Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
sein sollte. Er mit seinem ewigen Drang, sich und anderen etwas zu beweisen. Du hast mich gewarnt …«
»Aber du bist nicht wie er – und hast dich auch nie beweisen müssen.«
»Nicht? Was denkst du denn, was ich hier gerade mache? Vielleicht versuche ich zu beweisen, dass ich begehrenswert bin. Nur weil ein Mann mich nicht will, muss mich ein anderer wollen.«
»Elizabeth …«
»Peter, bei uns allen stimmt etwas nicht. Denk bloß daran, dass ein Duellgegner von Christopher seitdem gelähmt ist. Wenn du das nicht unbeherrscht findest …«
»Das war ein Unfall. Michael Preston schlug sich den Kopf auf. Und er war derjenige, der deinen Bruder zum Duell herausgefordert hat. Außerdem soll es ihm wieder besser gehen.«
»Das spielt keine Rolle. Chris ist einfach völlig unbeherrscht. Und kommt zudem nicht darüber hinweg, dass unser Vater ihn als seinen Nachfolger für ungeeignet hielt und glaubte, er werde den Familienbesitz und sein Ansehen ruinieren.«
»Das ist aber nicht passiert.«
»Nein, zum Glück nicht. Nur war ich so arrogant und dachte tatsächlich, dass ich solche Probleme gar nicht hätte! Und merke jetzt, wie es wirklich um mich steht. Ich schaffe es ja nicht einmal, dem Mann, dem angeblich meine Liebe gehört, treu zu sein.«
»Du bist zu streng mit dir, mein Liebling. Dieser namenlose Mann weiß nicht einmal von deinen Gefühlen.«
»Eigentlich wollte ich sie ihm zeigen«, flüsterte sie. »Nur bin ich mir da inzwischen nicht mehr so sicher.«
Sie rückte von ihm ab, und Peter machte keinen Versuch, sie aufzuhalten. Zu sehr war er beschämt, sie in diese Situation gebracht zu haben. Hatte er denn nichts aus seinen Fehlern gelernt, die nicht zuletzt darin bestanden, dass er immer im Recht zu sein glaubte? Außerdem hätte er Elizabeths Schmerz, ihre Verwundbarkeit spüren müssen.
Schweigend zogen sie sich wieder an, und sie ließ es sogar zu, dass er ihr half, das Korsett zu schnüren, die Unterröcke zuzubinden und die Knöpfe des Kleides zu schließen. Als Letztes zog sie das Umschlagtuch so eng um sich, dass es fast so aussah, als müsste sie sich vor einem Angriff von seiner Seite schützen.
Er unterdrückte einen Seufzer, hob die Hand und klopfte gegen das Dach der Kutsche, um dem Kutscher das verabredete Zeichen zu geben.
Elizabeth klang resigniert: »Wenn ich gewusst hätte, dass es so einfach ist, hätte ich es auch selbst tun können.«
Er zog fragend eine Augenbraue hoch.
»Nein, nein, das stimmt nicht. Ich habe gar nicht versucht, dir zu entkommen.«
»Vielleicht konntest du einfach vor dem, was wir fühlen, nicht fliehen.«
Mit ausdrucksloser Miene erklärte sie leise: »Trotzdem ist es falsch von unseren Körpern, so zu reagieren.«
Er war sich nicht sicher, ob sie ihn absichtlich missverstand oder tatsächlich so unschuldig war. Jedenfalls ließ er es dabei bewenden.
Mary Anne hatte sich erstaunlicherweise zu einem Einkaufsbummel mit Elizabeth bereit erklärt, auch wenn sie das vor sich als Strafe für das verlorene Wettreiten deklarierte. Peter begleitete sie nach Madingley House, wo sie im Salon noch eine Weile auf Elizabeth warten musste.
In diesem Palast gab es doch bestimmt ein Billardzimmer, dachte sie und fragte sogleich einen der zahlreichen Lakaien, die überall herumstanden oder -liefen.
Voller Ehrfurcht blieb sie auf der Schwelle zum Billardzimmer stehen. Es gab in der Tat zwei Tische, über denen spezielle Lampen ein warmes Licht spendeten. Die Queues befanden sich in Gestellen an der Wand. Sie nahm eines heraus, bewunderte die erlesene Verarbeitung und legte die Kugeln auf dem Tisch zurecht.
»Ihnen scheint der Lesestoff ausgegangen zu sein.«
So unerwartet angesprochen zuckte sie zusammen und war froh, nicht gerade zum Stoß angesetzt zu haben. Überrascht stellte sie fest, dass Lord Thomas Wythorne mit lässiger Eleganz am Türrahmen lehnte. Sie hatte ihn auf dem Ball der Ludlows gesehen, als er mit Elizabeth tanzte. Zweifellos war er gut aussehend, fand sie, aber dabei ein typischer Aristokrat und ein selbstbewusster Mann, der sich seiner Stellung nur allzu bewusst war.
Während es für sie eine eher ferne Welt war, vermittelte er mit seinem wissenden Lächeln den Eindruck, als wüsste er alles über sie und würde all ihre Schwächen kennen. Sie versteifte sich. Kein Wunder, dass Elizabeth ausgesehen hatte, als würde sie am liebsten vor ihm flüchten. Doch dann reckte sie entschlossen das Kinn und meinte kühl: »Wir sind einander nicht
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