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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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dem Zeitpunkt insgeheim noch selber Hoffnungen auf die Krone. Schließlich war er König Henrys Sohn. Sein Ältester obendrein. Sicher, nur ein Bastard, aber das war der Eroberer ja auch gewesen …
    Es wird sich wohl kaum noch klären lassen, ob Robert of Gloucester hoffte, aus einem Konflikt zwischen Stephen und der Kaiserin als lachender Dritter hervorzugehen. Falls es so war, gab er diese Ambitionen jedenfalls bald auf. Kurz nach Ostern zerstritt er sich mit König Stephen. Und wenige Wochen später fiel der junge Joffrey von Anjou in der Normandie ein. Stephen geriet ziemlich ins Schleudern, denn plötzlich bröckelte die Unterstützung seiner Vasallen auf beiden Seiten des Kanals. Kaiserin Matilda war nicht umsonst eine erfahrene Diplomatin. Sie hatte im Verborgenen gewirkt und um Unterstützung für ihre Sache geworben. Stephen sah sich gezwungen, mit Joffrey einen faulen Waffenstillstand zu schließen. Das fanden die englischen Lords überhaupt nicht gut.
    Im Frühjahr 1138 kündigt Robert of Gloucester König Stephen in einem höflichen Schreiben endgültig und offiziell die Gefolgschaft, kehrt 1139 nach England zurück und verschanzt sich in Bristol, wo Stephen ihn belagerte. Das war der Beginn eines Bürgerkrieges, der England rund eineinhalb Jahrzehnte in Atem halten sollte und nicht zu Unrecht »the Anarchy« genannt wird.
    Stephen der I. und bislang Einzige – ein König, der besser war als sein Ruf
    Als Stephen feststellen musste, dass er Bristol nicht einnehmen konnte, zog er ab und suchte sich weichere Ziele im Südwesten, wo er einige Erfolge einstrich. Schließlich fielen ihm Stadt und Burg von Shrewsbury in die Hände, und weil seine Lords nörgelten, der König sei viel zu nachsichtig mit seinen Feinden, ließ er die gesamte Garnison aufhängen.
    Unterdessen war Kaiserin Matildas Onkel, König David von Schottland, mit einer Armee in Nordengland eingefallen. Thurstan, der Erzbischof von York, brachte ihm in einer legendären Schlacht zwar eine ziemliche Schlappe bei, aber trotzdem schaffte es David, in den anschließenden Friedensverhandlungen Newcastle und die Grafschaft Northumbria für sich herauszuschlagen. Das darf ja wohl nicht wahr sein, nörgelten die englischen Lords – jetzt schon wesentlich lauter. König Stephen, sagten sie, verhandle mehr zum Vorteil seiner Gegner als zu seinem eigenen.
    Während Stephen das Wasser also allmählich bis zur noch nicht erfundenen Halskrause stieg, wurde die schlaue Kaiserin Matilda Ostern 1139 vor dem 2. Laterankonzil vorstellig. Sie verlangte die Unterstützung des Papstes, da Stephen ein Usurpator und obendrein ein Eidbrecher sei. Die Vertreter der Gegenseite behaupteten hingegen, Matilda könne gar nicht dieErbin ihres Vaters sein, denn ihre Mutter sei eine Nonne gewesen, die Ehe also ungültig und Matilda ein Bastard.
    Die Kaiserin war not amused , wie Sie sich denken können. Diese Behauptungen waren nicht nur hochgradig beleidigend, sondern auch völliger Blödsinn – Henrys schottische Prinzessin war zwar im Kloster erzogen worden, aber nichts weist darauf hin, dass sie je die Gelübde abgelegt hatte, und der berühmte Anselm, Erzbischof von Canterbury, hatte das Paar höchstselbst getraut. Aber fast vierzig Jahre später und rund 1500 Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt ließ sich das alles nicht so richtig beweisen oder widerlegen, und der Papst – auch kein Anfänger in der hohen Kunst der Diplomatie – vertagte die ganze Angelegenheit.
    Das kam einem Sieg für Stephen gleich, der sich dank der Fürsprache seines mächtigen Bruders der Unterstützung der Kirche meist sicher sein konnte.
    Kaiserin Matilda verabschiedete sich angewidert von der Diplomatie und landete im Herbst 1139 mit ihrem Bruder Robert of Gloucester in England. Weil die Lage ziemlich unübersichtlich war, schlüpfte sie erst einmal bei ihrer Stiefmutter in Arundel unter, denn König Henrys Witwe war mächtig genug, um ihr Schutz zu gewähren. Der kluge und militärisch hochbegabte Robert of Gloucester ergriff derweil die Initiative, und durch eine Kombination aus geschickter Heiratspolitik und erfolgreichen Belagerungen brachte er den gesamten Südwesten Englands und Teile von Wales unter seine Kontrolle.
    Anders als Stephen war er nicht zimperlich. Im November nahm er Worcester ein, welches vom Grafen von Meulan befehligt wurde. Und da dieser Graf im Jahr zuvor Gloucesters Ländereien in der Normandie überfallen hatte, gab Robert of Gloucester nun seinerseits

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