Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
andere drängten sich ebenfalls darum, mit ihr zu tanzen. Allerdings bedachte er jeden, der sie ihm entführte, mit einem warnenden Blick, um wortlos darauf hinzuweisen, dass sie zu ihm gehörte.
Sofern er sich nicht gerade selbst auf der Tanzfläche befand, denn auch er war sehr begehrt an diesem Abend, allerdings nicht nur als Tänzer. Viele der jungen Ladys wollten von ihm vor allem weitere Einzelheiten erfahren und versuchten, ihn einem regelrechten Verhör zu unterziehen. Kaum jemand konnte begreifen, dass eine Lady aus allerersten Kreisen, die Schwester eines Duke zudem, sich für einen Mann entschieden hatte, der gesellschaftlich so weit unter ihr stand. Er amüsierte sich köstlich, während er flirtete, schmeichelte und seine Späße mit ihnen trieb.
Schließlich holte er sich ein Glas Champagner und stellte sich eine Weile an den Rand des Parketts, um Elizabeth zu beobachten. Wenn einer der Männer, die mit ihr tanzten, ihr in letzter Zeit zu nahe getreten war, so ließ sie sich das nicht anmerken. Sie wirkte im Gegenteil rundherum zufrieden und glücklich, und er sah sie mehr als einmal lachen.
»Sie haben die schönste Blume im Garten gepflückt.«
Peter drehte sich um und sah sich einer älteren Dame gegenüber, die ihm kaum bis zur Schulter reichte. Sie trug einen Turban, unter dem feine weiße Haarbüschel hervorlugten, und ein Tuch um die Schultern gelegt, obwohl es im Ballsaal so heiß war wie in einer Wüste zur Mittagszeit. Peter kannte sie und wusste sehr wohl, dass sie keineswegs so zart und gebrechlich war, wie sie wirkte.
»Guten Abend, Miss Bury – Verzeihung, ich meine natürlich Mrs Fitzwilliam.«
Die Lady kicherte. »Ich habe Mr Fitzwilliam heute Abend zu Hause gelassen. Er pflegt bei solchen Veranstaltungen immer einzuschlafen – und zudem fühlt er sich seit seiner Eskapade, die unsere Eheschließung für ihn bedeutete, immer noch ganz erschöpft!«
Peter lachte. »Sie haben sich mit dem Heiraten viel Zeit gelassen, Madam, aber ihre Beharrlichkeit, auf den Richtigen gewartet zu haben, verdient Anerkennung.«
»Es dauerte eine Weile, bis ich wusste, was ich wollte, junger Mann. Ich kenne Mr Fitzwilliam seit meiner Jugend, hatte aber nicht das Gefühl, ihn genug zu lieben, um ihn zu heiraten. Er musste erst einmal ruhiger werden.«
Peter dachte an Fitzwilliam, der immer in einem Ohrensessel schlief, wenn er in den Leseraum seines Clubs kam. Man konnte sich kaum vorstellen, dass der alte Mann früher ein feuriger Galan gewesen war.
»Ich bin stolz darauf, meist richtig voraussagen zu können, wer mit wem zusammenkommen wird«, erklärte die kleine Dame.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie auf mich als Lady Elizabeths zukünftigen Ehemann gewettet haben.«
Sie ließ erneut ein mädchenhaftes Kichern ertönen. »Ich war mir ganz sicher, dass Ihre Verlobte Lord Bakewell heiraten würde.«
»Den Erben der Marchioness of Ashborne?« Peter fragte sich unwillkürlich, ob das der Mann war, dem Elizabeths Herz gehörte. »Er wäre die perfekte Wahl für ein Mädchen aus herzoglichem Haus gewesen.« Nein. Elizabeth hatte erwähnt, dass der Betreffende keinen bedeutenden Titel vorweisen konnte.
»Und dann war da noch Lord Dekker.«
Der versucht hatte, Elizabeth nach draußen auf eine Terrasse zu zerren. Aber er kam als Herzenskandidat noch weniger infrage, denn sonst wäre sie vermutlich bereitwillig mitgegangen.
Ein wenig reserviert erwiderte Peter: »Er hat mir gegenüber sein Interesse an ihr sehr offen zugegeben.«
Mrs Fitzwilliam schaute zu ihm auf, und ihre hängenden Lider sanken noch mehr nach unten, als sie ihn mit schmalen Augen ansah. »Sie sind sehr besitzergreifend, mein Junge. Das gefällt mir.«
Ehe er etwas sagen konnte, traten zwei weitere ältere Damen zu ihnen, sodass Peter sich vorkam wie ein Baum zwischen lauter Büschen. Sie fragten ihn recht dreist in Bezug auf die überraschende Verlobung aus und diskutierten über alle Gentlemen, die um Elizabeth »herumscharwenzelt« seien.
Als sich ihm die Gelegenheit zur Flucht bot, nutzte er sie, blieb allerdings in der Nähe, um weiter ihre Gespräche belauschen zu können. Zum Glück redeten sie aufgrund ihrer fortgeschrittenen Schwerhörigkeit laut genug, doch er erfuhr nichts Wichtiges, außer dass sich viele junge Männer Hoffnungen auf diese begehrte Partie gemacht hätten. Kein einziger Name wurde in besonderer Weise hervorgehoben.
Wer zum Teufel war also dieser Mann, den Elizabeth sich zu lieben
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