Von Moerdern und anderen Menschen
verzweifelt und erschöpft.
Czapalla strich ihr übers Haar. «Is ja gut, Irma, is ja gut – davon wirda nun ooch nich wieda lebendich.»
«Jetzt liegt er da unten im Keller – du hast ihn auf dem Gewissen. Wenn Vater das wüßte…»
Czapalla machte eine abfällige Handbewegung. «Dein Vater, der hat’s nötig! Zehn Panzer abjeschossen, dreißig Tote sind det – und noch ‘n Orden für jekricht.»
«Das war doch schließlich im Krieg!»
«Wenn diesa Schnüffla hier ufftaucht, is det für mich ooch ‘n Krieg.»
«Du solltest dich was schämen!»
«Ja, tut ma ja ooch leid!» Czapalla riß den Verschluß einer Bierdose auf. «Aba wat soll ick denn nun tun – soll ick ma ‘n Strick nehm und uffhängn?!»
«Du sollst endlich die Polizei anrufen!» beharrte sie.
«Jetzt is doch Wolfgang schon mit dem sein Wagen untawegs – jetzt hängt der doch ooch mit drin!»
Sie schluchzte wieder auf. «Wir hatten so ‘n schönes Leben – und jetzt is alles aus…»
«Aus isset nur, wennse mich awischen!»
«Das werden sie doch auch – über kurz oder lang… Bestimmt!» Sie blieb weinerlich.
«Das werdense nich!»
«Gleich werden sie klingeln – und der Kommissar steht draußen.»
Czapalla hatte die Bierdose zur Hälfte geleert. «Wie soll’n die denn ausjerechnet uff uns kommen? Und wenn wirklich morgen eena hier uff tauchen sollte – heute nacht harn wa die Leiche wegjeschafft.»
«Ihr könnt ihn doch nicht einfach so verscharren!» rief Irma.
«Soll ich vielleicht im Rathaus anrufn und ‘n Staatsbejrabnis beantragen?»
«Walter!» Sie sah ihn anklagend an, ganz weidwundes Reh Marke UFA-Film: «Daß du uns das antun mußtest!»
«Nu hör doch endlich uff zu heuln und laß deine dumm’n Sprüche! Ick weeß, du bist wat Besseret, und dein Vata war Steuainspektor – aba leben, leben tuste doch jetzt von mein’n Jeld. Und wennse ma jetz aus’n Vakehr ziehn, dann könnta zum Sozialamt rennen, und det Haus hier, det könnta vajessen.» Er machte ihre Stimme nach: «Meine schönen Rosen… Sehen Sie doch nur mal, Frau Jonas!»
Sie fuhr hoch. «Wenn ich erst wieder…»
«Mach da doch nischt vor: Seite deine Allagie hast, dein Asthma, da kannste doch in keena Drogerie mehr arbeiten; watta noch kannst: bei andern ‘n Fußboden uff wischen – und det ooch nich mehr lange. Und wat bringt’n det schon?»
«Lieber zum Sozialamt, aber ehrlich. Die Suppe, die man sich eingebrockt hat, die muß man auch auslöffeln.»
«Klar muß ma det – det gilt aba ooch für dich: Hättste mich damals nich heiraten solln!»
«Walter, du rufst jetzt die Polizei an!» Sie ließ nicht ab von ihrer Forderung.
«Ich bin doch nich bekloppt!»
Sie wurde noch eine Idee theatralischer. «Mit einem Mörder unter einem Dach – das kann ich nicht!»
Er schrie sie an: «Ich bin kein Mörder!» Dann ruhiger: «Mord is janz wat anderet – det war ‘ne Schläjerei, det war ‘n Unjlücksfall – aba et wär jetz Selbstmord, wenn ick jetzt zur Polizei jehe!»
Sie weinte wieder. «Wenn ich doch bloß zu meinen Eltern zurückkönnte…!»
«Kannste aba nich. Tot is tot.»
«Ich hab doch sonst keinen…»
«Ebent!» sagte Czapalla.
«Aber ihr könnt doch den armen Menschen nicht so einfach… Seine Frau, seine Kinder!»
«Hatta wohl ja keene. Und wenn – det Hemd is mir näha als die Hose. Kommt det raus, feuanse mich. Und mit meinen Zweeundfuffzich, da krieg ick hier in Berlin nischt mehr – als Vorbestrafta janz bestimmt nich! Ick in Tejel, Wölfchen keene Arbeit und du mit deine Jesundheit – du machst ooch nich mehr lange… Prost Mahlzeit! Da nehm ick mir lieba jleich ‘n Strick!»
«Aber dein Gewissen… So kann man doch nicht weiterleben!»
«Ick schon», sagte Czapalla.
«Und wenn sie’s dann doch rauskriegen? Dann wird alles nur noch schlimmer.»
«Kriegense aba nich raus.»
Sie versuchte es noch einmal: «Walter, bitte – laß mich jetzt telefonieren!» Sie stand auf und bewegte sich in Richtung Telefon.
Czapalla verlegte ihr den Weg. «Nich von dem Apparat hier!»
«Laß mich los!» Sie wollte sich an ihm vorbeiwinden.
Er packte sie. «Hier wird nich telefoniert!»
Sie gerieten in ein heftiges Handgemenge. Da klingelte es. Beide erstarrten.
«Siehste, da sind sie schon!» sagte Irma.
«Quatsch; det wird Wolfgang sein.» Czapalla ging zur Tür und öffnete. Tatsächlich: sein Sohn.
«Na? Allet jeklappt?»
Wolfgang kam herein. «Klar, allet bestens. Ick jleich raus aus’m Parkhaus und da
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