Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Schnoy
Vom Netzwerk:
Busfahrer. Und deiner?» – «Mein Papa ist Papst.»
    Als Sergius starb, war der Einfluss von Theodora so stark, dass sie einen ihrer Geliebten, Johannes, zum Papst machen konnte. Ein Bischof und ein Erzbischof, die in der Nachfolgereihe zu Konkurrenten hätten werden können, starben kurz vor der Papstwahl zufällig.
    Zu diesem Zeitpunkt lief für Theodora alles bestens. Ihr Geliebter saß auf dem Heiligen Stuhl, doch dann machte ihre Tochter Marozia etwas, das den Zorn ihrer Mutter herausforderte. Sie verführte den neuen Papst, der ja immer noch Geliebter ihrer Mutter war. Für die Tochter war es der zweite Papst in ihrem Bett. Als der sie bei ihrer Mama verpfiff, wurde es brenzlig für Marozia: Sie konnte sich nur durch eine Heirat mit einem lokalen Despoten in Sicherheit bringen.
    An dem Tag, an dem schließlich auch Theodora starb, ging ihre Rolle als Spindoktor, der im Hintergrund die Fäden zieht, vollends auf ihre Tochter über. Wenn nicht schon jetzt, dann gerieten zumindest die weiteren Kapitel der Story auf das Niveau einer Scripted Reality Soap im Nachmittagsprogramm von Vox oder RTL   II .
    Marozia wollte sich an Papst Johannes für den Verrat ihrer Liebschaft rächen und hetzte ihren aggressiven Mann mit seinen Kumpels – weitere Namen wollen wir uns jetzt nicht merken – auf den Vatikan. Johannes wehrte sich erfolgreich, und Marozias Gatte wurde ihr eines Tages zerstückelt zugestellt. Diese Runde ging also an den Papst – so schnell aber geben Frauen nicht auf. Flugs wurde ein neuer Lokalherrscher geheiratet und so lange gegen Johannes intrigiert, bis es ihr gelang, ihn einsperren zu lassen. Als ihm der Henker ein Kissen in den Kerker brachte – eigentlich auch ein entwürdigender Vorgang für einen gelernten Henker mit abgeschlossener Ausbildung –, wusste Johannes sofort, was das bedeutete: Es sollte ihm keinesfalls den Kerkeraufenthalt angenehmer gestalten. Vielmehr war «Tod durch Ersticken» zur damaligen Zeit eine beliebte Tötungsmethode.
    Für die, denen das jetzt zu brachial ist, blenden wir schnell à la Rosamunde Pilcher ein paar schöne Landschaften ein, römische Prachtbauten, die sanften Hügel der Stadt, über allem der ewig blaue Himmel Roms, der auch über den dunkelsten Stunden strahlte. So, durchgeatmet.
    Jetzt wieder festhalten: Die Papstmörderin Marozia wollte ihren eigenen Sohn Giovanni auf dem Heiligen Stuhl installieren, doch der war noch zu jung, ein Teenager mit dem phlegmatischen Gestus, der jeder Teenagergeneration seit dem Urknall innewohnt. Deshalb musste eine Übergangsmarionette herhalten. Die erste schaffte nur sieben Monate. Sie hieß Leo  VI ., aber angesichts von rund zweitausend Jahren Kirchengeschichte können wir uns mit Statisten nicht länger aufhalten. Nach einer Meinungsverschiedenheit mit Marozia starb er überraschend an einem Kissen. Die zweite Papstmarionette, Stephan  VII ., segnete auch unverhofft das Zeitliche, er hatte sich beim Schlafen so unglücklich verdreht, dass er unter seinem Kissen erstickte. Und das just in dem Monat, in dem der Teenager Giovanni einundzwanzig wurde, das Mindestalter für den Führerschein für Päpste zur damaligen Zeit. Zufälle gibt’s! Dann geschah das, was sich kein Drehbuchschreiber, auch nicht unter Drogeneinfluss, würde ausdenken können: Eine Hure und Mörderin machte ihr uneheliches Kind, dessen Vater Papst war, zum Papst.
    Deutschlands erste Spendengala
    Nicht dass jemand denkt, ich sei besonders kirchenkritisch, ich nähere mich diesem Thema genauso neutral wie der italienischen
Camorra
und merke erst dann, huch, was da alles so gelaufen ist. Dennoch, vielleicht ist die Vormachtstellung der Kirche im Mittelalter Grund für den lausigen Zustand dieser Epoche. Ihr Wort war Gesetz, und sie trieb es ziemlich doll. Dass Christen zahlreiche antike Bibliotheken niederbrannten und damit jahrhundertealtes Wissen für immer vernichteten, dass im Vatikan in moralischen Angelegenheiten mit zweierlei Maß gemessen wurde wie zur Zeit der eben beschriebenen Pornokratie – geschenkt, das enttäuschte das normale Volk vielleicht. Eines aber brachte die Gläubigen richtig in Rage: Rom, also die Stadt, in der einst Cäsar die Religionsfreiheit eingeführt hatte, forderte immer mehr Geld. Genauer genommen war es der Vatikan, der im Mittelalter geradezu obszönen Reichtum anhäufte und sein gieriges Maul immer weiter aufriss. Ein besonders opulenter Plan war der zur Errichtung des Petersdoms. Größer und prachtvoller

Weitere Kostenlose Bücher