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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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übertrug er Richard Aquitanien, wohin dieser auch umgehend in Begleitung seiner Mutter aufbrach. Und der drittälteste Prinz, Geoffrey, bekam die Bretagne, da er praktischerweise die Erbin dieses kleinen, aber heiß begehrten Herzogtums geheiratet hatte. (Prinz John, der ohnehin erst fünf Jahre alt war, bekam nichts. Das brachte ihm den Beinamen »Ohneland« ein, der, wie sich zeigen sollte, beinah etwas Prophetisches hatte.)
    Eleanor und ihre Söhne mussten bald feststellen, dass Henry diese großzügige Verteilung von Kronen und Herzogswürden nur symbolisch gemeint hatte und im Traum nicht daran dachte, seinen Söhnen auch nur einen Anteil an der Regierungsgewalt oder den Einkünften aus diesen Territorien zu überlassen. Also erhoben sie sich im Zorn gegen ihren Vater, unterstützt vom französischen König und ihrer Mutter, und ein zweijähriger Bürgerkrieg brach aus, der aber ausschließlich in Frankreich ausgetragen wurde.
    König Henry brachte seine aufmüpfigen Sprösslinge schließlich ohne allzu große Mühe zur Räson. Sie waren ja auch erst achtzehn, sechzehn und fünfzehn Jahre alt. Er hingegen war ein erfahrener Soldat und – das war wohl das Wichtigste – hattedie Mehrheit seiner Vasallen, der Ritterschaft und der Bischöfe auf seiner Seite. Die Treue der letzten Gruppe mag verwundern, wenn man bedenkt, dass nicht einmal drei Jahre seit Beckets Ermordung vergangen waren. Aber man sollte Henrys Überzeugungskraft und vor allem seinen Sympathiewert nicht unterschätzen. Was letztlich seinen Thron rettete, war die schlichte Tatsache, dass seine Regierungsbeamten, seine lokalen Amtsträger und seine Ritter ihn behalten wollten. Und die Herren Bischöfe billigten den Aufstand der Söhne gegen den Vater ohnehin nicht, der ja, wie wir schon bei den Normannen gesehen haben, gegen göttliches Gebot verstieß. Noch weniger billigten sie Eleanors Rebellion gegen ihren Gemahl. Wo kämen wir hin, wenn auf einmal die Weiber das Sagen hätten?, werden sie entrüstet gefragt haben. Schließlich hatte das Weib dem Manne doch untertan zu sein. So gesehen tat die Königin ihren Söhnen also keinen Gefallen mit ihrer Unterstützung, und sie zahlte einen hohen Preis dafür.
    In den Wirren der Auseinandersetzungen geriet Eleanor in Gefangenschaft. Die genauen Umstände sind leider ebenso unbekannt wie Ort und Zeitpunkt. Ein Chronist behauptete, sie sei bei ihrer Gefangennahme als Mann verkleidet gewesen. Aber es kann gut sein, dass er das nur geschrieben hat, um sie noch schlechter zu machen, denn auch das galt als Verstoß gegen die göttliche Ordnung.
    Jedenfalls wurde sie nach England verfrachtet und auf Henrys Befehl hin eingesperrt. Vielleicht in Salisbury, wir wissen auch das nicht genau. Der König war unversöhnlich und vergab ihr niemals. In dem Friedensvertrag, den er 1174 mit seinen Söhnen schloss, wurde Eleanor mit keinem Sterbenswort erwähnt. 1176 versuchte Henry sogar, einen päpstlichen Legaten in England zu überreden, die Ehe zu annullieren, was am Protest seiner Söhne und des Erzbischofs von Rouen scheiterte. Eleanors Haftbedingungen waren ungewöhnlich harsch, und für elf Jahre verschwand die glamouröse, skandalumwitterte Königin hinter dicken Burgmauern.Mit seinen Söhnen war Henry hingegen um Aussöhnung bemüht, und zumindest Richard und Geoffrey räumte er mehr Machtbefugnisse in Aquitanien bzw. der Bretagne ein. Nur der junge Henry guckte weiterhin in die Röhre. Es hatte eben seine Schattenseiten, den Thronerben noch zu Lebzeiten zu krönen, denn auch auf dem mächtigsten Thron kann nur ein König sitzen.
    1182 erhob der Juniorkönig sich also wieder gegen seinen Vater, zusammen mit seinem Bruder Geoffrey, der immer Spaß daran hatte, innerhalb der Familie Zwietracht zu säen. Weil Prinz Richard dieses Mal nicht mitmachen wollte, fielen die Rebellen in Aquitanien ein, auf das der Juniorkönig ohnehin spekulierte. Zum ersten Mal bekam Richard Gelegenheit zu zeigen, dass er die militärische Begabung seines Vaters geerbt hatte, und kämpfte wahrhaftig mit dem Herzen eines Löwen – auch wenn es noch ein paar Jahre dauern sollte, ehe er diesen Beinamen bekam.
    Zusammen mit seinem Vater belagerte er seinen ältesten Bruder 1183 in Limoges, das der Juniorkönig gnadenlos ausplünderte, um seine Truppen zu ernähren. Als Limoges kahlgefressen war, unternahm er einen Raubzug nach Angoulême und war tödlich beleidigt, dass die Bürger von Limoges ihn bei seiner Rückkehr nicht wieder in die

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