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von Schirach

von Schirach

Titel: von Schirach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schuld
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Schild entziffert hatte, fragte er sich, ob Buddy ein kleines Tier sei.
Er zerrte den Hund aus dem Wagen und trat ihm auf der Straße in den Hintern.
Buddy schnappte nach ihm, aber er verfehlte ihn. »Drecksvieh, du kleines Tier«,
sagte Atris. Er wollte nicht warten und schrie die Praxisschwester an. Sie
ließ ihn vor, weil er zu laut war. Als er im Behandlungsraum war, legte er
tausend Euro in Fünfzigern auf den Stahltisch vor den Tierarzt.
    »Doktor, dieser Scheißköter hat einen Schlüssel verschluckt. Ich brauche
den Schlüssel. Aber ich brauche auch den Hund. Schneid das Vieh auf, hol den
Schlüssel raus, und mach ihn wieder zu«, sagte Atris.
    »Ich muss ihn erst röntgen«, sagte der Tierarzt.
    »Es ist mir scheißegal, was du machst. Ich brauch den Schlüssel. Ich muss
los. Ich brauche den Schlüssel und den Köter.«
    »Sie können ihn nicht mitnehmen, wenn ich ihn aufschneide. Er muss
mindestens zwei Tage ruhig liegen. Sie müssen ihn hierlassen.«
    »Mach ihn auf, er kommt danach mit. Das Vieh ist zäh, er wird's überleben«,
sagte Atris.
    »Nein.«
    »Ich geb dir mehr Geld«, sagte Atris.
    »Nein. Der Hund wird nicht durch Geld wieder gesund.«
    »So ein Quatsch«, sagte Atris. »Alles wird mit Geld wieder gesund. Ich geb
nicht dem Köter das Geld, ich geb's dir. Du machst ihn auf, nimmst den
Schlüssel raus und machst ihn wieder zu. Du nimmst das Geld. Alle fahren nach
Hause und sind glücklich.«
    »Es geht nicht. Verstehen Sie doch bitte. Es geht einfach nicht - egal wie
viel Geld Sie mir geben.«
    Atris dachte nach. Er lief in der Praxis auf und ab. »Okay. Dann was
anderes. Kann der Köter den Schlüssel nicht einfach wieder ausscheißen?«
    »Wenn Sie Glück haben, ja.«
    »Kannst du ihm etwas geben, damit er schneller scheißt?«
    »Sie meinen Abführmittel, ja, das geht.«
    »Na also. Wie dumm bist du eigentlich? Wieso muss ich dir das alles
erklären, du bist doch der Arzt. Gib ihm Scheißmittel. Viel, so viel wie für
einen Elefanten. Los, mach schon.«
    »Sie müssen ihm natürliche Abführmittel geben. Leber, Lunge oder Euter.«
    »Was?«
    »Das hilft.«
    »Spinnst du jetzt? Woher soll ich Euter bekommen. Ich kann den Hund doch
nicht auf eine Kuh hetzen und ihr das Euter abreißen lassen.« Atris sah auf die
Brüste der Praxishelferin.
    »Sie können diese Sachen in der Metzgerei kaufen.«
    »Gib ihm jetzt eine Tablette. Los. Du bist Arzt, du gibst Tabletten. Ein
Metzger gibt Euter. Jeder hat einen anderen Job. Verstehst du das?«
    Der Arzt wollte nicht mehr diskutieren. Vor einer Woche hatte die Bank
geschrieben, er solle sein Konto ausgleichen. Auf dem Tisch lagen 1.000 Euro.
Am Ende gab er der Dogge Animalax, und weil Atris nochmals 200 Euro auf den Tisch legte,
wurde es die fünffache Dosis der Empfehlung des Herstellers.
     
    Atris zog Buddy wieder auf die Straße. Es regnete in Strömen. Er fluchte.
Der Arzt hatte gesagt, der Hund brauchte Bewegung, das Mittel würde so
schneller wirken. Er hatte keine Lust, nass zu werden. Er klemmte die Leine in
die Beifahrertür und fuhr langsam los. Der Hund trottete neben dem Maserati
her. Andere Autos hupten, Atris drehte die Musik lauter. Ein Polizist hielt
ihn an, Atris sagte, der Hund sei krank. Der Polizist schrie ihn an, also zog
er die Dogge ins Auto und fuhr weiter.
    An der nächsten Ecke hörte er es. Es war ein dunkles Grollen, bedrohlich.
Die Dogge riss das Maul auf, sie hechelte, jaulte vor Schmerzen. Dann entleerte
sie sich. Sie krümmte sich auf dem Vordersitz, quetschte sich zwischen den Lehnen
nach hinten, biss in das Polster und riss ein großes Stück heraus. Der flüssige
Kot spritzte über die Sitze, die Scheibe, den Boden, die Hutablage. Der Hund
verteilte alles mit den Pfoten. Atris bremste und sprang aus dem Wagen. Er
schloss die Fahrertür. Es dauerte zwanzig Minuten. Atris stand im Regen. Die
Scheiben des Wagens beschlugen von innen. Er sah immer wieder kurz die
Schnauze des Hundes, das rote Zahnfleisch, den Schwanz, er hörte sein helles
Jaulen, und immer wieder klatschte der Kot an die Fenster. Atris dachte an
Frank. Und an seinen Vater, der hatte ihm schon als Kind gesagt, er sei zu
blöd, um geradeaus gehen zu können. Atris dachte, dass der Vater vielleicht
doch recht gehabt hatte.
    Frank erwachte im Krankenhaus der Berliner Haftanstalten aus dem Koma. Das
SEK hatte es übertrieben, er hatte eine schwere Gehirnerschütterung, Hämatome
am ganzen Körper, sie hatten ihm das Schlüsselbein und den rechten

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