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von Schirach

von Schirach

Titel: von Schirach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schuld
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250000 Euro geben. Dein Partner ist
auf der Autobahn festgenommen worden. Das tut uns leid. Aber das Geld musst du
trotzdem bezahlen.«
    Atris schluckte. Frank hat es erwischt, dachte er. Er nickte. Sie wartete,
bis sie sicher sein konnte, dass alles bei Atris angekommen war.
    »Es freut mich, dass du es verstehst. Ich stelle dir jetzt eine Frage.
Danach darfst du den Lauf aus dem Mund nehmen und antworten. Wenn du mit deiner
Antwort fertig bist, nimmst du den Lauf wieder in den Mund. Es ist ganz
einfach.«
    Atris gewöhnte sich an die Stimme. Er musste nicht nachdenken. Er würde
einfach alles tun, was die Stimme sagte.
    »Wo ist das Geld?«, sagte sie.
    Atris öffnete den Mund und sagte: »Das Geld ist im Bahnhof. Buddy hat den
Schlüssel verschluckt, er hat alles vollgeschissen, ich musste ihn ...«
    »Ruhe«, sagte die Frau. Ihre Stimme war scharf. »Nimm sofort den Lauf
wieder in den Mund.«
    Atris verstummte und tat, was sie sagte.
    »Deine Geschichte ist zu lang. Ich möchte keinen Roman hören. Ich möchte
nur wissen, wo das Geld ist. Ich werde dir jetzt nochmals die Frage stellen.
Ich möchte, dass du nur mit einem Satz antwortest. Du kannst dir in Ruhe die
Antwort überlegen. Wenn du weißt, was du sagen willst, öffnest du den Mund und
sagst den Satz. Aber nur den einen Satz. Wenn du mehr als den einen Satz sagst,
schneide ich dir die Eier ab. Hast du das verstanden?«
    Ihre Stimme hatte sich nicht verändert. Atris begann zu schwitzen.
    »Wo ist das Geld?«
    »In einem Schließfach im Hauptbahnhof«, sagte Atris. Er biss sofort wieder
auf den Stahl.
    »Sehr gut, du hast es jetzt verstanden, genau so geht es. Nun kommt die
nächste Frage. Du denkst nach, öffnest den Mund, sagst einen Satz und schließt
ihn wieder. Denke über die Antwort nach. Also, hier ist die Frage: Wer hat den
Schlüssel zum Schließfach?«
    »Ich«, sagte Atris und schloss den Mund wieder.
    »Hast du ihn dabei?«
    »Ja.«
    »Ich bin stolz auf dich. So kommen wir weiter. Nun kommt die nächste Frage.
Wo ist dein Auto?«
    »In der Tiefgarage.«
    »Ich sehe, wir kommen miteinander zurecht. Jetzt wird es ein wenig
komplizierter. Wir machen jetzt Folgendes. Du stehst jetzt auf, aber das
machst du ganz langsam. Verstehst du? Es kommt darauf an, alles ganz langsam zu
machen. Wir wollen doch nicht, dass das Ding losgeht, weil ich einen Schreck
bekomme. Wenn wir vorsichtig sind, passiert gar nichts.«
    Atris erhob sich langsam. Er hatte die Pistole noch immer im Mund.
    »Ich nehme sie jetzt aus deinem Mund. Dann drehst du dich um und gehst zur
Tür. Ich bin hinter dir. Wir werden jetzt zusammen zum Bahnhof fahren. Wenn das
Geld da ist, kannst du gehen.«
    Atris öffnete seinen Mund, und sie zog den Lauf heraus.
    »Bevor wir gehen, musst du noch eins wissen. In der Pistole sind besondere
Patronen. Sie enthalten einen Tropfen Glyzerin. Du gehst vor mir. Wenn du
wegläufst, muss ich schießen. Das Glyzerin wird in deinem Körper explodieren.
Man wird nichts mehr von dir erkennen können. Hast du das verstanden?«
    »Ja«, sagte Atris. Er würde auf keinen Fall weglaufen.
    Sie fuhren mit dem Aufzug nach unten. Atris ging voran und öffnete die Tür
zur Tiefgarage. Jemand schrie: »Da ist das Schwein.« Als Letztes sah Atris den
Baseballschläger aus Metall. Er glänzte rot.
     
    Sie hatten den falschen Maserati gestohlen. Der Wagen gehörte einem Rapper.
Er hatte mit seiner Freundin in der Schlüterstraße zu Abend gegessen. Als er
danach seinen Wagen nicht fand, hatte er die Polizei angerufen, aber das Auto
war nicht abgeschleppt worden. Seine Freundin hatte schlechte Laune bekommen.
Sie war ihm so lange auf die Nerven gegangen, bis er einen seiner alten Freunde
aus Kreuzberg angerufen hatte: Muhar El Keitar hatte versprochen, sich um die
Sache zu kümmern.
     
    Wenn man nicht zur Polizei gehörte, war es nicht schwer herauszufinden, wer
den Wagen jetzt hatte. El Keitar war der Chef einer großen Familie. Alle
stammten aus dem gleichen Dorf, sie waren libanesische Kurden. El Keitar wollte
den Wagen. Er sagte es deutlich. Sein Freund, der Rapper, war inzwischen ein
berühmter Mann, er wollte ihm unbedingt helfen. Die vier Männer, die Hassan im
Auftrag Muhar El Keitars besuchten, wollten ihn nicht töten, sie wollten nur
wissen, für wen der Wagen gewesen sei. Die Sache ging schief. Als sie zurückkamen,
sagten die Männer, Hassan habe sich unbedingt wehren wollen. Er habe gesagt,
wo das Auto sei, aber dann sei es zu Ende gewesen.
     
    Atris kam

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