Von nun an fuer immer
James’ pingelige Mutter sein, dann würde sie ganz plötzlich wieder furchtbare Knieschmerzen haben und heimgehen.
„Sie heißt Lorna.“ Die Unbeholfenheit, mit der er es sagte, ließ Pauline vom Bügelbrett aufblicken. „Meine Exfrau.“
Pauline war darauf vorbereitet gewesen, dass irgendetwas Außergewöhnliches passieren würde. Ihre beste Freundin, May, hatte während der letzten Woche immer wieder kryptische Andeutungen gemacht. Doch selbst in ihren wildesten Träumen hatte Pauline es nicht für möglich gehalten, dass es irgendwann einmal eine Mrs Morrell gegeben haben könnte.
„Ihre Exfrau?“ Pauline stellte das Bügeleisen ab und steckte zwei Scheiben Brot in den Toaster. Dann holte sie Käse und Schinken aus dem Kühlschrank. „Ich wusste ja gar nicht, dass Sie schon mal verheiratet waren.“
„Es ist schon eine Ewigkeit her“, erklärte James beiläufig und tat so, als lese er interessiert seine Post. „Sie hatte einen Autounfall, und es geht ihr noch nicht gut genug, um allein nach Hause zu fahren.“
„Wo ist denn ihr Zuhause?“
„Schottland“, antwortete James. „Sie lebt in der Nähe von Edinburgh. Und sie wird nur für ein paar Tage hier sein. Ich möchte, dass sie in meinem Schlafzimmer schläft.“
„In Ihrem Zimmer?“
James sah von einem Brief auf. „Sie ist krank. Und mein Zimmer ist das einzige mit einem eigenen Bad. Würden Sie bitte ein bisschen aufräumen und das Bett neu beziehen? Für mich können Sie die Gästecouch im Arbeitszimmer herrichten. Wissen Sie, Lorna ist ein bisschen …“
„Ein bisschen was?“
„Ein wenig eigen. Vor allem, wenn es um Ordnung und Sauberkeit geht.“ Verlegen wich er Paulines vernichtendem Blick aus. „Oh, ich glaube, Ihr Handy klingelt.“
Er hatte recht. Es war ein Text von May. Morgen nur halbtags in der Klinik. Kaffee am Vormittag?
Geht nicht , schrieb Pauline zurück. Muss arbeiten. Es kommt ein Gast.
Brauchst du Hilfe?
Pauline dachte an das Bad, das sie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gründlich geputzt hatte, und an die Bettwäsche, die gewaschen und ausgewechselt werden musste. Und natürlich an die Exfrau, die mit allem etwas „eigen“ war. Gerade als James in seinen Toast biss, drückte Pauline auf Senden.
Ja bitte.
May und Pauline waren seit vielen Jahren befreundet. Obwohl sie in Irland gar nicht weit voneinander entfernt aufgewachsen waren, hatten sie sich erst in London kennengelernt. Pauline war damals Krankenpflegehelferin auf der gleichen Station gewesen, auf der auch May als Krankenschwester arbeitete. Sie waren sich auf Anhieb sympathisch gewesen und hatten sich schon bald angefreundet. Die Tatsache, dass auch ihre Männer sich ausgezeichnet verstanden, verstärkte ihre Freundschaft noch.
Erst während des Vorstellungsgesprächs war Pauline der Verdacht gekommen, dass ihr neuer Arbeitgeber und der entzückende Dr. Morrell, von dem May so oft sprach, ein und dieselbe Person waren. Ihr sechster Sinn sagte ihr, dass sie es besser nicht erwähnte, mit Oberschwester May befreundet zu sein. Bestimmt würde James nicht wollen, dass seine Haushälterin und seine Oberschwester sich über ihn unterhielten.
Und sie wollte den Job.
Eine Exfrau war etwas vollkommen anderes als eine neue Freundin. Mit so viel Sorgfalt, als käme James’ Mutter zu Besuch, wechselte Pauline die Bettwäsche, räumte Schränke und Schubladen auf und enteiste den Kühlschrank. Gerade als sie vor dem Gefrierfach kniete und versuchte, einen festgefrorenen Rest des letzten Weihnachtspuddings abzukratzen, kam May zur Hintertür herein.
„Was ist, wenn James plötzlich nach Hause kommt?“, fragte Pauline besorgt.
May schüttelte den Kopf. „In der Klinik ist die Hölle los. Es wird noch Stunden dauern, bis er wegkann. Also, wo fangen wir an?“
„Nächstes Jahr um diese Zeit sind wir auf den sieben Meeren unterwegs“, erinnerte May ihre Freundin, als sie kurz darauf gemeinsam das Badezimmer putzten. „Ist das nicht eine herrliche Aussicht?“
6. KAPITEL
Oft wird Patienten erst, wenn sie sich wieder dem Alltag stellen müssen, klar, wie schlecht es ihnen noch geht.
Für Lorna kam diese Erkenntnis in dem Augenblick, als sie versuchte, in James’ tiefergelegten Sportwagen einzusteigen. Auch das Anlegen des Anschnallgurtes war schlicht und einfach unmöglich.
„Ich mache das.“
Vorsichtig beugte James sich über sie. Seit seiner Umarmung kurz nach ihrem Unfall war es das erste Mal, dass er ihr so nahe kam. Sein Haar
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