Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
Wesen will sich befreien.«
Sie war froh, dass ein Lakai den Schlag öffnete, denn sonst hätte sie ihm bestimmt einen Klaps versetzt. Sie fühlte sich plötzlich völlig überfordert von dieser Scharade, so notwendig sie auch sein mochte.
Mrs Derby begrüßte sie in der Eingangshalle und versank in einem tiefen Knicks, der so untertänig war, dass es ihre junge Besucherin peinlich berührte.
Sie zog sie hoch. »Bitte, Mrs Derby, es besteht kein Anlass für diese Förmlichkeit. Schließlich werde ich bald Ihre Tochter sein.«
Während die alte Dame vor Freude errötete und lächelte, wirkte Mary Anne, die neben ihrem Bruder James auf der Schwelle zum Salon wartete, eher ungehalten. Elizabeth hätte am liebsten laut geseufzt. Auf rasche Fortschritte durfte sie bei Peters Schwester offenbar nicht hoffen.
Eine leise, mahnende Stimme in ihrem Innern sagte jedoch, dass Mary Anne sich durchaus richtig verhielt und sich nicht täuschen ließ wie alle anderen.
Sobald Christopher zurück war, würde es schließlich vorbei sein mit der Verlobung, und dann hätte Mary Anne endgültig einen Grund, sie aus tiefster Seele zu hassen. Niemals würde sie es ihr verzeihen, dass sie ihrem Bruder, den sie über alles liebte, das Herz gebrochen hatte.
Falls er überhaupt eines besaß, dachte Elizabeth spöttisch und bedachte ihn mit dem liebevollsten Lächeln, das ihr zur Verfügung stand.
Dann nahm sie den Arm der immer noch verwirrten Mrs Derby und ließ sich von ihr in den Salon geleiten.
»Ich habe es einfach nicht kommen sehen«, meinte Peters Mutter und schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht, Madam. All diese Jahre habe ich Ihren Sohn immer nur als Freund betrachtet.«
»Und was hat Ihre Meinung geändert?«, fragte Mary Anne.
Elizabeth ignorierte den streitlustigen Tonfall und blickte zu Peter auf. »Es ist jetzt schon mehrere Jahre her, dass ich in die Gesellschaft eingeführt worden bin, und mir haben sich viele Männer vorgestellt und mir den Hof gemacht. Doch keiner von ihnen schien es mit Peter aufnehmen zu können.«
James gab einen verächtlichen Laut von sich, und Peter sah seinen Bruder böse an. Mrs Derby schniefte ein wenig und tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch.
Mary Anne blieb unverändert argwöhnisch. »Und was ist, wenn der Duke of Madingley zurückkommt? Er wird bestimmt auch ein Wörtchen bei Ihren Plänen mitreden wollen.«
»Meine Mutter hat der Verbindung zugestimmt«, erwiderte Elizabeth fröhlich. »Und Peter wird wissen, wie er sich zu verhalten hat, wenn er mit meinem Bruder den Ehevertrag bespricht. Schließlich kennt er ihn gut genug. Ich kann es kaum erwarten, denn anschließend wollen wir sofort den Termin festlegen.«
»Warum haben Sie es so eilig?«, fragte Peters Schwester.
»Mary Anne«, rief Mrs Derby empört. »Das ist nun wirklich zu vorlaut, junge Dame.«
»Nein, bitte, ich verstehe das«, mischte Elizabeth sich eilig ein. »Mary Anne, Sie haben alles Recht, mich das zu fragen. Vielleicht kann ich Ihnen Ihre Befürchtungen nehmen, wenn wir uns auf einem gemeinsamen Ausritt oder einer Ausfahrt ein wenig unterhalten.«
Wenn sie es schaffte, Peter in Bezug auf seine Schwester zu helfen, würden die Schuldgefühle vielleicht nicht mehr so schwer auf ihr lasten, hoffte sie.
Mary Anne öffnete schon den Mund, um auch dieses Angebot abzulehnen, als ihre Mutter in die Hände klatschte. »Wie schön, Lady Elizabeth! Mary Anne wird Sie sicherlich gerne begleiten.«
Elizabeth rechnete eigentlich damit, dass die junge Frau trotzdem Einwände erhob, aber beide Brüder sahen sie mahnend an, und so wurde am Ende ihr Schweigen als Zustimmung genommen.
»Fein, ich hole Sie morgen früh um neun ab«, sagte Elizabeth.
Mary Anne nickte kurz.
Mrs Derby wandte sich wieder ihrer künftigen Schwiegertochter zu. »Peter hat mir erzählt, dass Ihre Mutter eine Verlobungsfeier auszurichten gedenkt. Ich möchte gerne meine Hilfe anbieten.«
»Aber natürlich! Wenn Sie ihr eine Liste Ihrer Verwandten und Freunde zukommen ließen, die eine Einladung erhalten sollen …«
»Oh, sie werden alle kommen wollen«, sprudelte Mrs Derby aufgeregt hervor. »Ein paar Verwandte leben zwar etwas weiter im Norden, doch wenn es ihnen früh genug mitgeteilt wird, werden sie sich dieses wundervolle Ereignis kaum entgehen lassen.«
»Du meinst Tante Virginia und Onkel Cecil?«, fragte James. »Die haben wir schon lange nicht mehr gesehen.«
Die Einzige, die sich auch zu diesem Thema nicht äußerte, war
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