Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
noch sonderlichen Ehrgeiz mitzubringen, wollte sich lieber über seine Investitionen bei der Eisenbahn unterhalten. Das machte sich bemerkbar, denn Peter und Abigail waren ganz bei der Sache und brauchten viel weniger Schläge, um ihre Kugeln durch die Ringe zu bugsieren. Elizabeth selbst konnte Williams mangelnde Konzentration nicht wettmachen, und so blieb ihnen eindeutig das Nachsehen. Am liebsten hätte sie ihn »ganz aus Versehen« mal mit dem Schläger irgendwo getroffen, wo es richtig wehtat.
Jedes Mal, wenn Peter an der Reihe war, verschlang sie seinen Körper mit ihren Blicken und erinnerte sich daran, wie er sich auf ihr und in ihr bewegt hatte. Warum bloß zerrte er sie nicht einfach hinter einen der zahlreichen Büsche – schließlich war das unübersichtliche Gelände hier geradezu prädestiniert für heimliche Schäferstündchen. Und bestimmt würde Abigail wissen, was sie zu tun hatte, wenn sie mit Peter plötzlich verschwand. Sie war sich sicher, dass ihre Schwägerin das verstand.
Leider geschah nichts dergleichen, und sie mussten ihre Partie zu Ende spielen. Peter und Abigail schlugen sie haushoch und traten dann gegen die nächsten Herausforderer an. William hingegen zog es vor, sich mehreren jungen Männern anzuschließen, die angeblich schrecklich Wichtiges mit ihm zu bereden hatten. Laut lachend zogen sie davon, während Elizabeth sich missmutig mit der Rolle der Zuschauerin begnügte. Nein, dieser Nachmittag war ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack.
»Lady Elizabeth?«
Mit einem Ruck drehte sie sich um und sah Thomas Wythorne neben sich stehen, der ebenfalls das Spiel beobachtete. »Ich wusste gar nicht, dass Sie hier sind«, meinte sie.
»Ich bin spät eingetroffen.«
Als er kein Gespräch mit ihr anfing, sah sie ihn neugierig an. Gar keine unterschwelligen Drohungen bezüglich ihrer Verlobung?
Er begegnete ihrem Blick und sagte: »Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen.«
Sie sah ihn mit großen Augen an. Das war nun wirklich das Letzte, was sie erwartet hätte.
Er wirkte irgendwie beschämt, fand sie. »Meine Wut darüber, abgewiesen worden zu sein, war zu groß für mich, und ich wollte das nicht akzeptieren«, sagte er, den Blick dabei zu Boden gerichtet.
»Und deshalb mussten Sie mich bestrafen«, meinte sie mit leiser Stimme.
Sein Blick war offen und ehrlich, als er sie anschaute, ohne jede Spur von Spott oder Sarkasmus, die sonst typisch für ihn waren. »Ich redete mir ein, dass Sie im Unrecht seien und eine Ehe zwischen uns die perfekte Verbindung wäre.«
»Und das, was Sie wollen, bekommen Sie in der Regel, sagt man.«
Er stieß einen Seufzer aus. »Ich habe nicht darüber nachgedacht, wie sehr ich Sie damit verletzte, und das ist erbärmlich. Vielleicht hat das Gemälde mein Urteilsvermögen getrübt, was einige Männer bestimmt gut verstehen können«, fügte er hinzu.
Er schien um einen lockeren Ton bemüht, der jedoch aufgesetzt klang und nicht seiner Gemütsverfassung entsprach.
»Sie wissen überhaupt nichts über dieses Gemälde oder was es für mich bedeutet«, erklärte sie ruhig.
»Das stimmt. Aber niemand wird je eine Silbe von mir darüber erfahren. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Was ist mit dem Mann, der es Ihnen erzählt hat?«
Er zuckte zusammen und gestand: »Es gibt keinen anderen – ich habe es selbst herausgefunden. Als Einziger.«
Verblüfft sah sie ihn an und stotterte: »Ich dachte … Ich meine, Sie haben etwas anderes erzählt?«
»Das geschah, damit Sie glaubten, Sie würden meinen Schutz brauchen. Und dass nur ich Sie vor einem Skandal bewahren könnte. Es war niederträchtig und gemein von mir, ich weiß.«
Sie hatte sich so viele Gedanken gemacht, wer wohl von dem Gemälde wusste, und dabei bereits Gespenster gesehen. Sogar der einfältige Lord Dekker, der bloß ein wenig über die Stränge schlagen wollte, war in Verdacht geraten, das Gemälde als Freibrief für unangemessene Annäherungen zu nehmen.
»Es war für mich immer so leicht, alles zu bekommen, was ich mir in den Kopf setzte«, fuhr Thomas mit leiser Stimme fort, »und dann erteilten Sie mir eine Lektion, die ich nicht begreifen wollte.«
»Es ist in Ordnung, ich kann Ihnen verzeihen. Der Himmel weiß, dass ich selbst unzählige Fehler begangen habe.«
»Und Sie werden mit Mr Derby glücklich sein?«, fragte er.
Überrascht stellte sie fest, dass er besorgt klang. »Ich werde alles dafür tun, was in meiner Macht steht«, erwiderte sie in entschlossenem
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