Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
man mit deiner Kutsche fahren kann.«
»Stets zu Diensten, Lady Elizabeth«, sagte er und packte die Picknicksachen zusammen. Aus Furcht vor weiteren Ameisenattacken rührte sie keinen Finger. Peter musste lächeln. Sie hatte sich tatsächlich gewaltig verändert.
Als sie zum Phaeton zurückgingen, winkte sie einer vorbeifahrenden Kutsche zu, und er bemerkte einen Ausdruck auf ihrem Gesicht, den er nicht zu deuten wusste. »Wer war das?«, fragte er.
»Lucinda Gibson und ihr Bruder«, meinte sie leichthin. »Komm, lass uns schnell machen, damit wir sie einholen.«
Während er seinem Burschen den Korb reichte, kletterte sie ohne seine Hilfe vorne auf den Wagen.
»Du hättest auf mich warten sollen«, sagte er, während er sich neben sie setzte.
»Warum?«, fragte sie, ohne ihn anzuschauen. Sie beugte sich vor, und ihm schien, als habe sie es schrecklich eilig.
Peter nahm die Zügel auf und lenkte die Pferde auf den Weg zurück. »Warum? Weil wir ein sehr anrührendes Schauspiel geboten hätten, falls ich dich mit zitternden Händen auf den Sitz gehoben hätte.«
»Du solltest Liebesromane schreiben«, meinte sie etwas abwesend und ohne ihn anzuschauen.
Sie wirkte zerstreut, dachte an etwas ganz anderes. Nur wusste er nicht, warum sie plötzlich das Interesse daran verloren hatte, den anderen etwas vorzuspielen. Und so kam er ihrer Aufforderung nach, ohne noch etwas zu sagen, ließ die Pferde antraben und dann in einen leichten Galopp fallen.
Als sie die Kutsche der Gibsons eingeholt hatten, winkten die beiden Freundinnen einander zu. Peter kannte den jungen Baron zwar, war ihm aber nie vorgestellt worden. Trotzdem musterte William Gibson Peters neuen Phaeton und trieb seine Pferde zum Galopp an, sodass er an ihnen vorbeizog.
»Schneller, Peter«, rief Elizabeth und klammerte sich am Sitz fest.
Er warf einen Blick nach hinten, überzeugte sich, dass der Bursche und das Mädchen sich gut festhielten, und trieb seine Pferde weiter an. Elizabeths Begeisterung war ihm Dank genug. Ihre Haube drohte ihr vom Kopf zu fliegen, die Frisur darunter löste sich auf, und dunkle Strähnen wehten ihr ins Gesicht. Ihre Augen strahlten, und ein aufgeregtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Als sich ihre Blicke trafen, lachte sie laut auf.
Wenn er sie weiterhin ansah, würde er noch die Kontrolle über sein Gespann verlieren, dachte Peter und konzentrierte sich wieder aufs Fahren. Sobald sie als Erste am Ende des Parks ankamen, zügelte er seine Pferde und gönnte ihnen eine Ruhepause. Gibson schloss neben ihm auf, und beide Kutschen fuhren langsam einen Bogen.
»Das war aufregend«, rief Elizabeth.
Lucinda Gibson hingegen ließ sich gegen ihren Bruder sinken und schloss die Augen.
»Ich glaube, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden«, sagte Gibson.
»Verzeih«, bat Elizabeth. »William, das ist Mr Peter Derby. Peter, das ist Baron William Gibson. Du kennst seine Schwester Lucinda.«
»Mylord.« Peter nickte »Miss Gibson, ich hätte nie gedacht, dass Sie so ein gefährliches Rennen genießen würden.«
Lucy schüttelte sich. »Genießen ist nicht ganz das richtige Wort, Mr Derby. Ich dachte die ganze Zeit, ich würde aus der Kutsche geschleudert.« Sie versetzte ihrem Bruder einen Rippenstoß. »Manchmal übertreibst du es ganz schön mit deiner Freude an Wettrennen.«
Gibson grinste.
»Ich liebe Wettrennen.« Elizabeth versuchte, ihr vom Wind zerzaustes Haar zu bändigen.
Als Peter ihr eine Locke, die sie übersehen hatte, hinters Ohr strich, wurden ihre Augen bei der Berührung ganz groß, aber sie wich nicht vor ihm zurück. Offensichtlich sollten die Gibsons ebenfalls an die Verlobung glauben. Er fragte sich allerdings, was sie ihrer Freundin anvertraut hatte. Nicht alles vielleicht, doch vermutlich etwas schon. Er beschloss, Lucinda Gibson bei nächster Gelegenheit vorsichtig auszufragen.
Ihr Bruder tippte sich an die Hutkrempe. »Wir kommen zu spät zu einer Verabredung. Habe mich gefreut, Sie kennenzulernen, Derby.«
Peter nickte ihm zu, und als die Geschwister davonfuhren, schaute Elizabeth freudig zu ihm auf.
»Das habe ich sehr genossen«, erklärte sie. »Du weißt tatsächlich, wie man einer jungen Dame den Hof macht, Peter Derby.«
»Aber nur, wenn die junge Dame Wettrennen und Picknicks mag.«
»Wie ich. Jetzt kannst du mich wieder nach Hause bringen, denn meine Mutter wartet sicherlich bereits ungeduldig darauf, mit mir zu reden. Bis jetzt hast du sie ziemlich beeindruckt.«
»Ich nehme an,
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