Von Ratlosen und Löwenherzen
1470 schlossen Marguerite und Warwick ein Bündnis. Beide mussten dafür eine fette Kröte schlucken: Warwick musste sich der Königin förmlich unterwerfen und auf Knien um Verzeihung bitten. Marguerite musste ihren geliebten Sohn, Prinz Edward, mit Warwicks Tochter Anne verheiraten, denn das war der Preis, um Warwicks Macht auf Lancasters Seite zu holen: Der Earl of Warwick wollte, dass seine Nachkommen die Krone tragen würden.
Mit einer Armee, die größtenteils aus französischer Schatulle bezahlt wurde, setzte Warwick nach England über und jagteden yorkistischen König ins burgundische Exil. Im Oktober 1470 wurde der verdatterte Lancaster-König Henry aus der Mottenkiste im Tower geholt, wo er die letzten Jahre verwahrt worden war, und in Westminster wieder auf seinen Thron gesetzt – König von Warwicks Gnaden.
Aber es ging nicht lange gut. Im Sommer hatte Warwick den Überraschungsvorteil auf seiner Seite gehabt, doch der tatkräftige König Edward erwachte schnell aus seiner Schreckensstarre, lieh sich vom Herzog von Burgund, der mit seiner Schwester verheiratet war, 2000 Soldaten und landete am 14. März 1471 in Ravenspur. Das gehörte den Percys von Northumberland, die ja bekanntlich immer für einen überraschenden Seitenwechsel gut waren und kurzerhand zu Edward überliefen.
Und damit ging alles wieder von vorne los.
Am 14. April 1471 trafen die Armeen Yorks und Lancasters bei Barnet aufeinander. Dieses Mal schneite es nicht, dafür herrschte dichter Nebel. König Edward schlug die Lancastrianer wieder einmal, und als Warwick erkannte, dass seine Sache verloren war, ergriff er im Nebel die Flucht. Doch er wurde von einer Handvoll yorkistischer Ritter verfolgt und niedergemacht. Sie zogen dem Leichnam die Kleider aus, brachten ihn nach London und stellten ihn dort zur Schau. Ein ganz schön unrühmliches Ende für einen Mann, der als der »Königsmacher« in die Geschichte einging.
Am selben Tag landeten Marguerite und ihr Sohn in England, die erst einmal in Frankreich abgewartet hatten, wie die Dinge sich entwickelten. Eilig scharten sie die letzten verbliebenen Lancastrianer im Südwesten um sich und zogen Richtung walisische Grenze, um sich mit Jasper Tudor, König Henrys treuem Halbbruder, und dessen Truppen zu vereinigen.
Aber keinen Tagesritt mehr von der walisischen Grenze entfernt, holte König Edward sie bei Tewkesbury ein, und es kam zur vorerst letzten Schlacht der Rosenkriege. Edwardsiegte schon wieder. Das war ja nichts Neues, aber neu war, dass seine Männer – wahrscheinlich unter der Führung seines Bruders Clarence – den siebzehnjährigen Lancaster-Prinzen Edward jagten und abschlachteten. So wie die Lancastrianer es zehn Jahre zuvor mit dem jungen Rutland getan hatten.
Alle lancastrianischen Lords, die bei Tewkesbury gefangen genommen wurden, verloren den Kopf, darunter auch der letzte Somerset, Edward Beaufort. König Edward hatte gelernt, dass es sich rächte, den Lancastrianern gegenüber allzu große Milde walten zu lassen. Er wollte endlich Ruhe in England.
Am 21. Mai 1471, dem Tag, als Edward im Triumph in London einzog, wurde der greise, verwirrte König Henry im Tower of London ermordet. Ganz genau wissen wir nicht, wer es getan hat, aber König Edwards jüngster Bruder, Richard of Gloucester, befand sich im Tower, als es passierte.
Genau wissen wir hingegen dies: Am 21. Mai 1471 endete die Hauptlinie der Lancaster, und der lange Krieg hatte auch alle Beauforts aufgerieben, die die Lancaster-Krone hätten beanspruchen können.
Wirklich alle?
Nicht ganz.
Erinnern Sie sich an die einsame Niederkunft der dreizehnjährigen Witwe in Pembroke, die Edmund Tudor geheiratet hatte, der aber noch vor der Geburt seines Sohnes, des kleinen Henry, gestorben war? Diese bedauernswerte Wöchnerin war eine Beaufort. Und weil sonst keiner mehr übrig war, ging der Thronanspruch der Lancaster auf diesen bislang völlig unbedeutenden Henry Tudor über.
Der Junge war inzwischen vierzehn Jahre alt, und sein kluger, weitsichtiger Onkel Jasper hatte ihn schon vor der Schlacht von Barnet außer Landes gebracht, denn er wusste, die Yorkisten würden hinter Henry Tudor her sein wie der Teufel hinter der armen Seele.
Die Tudors tauchten in der Bretagne unter, wo sie die nächsten zwölf Jahre als mehr oder minder gut gelittene Gäste des Herzogs der Bretagne darauf warteten, dass die Zeit reif wurde.
Derweil genoss König Edward seine wiedererlangte Königswürde und liebäugelte damit,
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