Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
geraten sind. Ich fürchte, er wird nicht begeistert sein, dass Sie für ein Aktgemälde posiert haben.«
Ihre Gedanken rasten. Er hatte recht. Leider. Niemand war da, den sie um Hilfe bitten und von ihren Problemen erzählen könnte. Außerdem war sie felsenfest davon überzeugt, dass bald Wythornes neuerlicher Antrag in den Salons die Runde machen würde. Und dann saß sie fest.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Madingley rechtzeitig zum Maskenball bei den Kelthorpes zurück sein wird?«
Sie brachte nur ein hilfloses Nicken zustande.
»Dann bleiben Ihnen also drei Wochen, um diese Angelegenheit zu regeln. Sie werden das Gemälde und Ihre Mitwirkung daran zwar nicht vor Ihrem Bruder geheim halten können, aber mit meiner Hilfe lassen sich diese Probleme sicher regeln. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass die Gerüchte nicht weitere Kreise ziehen. Das sicherste Mittel, ihnen die Nahrung zu entziehen, besteht jedenfalls darin, mich baldmöglichst zu heiraten.« Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es. »Drei Wochen, Elizabeth, ich gebe Ihnen drei Wochen, um mich zum glücklichsten Mann auf Erden zu machen.«
Mit einem Lächeln auf den Lippen wandte er sich um, ging in den Salon zurück und verschwand. Elizabeth sank auf eine schmiedeeiserne Bank und vergrub das Gesicht in den Händen. Der Rest der Familie mochte diese Heirat begrüßen, sie nicht. Andererseits wollte sie natürlich nicht im Mittelpunkt eines Skandals stehen und ihrer Familie schaden.
Was sollte sie jetzt machen?
Konnte sie die nächsten drei Wochen so tun, als hätte sie einen Verlobten? Nur: Wer sollte das sein? Zudem wussten laut Thomas noch andere – vielleicht viele andere – von dem Gemälde, und es schien ihr fraglich, ob er sie überhaupt vor übler Nachrede schützen konnte. Vielleicht würde sie auch von anderer Seite unter Druck gesetzt.
Ihr musste einfach etwas einfallen, wie sie sich, ihren Ruf und ihre Familie schützen konnte.
Am Abend von Lady Marlowes Dinnerparty mit fünfzig geladenen Gästen hielt Peter Ausschau nach Elizabeth, doch eine Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen ergab sich erst nach dem Essen, als man sich im Salon zusammenfand.
Eigentlich hatte er sie zu Hause aufsuchen wollen, aber eingedenk des Versprechens an seine Mutter fühlte er sich verpflichtet, seine Schwester bei ihren diversen Besuchen zu begleiten, und musste feststellen, dass sie sich den anwesenden Herren gegenüber wirklich recht unhöflich benahm.
Mit ihr darüber zu reden, erwies sich zunächst als aussichtslos. Als er weiter in sie drang, erklärte sie schließlich, dass sie nicht vorhabe, sich in Abhängigkeit zu begeben, und dass weder er noch die Mutter sie zu einer Heirat zwingen könnten. Was war bloß aus seiner ausgeglichenen, freundlichen kleinen Schwester geworden?
Mary Anne hatte es abgelehnt, ihn zum Dinner am Abend zu begleiten, was ihm nur ganz recht war. Umso mehr konnte er sich auf Elizabeth konzentrieren. Zu seiner Erleichterung entdeckte er sie schließlich am anderen Ende des Salons mit Lucinda Gibson und deren Familie. Die Teppiche wurden gerade zusammengerollt, und eine kleine Kapelle stimmte die Instrumente für den bevorstehenden Tanz. Elisabeth stand neben William Gibson, und Peter ging fest davon aus, dass er sie auf die Tanzfläche führen würde.
Er sollte sich irren. Sie wirkte verärgert, wie er am heftigen Wippen ihres Fußes erkannte, doch Gibson schien es nicht zu bemerken. Dummkopf.
Peter blieb vor ihr stehen und verbeugte sich. »Guten Abend, Lady Elizabeth.«
Sie machte einen kurzen, flüchtigen Knicks, bevor sich ihr forschender Blick auf sein Gesicht richtete.
Fragend zog er die Augenbrauen hoch.
»Mr Derby.« Sie zog seinen Namen in die Länge, als würde sie über etwas nachdenken.
»Lady Elizabeth«, erwiderte er grinsend. »Darf ich um diesen Tanz bitten?«
Ohne auch nur einen Moment zu zögern, legte sie ihre Hand in seine. Überrascht, erfreut und argwöhnisch zugleich führte er sie auf die Tanzfläche. Die Kapelle spielte eine Quadrille statt des von ihm bevorzugten Walzers, und so führten die Tanzfiguren sie immer wieder auseinander und zusammen, wobei sie um andere Paare herumtanzen mussten, ehe sie sich wieder an den Händen fassen konnten.
Als sie sich gerade erneut trafen, raunte sie leise: »Ich muss mit dir unter vier Augen sprechen.«
Er lächelte. »Du weißt, dein Wunsch ist mir Befehl.«
Während sie noch die Augen
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