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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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unauffindbar.
    Am Aschermittwoch 1171, dem 21. Februar, wurde Becket nach einem beispiellos schnellen Verfahren heilig gesprochen.
    Henry brauchte also gar nicht erst zu hoffen, die Ermordung eines Erzbischofs könne je in Vergessenheit geraten. Er kehrte aus Irland zurück – siegreich, aber kleinlaut – und stimmte notgedrungen dem »Kompromiss« zu, den Papst Alexander ihm 1172 in Avranches diktierte: Der König räumte seine indirekte Mitschuld an der Ermordung des Bischofs ein, gewährte der Kirche in England die Rechte, die Becket immer gefordert hatte, und versprach, nach Jerusalem oder Spanien auf einen Kreuzzug zu gehen (was er nie tat). Um zu beweisen, wie ernst ihm sein Sinneswandel war, musste er sich einer öffentlichen Demütigung unterziehen: barfuß und im Büßerhemd erschien er in der Kathedrale zu Canterbury, wo er seine Sünden bekannte und von den versammelten Bischöfen und Mönchen gegeißelt wurde.
    Wer glaubt, dass König Henry danach von seiner Streitlust kuriert war und fortan ein gehorsamer Diener der heiligen Mutter Kirche wurde, kennt ihn schlecht. Er wird an das Spektakel in Canterbury nicht gerade als den schönsten Tag in seinem Leben zurückgedacht haben, aber in gewisser Weise perlte die ganze Affäre von ihm ab. Er wurde im Umgang mit der Kirche lediglich vorsichtiger und schlauer und besänftigte ihre Vertreter mit großzügigeren Spenden als zuvor. Aber er blieb der, der er immer gewesen war, und der »Kompromiss von Avranches« verstaubte in den kirchlichen Archiven. Nachdem König Stephens Bruder Henry, der Bischof von Winchester, gestorben war und 1173 ein Nachfolger gewählt werden sollte, schriebKönig Henry den Mönchen zu Winchester: »Ich befehle euch, eine freie Wahl abzuhalten, doch ich verbiete euch, irgendjemand anderen zu wählen als Richard of Ilchester.«
    Sollten Sie Zweifel haben: Der nächste Bischof von Winchester hieß Richard of Ilchester.
    So endete eine der größten Krisen des englischen Mittelalters, aber Henry blieb kaum eine Atempause, ehe neuer Ärger heraufzog – dieses Mal hausgemacht.
    Wie bereits erwähnt, war es nicht unproblematisch für einen König, viele Söhne zu haben. Das galt für Henry im besonderen Maße, und zwar aus drei Gründen. Erstens: Die Mehrzahl seiner Söhne war ebenso intelligent, stur und machthungrig wie er. Zweitens: Weil Henry eben war, wie er war, sah er nie die Notwendigkeit ein, seinen Söhnen etwas von seiner Macht abzugeben. Drittens – und das war vermutlich das Schlimmste: König Henry, der manchmal wirklich ein Vollidiot sein konnte, hatte es geschafft, sich die Feindschaft seiner Frau zuzuziehen. Ob es an seiner leidenschaftlichen und öffentlichen Affäre mit der jüngeren und schöneren Rosamund Clifford lag, ist ungewiss. Aus dem 13. Jahrhundert gibt es Chronistenberichte über Eleanors angebliche rasende Eifersucht, aber das erscheint wenig glaubwürdig, denn treue Ehemänner waren zu jener Zeit eher eine belächelte Anomalie, und Eleanor war eine zu kluge und unabhängige Frau, um von ihrem Mann mehr zu verlangen, als die Konvention vorschrieb. Vielleicht hatten ihre Gefühle für Henry sich auch einfach abgekühlt (es gab Gemunkel über eine Liaison mit einem begabten, gut aussehenden Troubadour), und sie ergriff deswegen Partei für ihre Söhne, vor allem ihren Liebling Richard. Wir werden wohl nie wissen, was die Gründe und Ursachen waren, jedenfalls gab es einen kolossalen und langwierigen Familienkrach.
    Eleanors Ex, König Louis von Frankreich, war nicht ganz schuldlos daran, denn es lag in seinem Interesse, dass die mächtige Front, die die Plantagenet bildeten, solange sie zusammenstanden,bröckelte. Zwei seiner Töchter waren mit dem englischen Juniorkönig Henry und dessen Bruder Richard verheiratet bzw. verlobt. Seine und Eleanors gemeinsame Töchter waren mit den Grafen der Champagne und von Blois verheiratet. Louis’ Plan war, dass sein Sohn Philip Auguste, den eine dritte Ehe ihm endlich beschert hatte, einmal über ein Frankreich herrschen sollte, dessen mächtigste Kronvasallen mit dem König verschwägert waren. Und um die Schwäger seines Sohnes an Frankreich zu binden, unterstützte er zwei von ihnen in ihrer Rebellion gegen ihren Vater, König Henry.
    Zuerst sah es so aus, als würde Henry untypisch treuherzig in die Falle tappen, als er den jungen Henry zum Juniorkönig von England krönen ließ, was das Herzogtum Normandie und die Grafschaft Anjou einschloss. Damit nicht genug,

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