Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
du fasziniert von mir bist?«
»Oder um dir eine Reaktion zu entlocken. Es gefällt mir, wenn ich sehe, wie du errötest. Vielleicht sollten wir alle Vorsicht fahren lassen und noch ein drittes Mal miteinander tanzen.«
»Nein, das wäre zu viel für einen Abend«, erklärte sie und trat zurück, als er sie wieder auf die Tanzfläche zu ziehen versuchte.
»Irgendwie muss ich meine plötzlich erwachte Zuneigung doch demonstrieren. Ich könnte mich natürlich auch in dein Schlafzimmer schleichen …«
Sie lachte und wusste, dass er genau diese Reaktion provozieren wollte. »Als ob irgendjemand davon erfahren würde. Sollen wir morgen früh eine Ausfahrt unternehmen? Soweit ich weiß, hast du einen neuen Phaeton, mit dem du deinen Reichtum in der für einen Junggesellen typischen Weise zeigst.«
»So leicht bin ich zu durchschauen?«
»Manche Männer sind es. Indem du mir den Hof machst, beweist du, dass du ein Verblendeter bist.«
»Nein, ein romantischer Idealist.«
Sie lächelte. »Ein törichter Optimist.«
Er erwiderte ihren amüsierten Blick. »Du meinst wohl ein törichter Träumer.«
Sie sahen einander einen Augenblick lang an. Trotz all der verrückten Dinge, die in den letzten paar Tagen geschehen waren, trotz ihrer Enttäuschung über ihn, trotz ihres Misstrauens, war sie noch da, die alte Vertrautheit im Umgang. Das war seit ihrer Einführung in die Gesellschaft ein wenig in Vergessenheit geraten.
»Dann wirst du also morgen neben mir auf dem Kutschbock sitzen und ganz schwindlig vor Glück sein«, sagte er.
Sie nickte und dachte bei sich selbst, dass Thomas schon bald der Vergangenheit angehören würde. Sie musste sich nur in Geduld üben.
»Und dann wirst du meiner Mutter einen Besuch abstatten«, erklärte sie fest.
»So bald schon? Sollten wir unsere Zuneigung nicht zumindest ein paar Tage für uns behalten?«
Ein wachsamer, etwas misstrauischer Ausdruck trat in seine Augen, und sie merkte, dass sie den Eindruck übermäßiger Eile erweckte.
»Du hast recht«, erwiderte sie. »Ich meine nur, je schneller wir uns verloben, desto früher ist alles vorbei.«
»Und was wird anschließend sein?«
Sie warf ihm einen Blick aus den Augenwinkeln zu. »Das geht dich nichts an.«
»Oh, bin ich etwa nicht die Liebe deines Lebens?«, fragte er und lächelte provokant, hielt dabei ihren Arm so fest, dass sie ihn nicht mehr unauffällig herausziehen konnte.
Zum ersten Mal bekam sie einen flüchtigen Eindruck von der Kraft eines männlichen Körpers und von seiner verwirrenden Wärme, ehe ihn der Anstand zwang, seinen Griff wieder zu lockern.
»Wie kannst du Geheimnisse vor mir haben?«, fuhr er fort.
»Nicht einmal Ehemann und Ehefrau sollten einander alles erzählen.«
»Nein, sollen sie nicht?«
»Natürlich nicht. So etwas ist einer Freundschaft vorbehalten, wie wir sie hatten.« Einen kurzen Moment lang war sie ganz ernst. »Ich hätte nie gedacht, Peter, dass du eine Wette abschließt, die mich persönlich betrifft.« Sie fühlte sich immer noch verletzt, und es war ihr egal, ob er das sah oder nicht.
»Und ich hätte nie geglaubt, dass du dich zu solch leichtsinnigen Eskapaden hinreißen lässt. Die Dinge, die du vor mir verbirgst, mag ich mir nicht einmal vorstellen. Du hast so beharrlich behauptet, du seist jetzt eine andere.«
Nur mühsam konnte sie ihren schwelenden Zorn im Zaum halten. »Ich bin nicht leichtsinnig. Alles, was ich tue, ist wohldurchdacht.«
»Das musst du mir erst beweisen.«
»Gern. Wir sehen uns dann morgen früh.« Ihr Tonfall war kühl und das Lächeln in ihrem Gesicht eingefroren.
»Deine Verliebtheit wirkt nicht sehr überzeugend«, schalt er sie und ließ sie los, als sich ein anderer Mann näherte.
Sie rümpfte die Nase und wandte sich ab.
Als Peter am nächsten Morgen seine kostbaren grauen Wallache durch den Londoner Verkehr lenkte, stand ihm die ganze Zeit der Ausdruck auf Elizabeths Gesicht vor Augen, als sie ihn auf Lady Marlowes Dinnerparty verlassen hatte. Als sie einem anderen Mann erlaubte, ihre Hand zu nehmen und sie auf die Tanzfläche zu führen, sah sie irgendwie ängstlich aus.
Das Herannahen eines Landauers riss ihn aus seinen Gedanken. Der Wagen kam zu schnell um eine Ecke gebraust, und nur seinen schnellen Reflexen war es zu verdanken, dass ein Unfall verhindert wurde. Er warf dem Kutscher des Gefährts, der wütend die Faust schüttelte, einen finsteren Blick zu und gab sich wieder seinen Grübeleien hin.
Seine Mutter war nicht
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