Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
Hand, zeigte also keinerlei Verkrampfen oder Erschrecken. Jedenfalls trabten die Pferde munter weiter und zogen bewundernde wie neidische Blicke auf sich, während Peter über ihre Frage nachdachte.
»Du weißt, dass wir ein kurzes Techtelmechtel miteinander hatten«, erklärte er schließlich.
Sie schob ihre Haube ein wenig zurück, um ihn besser sehen zu können, und stellte überrascht fest, dass sein Lächeln einer nachdenklichen Miene gewichen war.
»Ich war jung und sehr töricht … Hatte gerade erst mitbekommen, wie begrenzt meine Möglichkeiten waren.«
Seine Worte ernüchterten sie. »Peter …«
»Es ist lange her, und ich war wirklich noch sehr unreif. Eine Zeit lang glaubte ich tatsächlich, dass wir zusammenpassen könnten – zwei Menschen, die verbissen lernten und ihren Platz suchten.« Ein ironisches Lächeln spielte um seine Lippen. »Du hast dieses Problem nie gehabt, aber Susanna und ich schon. Hinzu kam, dass mein Vater, ganz versessen darauf, das Ansehen der Familie zu steigern, meinen Bruder und mich drängte, Mädchen von hoher Herkunft zu hofieren. Und ihr wart eben alle gleich nebenan, zumindest wenn die Lelands sich ebenfalls auf Madingley Court aufhielten. Doch es war schnell zu Ende, denn ich geriet in einen Kreis junger Männer, zu denen Susannas ernsthafte Art nicht passte. Ich verteidigte sie nicht einmal, wenn sie sich über sie lustig machten, sondern lachte sogar mit ihnen.«
»Ach, Peter«, sagte sie und berührte seinen Arm. »Wie alt warst du damals?«
»Achtzehn oder neunzehn.«
»Dann wirst du dir ja mittlerweile wohl verzeihen können.«
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Jedenfalls war es sehr kränkend für sie.«
»Letzten Herbst, auf dem Ball zu Ehren von Matthews Heimkehr, habe ich euch ebenfalls zusammen beobachtet.«
Er lächelte grimmig. »Da musste ich mit ihr reden, weil ich herausgefunden hatte, dass sie von meinem schäbigen Verhalten wusste. All die Jahre. Und irgendwie fühlte ich mich plötzlich verantwortlich dafür, dass sie sich aus der Gesellschaft zurückgezogen hat. Also entschuldigte ich mich bei ihr. Anfangs nahm sie es nicht sonderlich gut auf, aber inzwischen kommen wir wieder besser miteinander zurecht.«
»Du meinst wohl, bis zu jenem Abend im Club.« Sie sprach jetzt sehr leise, falls die hinter ihnen sitzenden Dienstboten zu lauschen versuchten, was allerdings nicht der Fall war. Zumindest Teresa schien voll und ganz damit beschäftigt, nicht aus der Kutsche zu fallen, denn angstvoll klammerte sie sich an ihrem Sitz fest.
Kläglich schüttelte Peter den Kopf. »Alle meine guten Vorsätze waren dahin.«
»Du hattest die Wahl«, rief sie ihm in Erinnerung.
»Du auch. Du bist nur wütend, weil ich mich nicht gleich offen auf deine Seite stellte.«
»Du hast offen gegen mich Partei ergriffen, Peter. So etwas hätte ich nie von dir erwartet.«
Er sah sie aus leicht zusammengekniffenen Augen an. »Ist dir je in den Sinn gekommen, dass dir eine schlimmere Bloßstellung nur deshalb erspart blieb, weil ich auf die Wette eingegangen bin?«
»Nein. Wieso?«
Sie schwiegen mehrere Minuten lang, während er in den Hyde Park einbog. Er fuhr einen Weg entlang und brachte die Kutsche schließlich neben einer von blühenden Rosenbüschen eingerahmten Rasenfläche zum Stehen.
»Was machen wir jetzt?«, fragte sie.
Er griff hinter ihren Sitz, wobei sich ihre Gesichter fast berührten, und ließ sich vom Stallburschen einen großen Korb reichen.
»Ein Picknick?«, rief sie überrascht.
Er grinste.
Sie wollte sein attraktives Gesicht anschauen und sich vorstellen, dass sie ein Liebespaar wären. Zumindest würden das all die Leute denken, die sie beobachteten. Vielleicht waren ja Bekannte darunter. Schon allein deshalb musste sie ihre Rolle spielen, damit nur ja jeder merkte, dass sie vergeben war.
Als Peter ihr aus der Kutsche half, ließ sie ihre Hände ein wenig länger als nötig auf seinen Schultern liegen und schaute inbrünstig zu ihm auf.
Peter lächelte nur und machte sich daran, eine große Decke auf dem Rasen auszubreiten. Sein Stallbursche und ihre Zofe blieben derweil bei der Kutsche zurück.
Elizabeth ließ sich anmutig auf der Decke nieder und drapierte den bauschigen weißen Rock mit dem blauen Blütenmuster wie eine duftige Wolke um sich herum. Sie sah, wie Peter sie reglos anstarrte mit einem Blick, der kein Ende zu nehmen schien und durch Mark und Bein ging. War das nur, um seiner Rolle zu entsprechen?
»Du bist
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