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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Schnoy
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eines empfunden werden: als Provokation. Während in Deutschland die Reformation immer mehr Landesfürsten auf ihre Seite zog, unterdrückte Louis  XIV diese schmucklose Protestantenbewegung mit aller Macht, diese für ihn nervigen Alternativchristen nannte man in Frankreich Hugenotten. «Une foi, une loi, un roi» lautet die Devise des Chefs: ein Glaube, ein Gesetz, ein König. Ein zweiter Glaube war verboten. Basta. Als Louis  XIV alle zwangskatholisieren wollte, sämtliche protestantischen Kirchen niederbrennen ließ und die Auswanderung verbot, hauten die Hugenotten ab. Es waren viele, jeder zehnte Franzose wollte und konnte nicht mehr in seinem Land leben. Unter anderem meine Familie. Brandenburg war damals das Ziel, und auch heute noch findet man zahlreiche Schnoys in den dortigen Telefonbüchern. Warum gerade Brandenburg? Das Land hatte schon damals ein Problem, das sehr gegenwärtig erscheint: zu wenig Bevölkerung. Deshalb kam der Kurfürst in Potsdam auf die glorreiche Idee, die Hugenotten einzuladen, auf dass sie Wachstum und Kultur ins Land bringen. Doch wie alle Migranten waren sie zunächst sehr arm. Zudem hatte der Kurfürst nicht mit der berühmten Toleranz der Brandenburger gerechnet. Bald brannten die Unterkünfte, der Mob sah zu, die Feuerwehr wurde behindert: «Lasst die Franzosen doch brennen», wurde ihnen zugerufen.
    Thierse gegen Croissants
    Vielleicht zog es die meisten Hugenotten deshalb eher nach Berlin, wo sie bald ein Drittel der Bevölkerung stellten. Unter ihnen befanden sich so famose Leute wie die Fontanes, deren Sohn Theodor bald bereitwillig als guter Deutscher angesehen wurde.
    Hätte Wolfgang Thierse damals schon in Berlin gewohnt, er hätte sich wahrscheinlich beschwert, diese unanpassungswilligen Neuberliner beim Bäcker anzutreffen, die keine Schrippen, sondern Croissants verlangten. Und über die Bäcker geschimpft, die diese auch noch anboten.
    Die Hugenotten waren keine echten Berliner, und doch prägten sie die Stadt, denn im Gepäck hatten sie neben Bräuchen und kulinarischen Vorlieben auch viele Worte, die nach und nach eingedeutscht wurden, wie forsch (avec force), plärren (pleurer heißt weinen) oder auch etepetete (être peut-être). Den schrecklichen deutschen Ersatzkaffee, den man aufgrund von hohen Zöllen auf echte Kaffeebohnen in der Not aus Getreide und Zichorien machte, fanden die Neuberliner abscheulich und nannten ihn falschen Kaffee (mocca faux). Scheußlich fanden ihn auch die Altberliner und machten daraus Muckefuck.
    Die schlaueren Hugenotten gingen nicht nach Brandenburg oder Berlin, sondern nach Holland, das ebenfalls die Tore für die Fliehenden öffnete und es verstand, sie schnell zu integrieren. Wer Fremde zu Freunden macht, ist bald in bester Gesellschaft.
    Der Sonnenkönig war stinksauer darüber. In den Staub hatte er diese Leute gestoßen. Und nun kurbelten sie die Wirtschaft des Nachbarn an? Eine Unverschämtheit! Gleichzeitig schwächte der Verlust von zehn Prozent der Bevölkerung Frankreich. Aber so ist das nun mal: Wer ausgrenzt, ist bald allein. Es mag die gnadenlose Verfolgung der Protestanten aus dieser Zeit gewesen sein, die bis heute bewirkt, dass immer noch über die Hälfte der Franzosen katholisch ist und nur drei Prozent protestantisch. In Deutschland liegt das Verhältnis bei fast dreißig Prozent Katholiken und fast dreißig Prozent Protestanten.
     
    Zunächst verstand sich Louis  XIV vortrefflich darauf, Frankreich zur stärksten Wirtschaft Europas zu machen. Zwei zentrale Begriffe muss man sich dabei für diese Zeit merken: Absolutismus und Merkantilismus.
    Louis’ Macht war in der Tat absolut. Zwar hatten auch andere Könige zuvor keine Parlamente zugelassen, und auch nervige Oppositionen traten erst später auf. Aber Louis entmachtete darüber hinaus auch den restlichen Adel: Die Landesfürsten hatten unter ihm nichts zu melden, und so herrschte er das entscheidende Stück absoluter, das es für den Absolutismus braucht.
    Auch heute gibt es noch absolutistische Herrscher wie den König von Saudi-Arabien, mit dem unser demokratisches Land ein Panzergeschäft nach dem anderen abschließt. Viele Menschen verurteilen Rüstungsexporte ganz. Es würde schon einen Riesenunterschied machen, wenn wir uns darauf verpflichteten, nur noch in die Länder Rüstungsgüter zu liefern, die eine demokratisch legitimierte Regierung haben. Doch das nur nebenbei. Zurück zu Louis.
    Das zweite wichtige Schlagwort ist der Merkantilismus: eine

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