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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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England zurück, und dieses Mal schmunzelte niemand mehr, am allerwenigsten Stephen. Henrys Großonkel, König David von Schottland, schlug den jungen Mann zum Ritter, und Henry begab sich daran, Stephen seine Territorien streitig zu machen. Stephen und sein Sohn Eustace gerieten zunehmend unter Druck und gingen zu einer Strategie der »verbrannten Erde« über, indem sie jedes Matilda-freundliche Dorf in den Midlands, das sie einnahmen, verwüsteten. Der sinnlose Bürgerkrieg, der sich eigentlich schon totgelaufen hatte, wurde für die Bevölkerung in den betroffenen Landstrichen noch einmal richtig fürchterlich.
    Henry – die Naturgewalt – war unterdessen vom landlosen Abenteurer zum mächtigsten Mann in Frankreich avanciert. Der plötzliche Tod seines Vaters 1151 hatte ihn zum Grafen von Anjou und Herzog der Normandie gemacht, seine skandalöse Ehe mit Eleanor von Aquitanien brachte ihm ein Jahr später den Südwesten Frankreichs ein. Mit dieser Macht im Rücken ging er nochmals nach England, um die Sache ein für alle Mal zu entscheiden. Zweimal standen seine und StephensArmeen sich 1153 kampfbereit gegenüber – erst bei Malmesbury, dann im August in Wallingford –, beide Male wurde die große Entscheidungsschlacht im letzten Moment durch Verhandlungen abgewendet.
    Henry »FitzEmpress« mit seinem späteren Widersacher Thomas Becket
    Stephen hatte versucht, noch zu seinen Lebzeiten seinen ältesten Sohn Eustace zum Nachfolger krönen zu lassen, was nach französischem Recht möglich war. Das wäre ein enormer Stolperstein für Henry gewesen, denn eine Krönung war eine heilige Angelegenheit und schuf Fakten, an denen man nicht so ohneWeiteres vorbeikam. Doch der Papst hielt nichts von Eustaces vorgezogener Krönung. Er war äußerst verstimmt über König Stephen und dessen Bruder, Bischof Henry von Winchester, die die einträglichen englischen Diözesen seit Jahren an ihre Neffen und Cousins und so weiter verteilt hatten, ohne die Wünsche des Heiligen Stuhls zu berücksichtigen. Stephens Sohn könne nicht gekrönt werden, fiel dem Papst darum plötzlich ein, denn Stephen selbst habe sich die Krone ja durch einen Eidbruch ergaunert und könne sie deswegen nicht vererben.
    Als der junge Eustace dann im August 1153 unerwartet starb, waren sich die englischen Lords – auch auf Stephens Seite – einig: Das war ein Fingerzeig Gottes. Allen war klar, dass nur Henry den Frieden wiederherstellen konnte. Stephen mochte ja vielleicht der rechtmäßige König sein, aber Henry war der rechtmäßige Erbe , lautete die Mehrheitsmeinung.
    Am 6. November 1153 ratifizierten die beiden Bürgerkriegsparteien in Winchester also einen Friedensvertrag, der vorsah, dass Stephen bis an sein Lebensende König bleiben, Henry aber als Sohn und Erben adoptieren sollte.
    Und Henry musste nicht einmal mehr lange warten. Der eigentlich friedliebende König Stephen war ausgebrannt nach dem langen, bitteren Krieg, gebrochen über den Tod seines Sohnes und seiner Gemahlin nur wenige Monate vorher, und er war krank. Er starb am 25. Oktober 1154 und machte den Weg frei für die schillerndste Königsdynastie des englischen Mittelalters.

Kapitel 4
1154 – 1399: Die Plantagenet
    Mit dem Tag seiner Krönung, dem 19. Dezember 1154, wurde der einundzwanzigjährige Henry »FitzEmpress« Plantagenet nicht nur König von England, sondern der mächtigste Mann der bekannten Welt.
    Das lag zum einen daran, dass er, wie gesagt, schon vor der Krönung die Normandie und Anjou von seinem Vater geerbt hatte, nicht zuletzt lag es aber auch an der Dame, die an diesem Tag in Westminster Abbey an seiner Seite zur Königin gekrönt wurde: die berühmte und ebenso berüchtigte Eleanor von Aquitanien.
    Eleanor möchte ich Ihnen ein wenig eingehender vorstellen, denn sie spielte in den folgenden fünfzig Jahren eine wichtige Rolle und war außerdem eine der unterhaltsamsten und wunderbarsten Skandalnudeln, die je auf Englands Thron gesessen haben.
    Das französische Herzogtum Aquitanien erstreckte sich im 12. Jahrhundert von den Pyrenäen bis zur Loire und war nicht nur aufgrund seiner enormen Größe und seines Reichtums so etwas wie ein Königreich im Königreich, sondern auch wegen seiner Andersartigkeit. Die Menschen dort sprachen nicht Französisch, sondern Okzitanisch. Sie hielten engeren Kontakt mit den Muslimen in Spanien als ihre nördlichen Nachbarn. Sie hatten eine ganz eigene Lebensweise und Kultur, die mit der Dichtung der Troubadoure Weltruhm

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