hennigsdorfer Straße – eine Art Magistrale. Hier, in unmittelbarer Nähe des Wassers, war die Luft derart mit Feuchtigkeit gesättigt, daß Czapalla andauernd hüsteln mußte. Es war bedeckt, und das Thermometer zeigte noch immer 17 Grad; Czapalla zog sich seine Trainingsjacke aus.
    «Paß uff, die Taxe da hat Vorfahrt!»
    «Ja doch!» brummte Wolfgang.
    Czapalla sah nach links. «Drüben is det Polizeirevier – jetzt ‘n Unfall…»
    «Hauptsache, Mutta wacht nich wieda uff», sagte Wolfgang. «Sonst ruft die vielleicht doch noch an.»
    «Mehr Schlaftabletten könnt ick ihr doch nicht jeben», sagte Czapalla, «denn hätten wa jleich ‘n Arzt holen könn’n.»
    «Die kricht allet fertich – vielleicht hörtse im Schlaf Jroßvata aus’m Jenseits: Eine Beamtentochter tut so was nicht, mein Kind!»
    «Quatsch – als die Jonassen da war, hatse doch auch dichtjehalten.»
    Wolfgang ließ sich eine neue Zigarette anzünden. «Ein Jlück, det deine Kollejen noch anjerufen haben – ick dachte schon, die alte Kuh werden wa nich mehr los.»
    «Dafür müßten wa Rudi ‘n Orden valeihen», sagte Czapalla, «jenau im richtigen Augenblick, ‘n besseren Jrund jab es ja übahaupt nich: ick muß dringend weg zur Protestversammlung, tut ma leid, ‘n andermal…»
    «Hoffentlich haste da nich zu doll üba Klatt und die janze Schnüffelei uffjerecht», sagte Wolfgang.
    Czapalla lachte. «Hab ick denn ‘ne Macke? Nee, nee, nich zu uffällich, keene Haßjefühle, sonst kommt noch eena uff dumme Jedanken.»
    «Und der Dr. Horlach, der hat behauptet, er würde Klatt nur aus’m Tennisverein kennen?»
    «Ja, und der hätt ihn mal int Büro besucht, nur so, rein privat, und da mussa sich unsere Adressen heimlich abjeschrieben harn… Mit die Schnüffelei, det streiteta janz entschieden ab.» Czapalla kratzte sich wie toll, sein ganzer Körper juckte.
    Wolfgang starrte in den Rückspiegel. «Kiek ma… Fällt da nischt uff?»
    «Nee. Wat denn?»
    «Da fährt die janze Zeit eena hinta uns her», sagte Wolfgang.
    «Det is doch die Taxe», sagte Czapalla, der sich umgedreht hatte.
    «Nee, det is wat änderet.»
    «Biech ma rechts ab; wir müssen ja sowieso an’t Wassa runta.»
    «Okay.» Wolfgang bremste und ließ den Wagen in eine Art Gasse rollen.
    «So – halt ma», sagte Czapalla.
    «Fährta weita?»
    «Ja – Richtung Tejel.» Czapalla stieß die Luft aus. «Uff!»
    Wolfgang schaltete das Radio ein. «Ma sehn, wattet jibt…»
    … mit dem letzten Ton des Zeitzeichens war es null Uhr. Hier ist RIAS Berlin, eine freie Stimme der Freien Welt. Sie hören Nachrichten.
    Wolfgang drehte schnell weiter. «Scheiße!» Endlich erwischte er einen Sender, der Musik brachte. «Willste ooch ‘ne Zigarette?»
    Czapalla spuckte seinen Kaugummi aus. «Ja, gib her… Dann fahr man weita – eh wa hier uffall’n.»
    Wolfgang gab vorsichtig Gas. «Wolln wa ‘n da am Stech in’t Wassa werfen?»
    «Müssen wa doch – woanders isset doch zu flach.»
    «Am besten wär ja ‘n Kahn jewesen, vom Boot aus», meinte Wolfgang.
    «Wo soll ick ‘n so schnell eens herkriejen?»
    «Hier lang?»
    Czapalla überlegte einen Augenblick. «Ja, fahr mal ‘n Waren hinta die Würstchenbude da – da kann uns von da Straße so schnell keena sehn.»
    «Okay!» Als sie die angegebene Stelle erreicht hatten, drehte er das Wagenfenster runter. «Da hinten is noch ‘ne Jartenparty imjange – hörste den Lärm?»
    «Die könn’n nich durch die Sträucha durchsehn», sagte Czapalla. «Haste Scheinwerfa und allet aus?»
    «Ja, hab ick.»
    «Dann los!» Sie stiegen aus, öffneten die Klappe ihres Kofferraums und machten sich daran, Klatt herauszuheben.
    Wolfgang sprach jetzt leise, fast zischelnd. «Hoffentlich hält die Wäscheleine ooch.»
    «Die hält.» Auch Czapalla dämpfte seine Stimme. «Det is Nylon.»
    «Mann, is der schwer!» stöhnte Wolfgang.
    «Det sind die Steinplatten, die wa mit drin haben.»
    Wolfgang hielt für eine Sekunde inne. «Wennse’n finden, merkense, woher die Steine sind – von unsre Terrasse übrichjeblieben. Ick gloobe, det war ‘n Fehla.»
    «Erstma findense’n nich», beruhigte Czapalla ihn, «und zweetens jibts Millionen von solche Steine.»
    Sie wuchteten den Leichnam vollends aus dem Kofferraum.
    «Siehste, da is die Plane schon uffjerissen», stellte Wolfgang fest.
    «Quatsch», sagte Czapalla, «da hab ick ‘n Stück rausjerissen – da stand nämlich dein Name druff.»
    Wolfgang packte das Bündel wieder fester.

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