Von nun an fuer immer
erinnern?“
Nein, das konnte sie leider nicht. Und sie war so müde. Warum ließ man sie nicht einfach in Ruhe? Wozu immer wieder die gleichen Fragen?
„Sie hatten einen Autounfall, und nun sind Sie im North London Regional Hospital.“
„Nein!“, widersprach sie matt. Das konnte nicht sein. Bruchstückhaft kamen die Erinnerungen nun zurück. Sie war nach London gefahren, weil sie Vorstellungsgespräche gehabt hatte. Aber im North London Regional Hospital hatte sie sich definitiv nicht beworben, denn das war die Klinik, in der James arbeitete.
Das wusste sie, weil sie vorher im Internet nachgesehen hatte, wo er angestellt war.
„Nein“, wiederholte sie erschöpft und schlief wieder ein.
Während der nächsten Tage hatte sie mehr oder weniger vor sich hin vegetiert. Nur zeitweise hatte sie ihr volles Bewusstsein erlangt; meistens wollte und konnte sie einfach nur schlafen.
Ihre Mutter hatte für sie eingekauft: einige unglaublich scheußliche Nylon-Schlafanzüge, einen ebenso geschmacklosen grellgrünen Bademantel und ein Paar grauenhafte Herrenhausschuhe.
Ein oder zwei Tage später hörte sie im Halbschlaf, wie ihre Eltern sich darüber unterhielten, wie teuer es wäre, in London zu sein, und dass sie vermutlich noch eine Weile in der Klinik bleiben müsste.
Erst einige Augenblicke später war Lorna klar geworden, dass mit „sie“ sie selbst gemeint war.
„Als wir über deinen Unfall informiert wurden, haben wir alles stehen und liegen gelassen und sind sofort nach London geflogen“, erklärte ihre Mutter ihr am nächsten Morgen, während sie Lorna etwas Tee einflößte.
„Die Nachbarn kümmern sich jetzt schon mehrere Tage um die Tiere, und ich habe keine sauberen Sachen mehr hier. Wir möchten nicht, dass du denkst, wir würden dich im Stich lassen, aber es geht nicht anders. Wir müssen zurück nach Hause. Wenn du möchtest, kann ich zu Graces Wohnung fahren und dir ein paar Sachen holen. Kleidung und Waschzeug.“
„Danke.“
„Wir sind ja jetzt schon eine ganze Woche hier.“
„Eine Woche?“, hörte Lorna sich selbst verwundert nachfragen, verstummte dann jedoch, denn sie wollte ihre Eltern nicht noch weiter beunruhigen. Eine ganze Woche? Es kam ihr so vor, als seien es nur zwei, drei Tage gewesen.
„Du verstehst das doch, oder?“ Vorsichtig drückte Betty sie an sich, ängstlich darauf bedacht, nicht an Lornas gebrochene Rippen zu kommen. „Der Doktor sagte, dass du noch eine Weile hierbleiben musst, aber wir hatten schon am letzten Wochenende Probleme, einen Ersatz-Pastor für deinen Vater zu finden. Und nun …“
„Mum, es ist vollkommen in Ordnung! Ihr habt schon so viel für mich getan.“ Ermattet von der Unterhaltung, ließ Lorna sich in ihre Kissen zurücksinken. „Es tut mir furchtbar leid, dass ich euch so viele Umstände gemacht habe.“
„Solche Ereignisse sind Prüfungen, an denen wir wachsen sollen“, erklärte ihr Vater pathetisch. „Wir rufen an, sobald wir zu Hause sind.“
Nachdem ihre Eltern den Raum verlassen hatten, spürte Lorna, wie die Anspannung von ihr wich. Obwohl sie nur zeitweise bei klarem Bewusstsein gewesen war, hatte sie in der letzten Woche mehr Zeit mit ihren Eltern verbracht als sonst in mehreren Monaten. Nur sie drei in diesem stickigen, engen Raum – und dazu noch das Wissen, dass irgendwo in diesem Gebäude auch James Morrell war!
„Hallo, meine Liebe!“ Eine freundliche, vage vertraute Krankenschwester, die mit einem heftigen irischen Akzent sprach, kam herein.
„Ich bin Lorna McClelland, und wir sind im North London Regional Hospital“, erklärte Lorna ungefragt, während May ihr die Blutdruckmanschette anlegte.
„Da haben Sie vollkommen recht“, antwortete May lächelnd. „Aber das wollte ich gar nicht wissen. Ich bin May Donnelly, und ich hatte gerade Dienst in der Notaufnahme, als Sie eingeliefert wurden. Ich wollte nur nachsehen, wie es Ihnen geht.“
„Oh, Verzeihung!“, stammelte Lorna verlegen. „Ich wollte nur einen Scherz machen. Wissen Sie, während der ersten Tage konnte ich mich an nichts erinnern. Nicht mal an meinen eigenen Namen.“
„Das überrascht mich nicht.“ May hatte sich vorsichtig auf der Bettkante niedergelassen. „Sie haben uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“
„Nicht nur Ihnen“, seufzte Lorna. „Für meine Eltern war es auch ein großer Schock. Sie sind gerade wieder abgereist.“
„Ist das gut oder schlecht?“, fragte May und sah Lorna so verständnisvoll und
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