Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
fürchtete, sie könnte sich von ihm abwenden, aber das musste er in Kauf nehmen.
Er rollte sich von ihr herunter und zog sie an sich.
»Peter …«
»Nein, ich muss dir etwas sagen. Ich habe dir nie davon erzählt. Nachdem du mir jetzt das größte Geschenk gemacht hast, das du geben kannst, sollst du endlich die Wahrheit erfahren. Willst du mir zuhören?«
Da war es, das Geheimnis. Sie drückte ihren Kopf fester auf seine Schulter, nickte und legte eine Hand auf seine Brust. Er zog die Decke hoch und bedeckte damit seinen und ihren Unterkörper, ehe er seine Hand auf ihre legte.
»Was ich dir jetzt erzähle, darf nie diese vier Wände verlassen. Ich habe deinem Cousin Matthew und seiner Frau äußerste Verschwiegenheit gelobt.«
Die wohlige Trägheit ihres Körpers verschwand. Hellwach und aufmerksam schaute sie Peter an. »Ich verspreche es.«
»Meine Narbe stammt nicht von einem Jagdunfall«, erklärte er ohne weitere Vorrede. »Es hat mit einer dummen Geschichte zu tun, als ich einmal den Helden spielen wollte, um deiner Familie vorgeblich einen Dienst zu erweisen, und eine Lawine schrecklicher Ereignisse lostrat.«
Sie atmete scharf ein, sagte jedoch nichts.
»Ich fand kurz nach Matthews Rückkehr aus Indien etwas Verfängliches heraus, und weil ich nicht wusste, dass er sich bereits selbst darum kümmerte, wollte ich die Sache in die Hand nehmen.«
»Er kümmerte sich um was?«, flüsterte sie.
Er sah die wachsende Sorge in ihren Augen. »Ganz ruhig, alles ist längst vorbei und geregelt. Damals fiel mir anlässlich eines Aufenthalts bei Matthew zufällig ein Brief in die Hände, mit dem Emily erpresst werden sollte.«
»Emily? Womit könnte man sie schon unter Druck setzen?«
»Weil sie, als sie damals nach Matthews vermeintlichem Tod zu euch kam, gar nicht seine Frau war.«
Der Schmerz in Elizabeths schönen dunklen Augen versetzte ihm einen Stich.
»Ich verstehe nicht ganz.« Ihre Stimme zitterte.
»Matthew liebt sie und versteht es. Sie stand ganz alleine auf der Welt und war verzweifelt, weil ein gewissenloser Mann ihr nachstellte. Sie hatte Matthew vor seiner Reise nach Indien kennengelernt, und er bot ihr an, sie könne sich jederzeit an seine Familie wenden, falls sie Hilfe brauchen sollte. Und das tat sie, ohne indes zu ahnen, dass sie bereits durch einen mit Matthew befreundeten Vikar als dessen Ehefrau angekündigt worden war. Er hatte das wohl zu ihrem Schutz für notwendig erachtet.«
»Ich erinnere mich an die Zeit – an ihre schreckliche Krankheit, die gar nicht vorübergehen wollte. Aber warum klärte sie die Sache nicht auf?«
»Du weißt ja nicht, was Emily durchmachen musste und wie sehr sie es hasste, euch zu verletzen, nachdem sie euch so lieb gewonnen hatte.«
»Behauptete Matthew nicht später, dass er durch seine Verletzungen teilweise sein Gedächtnis verloren habe und sich nicht mehr erinnern könne, verheiratet zu sein …«
»Da hat er gelogen. Er erinnerte sich sehr wohl an alles und wollte bloß Emily schonen. Und gleichzeitig einen Grund finden, noch einmal ganz offiziell zu heiraten.«
»Wie schrecklich für ihn!«
»Nun, sie fühlten sich vom ersten Augenblick zueinander hingezogen und hätten sowieso geheiratet. Insofern muss man Matthew nicht bedauern«, meinte er trocken. »Es war und ist eine tiefe Liebe zwischen ihnen – vielleicht weil sie beide Schreckliches erlebt haben.« Er holte tief Luft. »Aber jetzt sollst du erfahren, welche Rolle ich bei der ganzen Sache gespielt habe.«
Sie berührte seinen Arm, und ihre Finger strichen über den gezackten Rand der Narbe. »Sag nicht, dass Matthew …«
»Natürlich nicht! Ich fand wie gesagt zufällig den Brief, den der Erpresser Emily geschrieben hatte, und wollte der Sache nachgehen. Du weißt ja, dass ich ihr zwischenzeitlich einmal nahestand, wollte allerdings trotzdem oder gerade deshalb wissen, was dran war an den Unterstellungen, sie habe die Familie mit vollem Vorsatz in die Irre geführt, um sich ins gemachte Nest zu setzen. Ich folgte ihr also zu einem Treffen mit diesem Stanwood. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, welche Rolle er spielte und dass er nur ein gemeiner Vergewaltiger war. Zumindest hatte er das probiert und wollte sich nachträglich holen, was ihm zuvor entgangen war. Alles, was ich kannte, waren seine Anschuldigungen. Ich hätte gleich zu Matthew gehen sollen, aber ich gefiel mir offenbar in der Rolle des Retters«, erklärte er voller Bitterkeit. »Dass ich deiner Familie
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