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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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nebenan in’m Kudamm-Karree ‘ne Toilette jesucht und gleich wieda umjezogen. Seine Klamotten hab ich hier inner Tüte, die müssen wa ihm ja wieda anziehn.»
    «Haste ooch imma Handschuhe anbehalten?»
    «Die hier mit die Löcha hier, klar.»
    Irma kam auf die Diele gelaufen und sank ihrem Sohn an die Brust: «Wolfgang…»
    «Sag bloß, die hat wat jemerkt?» Wolfgang sah zu seinem Vater hinüber.
    «Sie is heute eha jekommen – und ick hab jrade det Blut wegjewischt. Und nu willse unbedingt de Pollezei anrufen.»
    Wolfgang nahm seine Mutter bei den Schultern und schüttelte sie. «Mensch, Mutta – det is hier ‘ne reine Existenzfrage für uns! Kommt et raus, dann is allet im Eima; dann kannste uns erst in Moabit und dann in Tejel besuchen. Und denn zeigense alle mitten Finga uff dich; denn kannste in keen Supamarkt mehr jehn… Und wenn Vata und ick dann wieda rauskomm’n, denn harn wa beede so ‘ne Art Stempel uff de Stirn, und da steht denn druff: Vorsicht, vorbestraft! Totschläja! Wenn de det willst, dann ruf doch an – bitte, ruf doch an!» Er hielt ihr das Telefon hin.
    «Nein, um Gottes willen, ich will euch doch nicht… Aber…»
    «Keen Aba!» rief Czapalla dazwischen.
    «Sind wa nu ‘ne Familie, oder sind wa keene?» Wolfgang sah ihr in die Augen, als wollte er sie hypnotisieren. «Und wenn wa eene sind, dann müssen wa eben zusammenhalten! Denkste dir einfach, Vata hätt den Klatt mittem Waren anjefahren, ‘n Vakehrsunfall – achtzehntausend Tote harn wa jedet Jahr. Da kanna nischt für und keena kommt uff die Idee und macht’m sein Leben kaputt und unsert ooch! Alles klar?»
    Sie lehnte sich ans Treppengeländer. «Ja…»
    «Ick komm ooch ma wieda mit inne Kürche», sagte Czapalla.
    «Na bitte, wenn det keen Friedensanjebot is!» rief Wolfgang. «Und du, Mutta, du jehst jetz am besten nach oben in’t Bette und schluckst zwee Schlaftabletten – und wenn de denn morjen früh wieda uffwachst, denn is allet vorbei und denn war det allet bloß ‘n bösa Traum, paß ma uff!»
    Es klingelte stürmisch; sie standen da wie Wachsfiguren.
    Czapalla sah seinen Sohn an und flüsterte: «Vielleicht hamse dich doch…?»
    «Quatsch! Kuck doch ma aus’m Küchenfesta!»
    Czapalla reckte sich auf die Zehenspitzen. «Frau Jonas bloß…»
    «Die alte Kuh hat uns jrade noch jefehlt!» zischte Wolfgang.
    «Rinlassen müssen wa se», beschloß Czapalla, «die hat dich doch bestimmt komm’n sehn.» Es klingelte wieder. «Jadoch!» Czapalla öffnete die Haustür und tat erfreut. «Ah – Frau Jonas!»
    «Ja, da bin ich – mein Mann kommt auch gleich. Noch mal lassen wir uns nicht abwimmeln, jetzt wird Ihre neue Kellerbar eingeweiht!»
    19 Uhr 25 – die TV-Fanfare der ‹Berliner Abendschau› ertönte. Eine Sendung, die vom SFB so herzerfrischend provinziell gemacht war, daß die Berliner sie heiß und innig liebten, auch wenn sie sonst, was den Hörfunk betraf, viel eher ihren RIAS einschalteten.
    Mannhardt kam zur Tür herein, die Schlüssel noch in der Hand. «‘n Abend, Lilo – na, haben sie was gebracht in der ‹Berliner Abendschau›…?»
    «Da bist du ja endlich!» Sie stand auf und küßte ihn.
    Mannhardt stellte den Fernseher ab. «Da bist du ja endlich – das is vielleicht ‘ne Begrüßung! Meinst du, ich hab solange in der Kneipe gesessen und Billard gespielt?»
    «Ich weiß, ich weiß…» Sie wandte sich ab.
    «Ob sie was gebracht haben?»
    «Ja, ‘n Bild vom U-Bahnhof und ‘ne Zeichnung des vermutlichen Täters.»
    «Das wird auch nicht viel bringen», sagte Mannhardt. «Ich bin erst mal nach Hause, heute kommen wir doch nicht mehr weiter.»
    Sie rückte seinen Stuhl zurecht. «Iß erst mal was, ich hab noch alles stehenlassen.»
    Er ging zur Eßecke, setzte sich und goß sich eine Cola ein. «Ich könnt mir vor Wut… Um ein Haar hätten wir ihn gehabt. Der Parkhauswächter Uhlandstraße hat den richtigen Riecher gehabt –aber als der Funkwagen dann da war, war Klatt schon längst über alle Berge… Prost!»
    Lilo setzte sich zu ihm. «Klatt… Klatt… Sag bloß, das ist derselbe, wegen dem es heute bei uns in der Firma den ganzen Stunk gegeben hat?»
    Mannhardt biß in sein Brötchen. «Bei euch – Stunk? Was war denn?»
    «… ‘ne ganze Menge war: bei der ganzen EUROMAG haben sie ‘ne halbe Stunde lang die Arbeit niedergelegt. Großes Tamtam. Der neue Personalchef soll ‘n Detektiv angeheuert haben, der bei den Arbeitern rumgeschnüffelt hat – Schwarzarbeit, politische

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