Von Namibia bis Südafrika
Karre wieder flott macht. Zumindest für die nächsten 250 km, denn so weit war es bis nach Upington.
„Weiter kommt ihr auch nicht“, sagte Ovo, der Mechaniker.
Er wischte sich das Gesicht mit dem selben Lappen ab, mit dem er die Ölreste aus dem Motorraum geputzt hatte. „Schon dafür braucht ihr ‘ne Menge Glück.“
Keiner von uns wollte nach Upington. Wir wollten Richtung Botsuana. Aber Ovo hatte Recht. Er hatte einen ganzen Tag an der Achse gearbeitet, hatte sie getreten, geknetet und gestreichelt, aber am Ende war klar, das Ding musste ausgewechselt werden. Upington war über Sandpisten und Teerstraßen zu erreichen, und ich hatte vor zu beten und auf der Mitte der Straße zu bleiben, um Spielraum zu haben, falls die Achse sich ganz verabschieden sollte. Schneller als vorgesehen sagten wir Petrus und seiner Familie Lebewohl. Sie saßen auf dem Boden ihres Wohnzimmers und spielten ein Spiel mit verschiedenfarbenen Hülsenfrüchten. Ich war mir sicher, insgeheim lachten sie über die Hast der verschwitzten Weißen.
Upington liegt in der Provinz Nordkap am Westufer des berühmten Oranje-Flusses, der im Hochland von Lesotho entspringt, durch die Drakensberge fließt, die Region um Kimberley streift und in westlicher Richtung fließend bei Oranjemund in den Atlantik mündet. Diesem Fluss verdankt Namibia seinen Diamantenreichtum. Über Jahrmillionen hinweg trug der Oranje die Edelsteine aus Kimberley und Botsuana in den Ozean. Von dort wurden sie auf einer Länge von vielen Hundert Kilometern an die namibische Küste gespült. Als dieser angeschwemmte Reichtum entdeckt wurde, brach ein Diamantenfieber aus, welches die Stadt Lüderitz für ein paar heiße Jahre zu Afrikas Sodom und Gomorrha werden ließ.
Daran dachte ich, als wir uns Kilometer für Kilometer Upington näherten, immer auf das hässliche Geräusch brechenden Metalls wartend. Aber Ovo hatte seinen Job gut gemacht, und so fuhren wir in die Stadt, durch die Schroeder Street, benannt nach dem Missionar Christian Schroeder, der 1871 die Missionsstation Olyvenhoutsdrift gegründet hatte. Danach sorgte er für das ausgeklügelte Bewässerungssystem, dem Upington noch heute seinen Wohlstand verdankt. Trotz der Lage mitten in der Wüste werden hier Baumwolle, Wein und Obst angebaut. 55 000 Einwohner leben davon, denen wiederum ein unfreundlicher VW-Vertragshändler seine Autos andreht. Er schickte uns gleich zum Teufel, nachdem klar wurde, dass wir keinen VW kaufen, sondern einen reparieren wollten. Mit Wut im Bauch entdeckte ich ein paar Straßen weiter ein Schild mit der Aufschrift „Fit In“. Dahinter vermutet man keine Autoheilanstalt, doch mein Instinkt sagte: Lass uns mal anhalten. Das war eine gute Idee. So kamen wir zu Hank, dem besten Mechaniker diesseits und jenseits des Oranje-Flusses. Obwohl sein Laden gerammelt voll war, kümmerte sich der Boss persönlich um unsere Belange. Eine Achse, die schlapp macht, sagte er, sei für ihn eine persönliche Beleidigung.
„Ihr wisst hoffentlich, dass man euch einen Unfallwagen angedreht hat?“, fragte er.
Er zeigte auf den Lack, der sich in großen Blättern unterhalb des Motorraums zu lösen begann. Darunter sah man eine notdürftig geflickte Delle. Ich sah Rolf an, er sah mich an, und uns wurde klar, dass jeden Tag ein paar Leute aufstehen, die noch ausgeschlafener sind als wir.
„Die Kuffnucken“, sagte ich, „sind wir selbst.“ Ich hörte keinen Widerspruch.
Es war ein gutes Gefühl, über eine geteerte Straße in Richtung Nordosten zu brausen, ohne das Brechen der Achse befürchten zu müssen. Wir wollten bis nach Kuruman fahren und von dort weiter in Richtung Norden bis kurz vor die botsuanische Grenze. Prof. Detlef Haberer, den wir vor ein paar Wochen in Namibia getroffen hatten, hatte ein Projekt initiiert, das ich genauer unter die Lupe nehmen wollte. Als Folge der Apartheid ist die Landverteilung noch immer ein Thema mit politischem Sprengstoff. Während in Simbabwe unter Diktator Robert Mugabe die Weißen enteignet wurden, worauf das Land auf den Entwicklungsstand des 19. Jahrhunderts zurückfiel, sucht man in Namibia und Südafrika andere Wege. Natürlich brauchen auch diese Staaten eine Landreform. Diskutiert wird darüber, ob weiße Farmer Teile ihrer riesigen Ländereien an schwarze Farmer abtreten und sie in Sachen Management und Selbstverwaltung schulen sollen. Dieser Vorschlag stößt bei den Betroffenen nicht auf Beifall. Trotzdem sollte auf Prof. Haberers Anregung hin
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