Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
durch die Tür in den schmalen, nur schwach beleuchteten Flur folgte.
»Mylord«, erklärte Peter. »Es geht um eine sehr persönliche Angelegenheit, aber ich habe das Gefühl, dass ich Sie darüber in Kenntnis setzen sollte.«
»Ja, Mr Derby?«, fragte er, während sein Lächeln eine Spur blasser wurde.
»Sie wissen, dass ich mit Lady Elizabeth Cabot verlobt bin. Es gestaltet sich … nun, etwas schwieriger, als ich am Anfang angenommen habe. Es gibt da ein paar Probleme, und ich bin mir nicht sicher, ob wir sie werden lösen können.«
Gibson räusperte sich. »Tut mir leid, das zu hören. Ich danke Ihnen, dass Sie es gerade mir anvertrauen …«
»Es geht nicht darum, dass ich jemanden unbedingt ins Vertrauen ziehen will«, erwiderte Peter. »Tatsache ist einfach, dass Sie etwas wissen müssen, das ich gerade erst selbst herausgefunden habe. Lady Elizabeth ist Ihnen seit langer Zeit herzlich zugetan. Und ich glaube, sie hat sich mir nur deshalb zugewandt, weil Sie keinerlei Interesse an ihr zeigen.«
Gibsons Augen wurden ganz schmal, und eindringlich musterte er Peter. »Warum erzählen Sie mir das?«
»Weil ich will, dass sie glücklich ist.«
»Ich habe nicht das Gefühl, dass es richtig wäre, ihr den Hof zu machen, obwohl sie verlobt ist«, meinte Gibson langsam.
»Dann sind Sie an ihr interessiert?«, fragte Peter, während sich sein Magen schmerzlich zusammenkrampfte.
»Natürlich. Nachdem ich mich entschieden habe, Ihrem Beispiel zu folgen und in die Eisenbahn zu investieren, würde so eine große Mitgift bestimmt sehr hilfreich sein.«
Er musste alle Kraft aufbieten, um dem Narren nicht ins Gesicht zu schlagen. Wie konnte Gibson Geld wichtiger sein als diese wundervolle, außergewöhnliche Frau?
»Sie müssen das ja nicht ganz offiziell tun.« Peter bemühte sich sichtlich, seine Wut zu unterdrücken. »Aber besuchen Sie sie doch, gratulieren Sie ihr zur Verlobung. Finden Sie heraus, ob sie glücklich ist oder nicht. Verbringen Sie beim nächsten gesellschaftlichen Ereignis ein bisschen Zeit mit ihr.«
»Und das würde Ihnen nichts ausmachen?«
»Sie muss ihre eigene Entscheidung treffen. Damit kann ich eher leben als mit der Vorstellung, sie unglücklich zu sehen.«
Gibson musterte ihn. »Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch, Derby. Es gibt nicht viele, die sich ein derartig warmes Plätzchen in einem herzoglichen Haushalt und den damit verbundenen Reichtum entgehen lassen würden.«
William Gibson würde es nie begreifen, dachte Peter, als er sich von ihm verabschiedete.
Als Elizabeth nach ihrer Liebesnacht am Morgen erwachte, kam es ihr seltsam vor, alleine in ihrem Bett zu sein. Ohne Peter. Ihre Träume waren erfüllt gewesen von Erinnerungen an träge Zärtlichkeiten, an sanfte Küsse und Liebesschwüre.
Gleichzeitig wusste sie, dass er entschlossen war, trotzdem ihre verabredeten Pläne durchzuziehen und die Verlobung zu lösen, damit sie alles noch einmal ohne äußeren Druck überdenken konnte.
Sie war aufgewühlt und verwirrt und hätte gerne mit jemandem darüber geredet. Aber sie konnte Lucy – oder, Gott behüte, gar ihrer Mutter – nicht gut davon erzählen, was sie mit Peter getan hatte. Also verhielt sie sich so, als sei es ein Tag wie jeder andere – und als würde sie nicht etwas schmerzhaft die Folgen ihres nächtlichen Treibens spüren.
Sie war verwundert und überrascht, als am Nachmittag der Besuch von William Gibson angekündigt wurde. Früher einmal hätte diese Nachricht sie sprachlos vor freudiger Erwartung und ganz schwindelig gemacht, aber jetzt war sie nur neugierig, denn immerhin war es das erste Mal, dass er ihr ohne die Begleitung von Mutter oder Schwester seine Aufwartung machte. Im Grunde verhielt es sich sogar so, dass er eher widerwillig mitgeschleift werden musste. Woher also dieser Sinneswandel?
Ihre Mutter, die ihr gerade Gesellschaft leistete, schien ebenfalls mehr als verwundert. Mit gerunzelter Stirn sah sie ihre Tochter an. »Was mag das bedeuten? Ob es mit Lucy zu tun hat?«
»Ich weiß nicht, Mama, eher nicht. Ich bin genauso überrascht wie du.«
Als William in den großen Salon geleitet wurde, meldete der Butler der Madingleys gleichzeitig eine Besucherin für die Herzoginwitwe an, die sich daraufhin erhob, Gibson nur kurz begrüßte und den Raum verließ.
»Lady Elizabeth«, sagte William und beugte sich über ihre Hand.
»Lord Gibson«, erwiderte sie förmlich und knickste kurz. »Was verschafft mir die Ehre?«
Als sie ihn
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