Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
vorgestellt worden.«
Er kam mit lässiger Anmut auf sie zu. Während er sich vor ihr verbeugte, blieb sein Blick auf ihr Gesicht geheftet. »Thomas Wythorne.«
»Vergessen Sie nicht das Lord vorweg. Es schwingt ohnehin in Ihrem Tonfall mit.«
Er lachte amüsiert. »Dann kennen Sie mich also bereits.«
»Ich habe Sie mit Lady Elizabeth tanzen sehen, und da sie bald meine Schwägerin sein wird, interessierte es mich natürlich, wer Sie sind.«
In seinen Augen begann es zu funkeln. »Schwägerin? Dann müssen Sie Peter Derbys Schwester sein.«
»Eine brillante Schlussfolgerung, Mylord.« Mary Anne achtete normalerweise sorgsam darauf, nie mit einem Mann in einem Zimmer allein zu sein – vor allem einem, der eine derart gefährliche Ausstrahlung besaß. Sie spürte, dass ein leichtes Beben durch ihren Körper ging, aber irgendetwas an seinem Anspruchsdenken ärgerte sie, und so sprach sie freimütiger, als es sonst ihre Art war.
Sie hielt das Queue wie einen eleganten Spazierstock, während sie ihm direkt ins Gesicht sah. »Und jetzt noch eine brillante Schlussfolgerung von mir«, fuhr sie fort. »Sie statten hier gerade einen Besuch ab, genau wie ich.«
»Ich vertreibe mir die Zeit, während meine Mutter und die verwitwete Duchess of Madingley Klatsch und Tratsch austauschen.«
Klatsch und Tratsch. Das war wohl das Einzige, was Frauen seiner Meinung nach im Kopf hatten. Der Gedanke versetzte sie in Wut.
»Spielen Sie?«, fragte er. »Oder plagt Sie nur die Langeweile?«
Sie setzte eine bedauernde Miene auf. »Mein Bruder hat mir zwar die Regeln erklärt, allerdings bisher keine Zeit gefunden, mit mir zu üben.«
»Ich kann mir vorstellen, dass Lady Elizabeth eine sehr anspruchsvolle Verlobte ist.«
In seiner Stimme schwang ein leicht fragender Tonfall mit, der sie neugierig genug machte, ihm wieder in das attraktive Gesicht zu schauen. »Nun, Sie haben gerade erst ihre Verlobung verkündet, und da gibt es eine ganze Menge zu regeln.«
»Die plötzliche Verlobung hat Sie nicht überrascht?«, fragte er beharrlich nach.
Wie auch immer es um ihre Gefühle in dieser Sache bestellt sein mochte, ihn jedenfalls ging das Ganze absolut nichts an. »Überhaupt nicht. Peter hat erreicht, was er wollte.«
Er runzelte kurz die Stirn, und sie dachte schon, er würde dazu einen Kommentar abgeben, doch nichts dergleichen geschah. Thomas Wythorne holte sich ein Queue und kam zu ihr an den Billardtisch.
»Da wir uns beide die Zeit vertreiben müssen«, meinte er, »könnten wir eigentlich eine Partie spielen, oder?«
Er tappte in die Falle, die sie für ihn aufgestellt hatte.
»Sie werden mich bestimmt schlagen und keinen Spaß an einem Gegner wie mir finden. Außerdem spielen Sie normalerweise sicherlich um Geld. Mit ebenbürtigen Partnern, meine ich.«
»Ich wäre auch bei Ihnen bereit dazu«, sagte er.
Sie riss die Augen auf. »Wirklich? Sie würden mit mir um Geld spielen? Wie verrucht!« Zum Glück hatte sie ein paar Pfund in der Tasche stecken, die sie gleich eilfertig hervorkramte und auf den grünen Belag des Tisches legte.
Er grinste. »Werden sie dort nicht im Weg sein?«
»O ja, Sie haben natürlich recht.« Sie nahm das Geld wieder an sich und lächelte zu ihm auf. »Machen Sie sich gar nicht erst die Mühe, ihre Geldbörse hervorzuholen, Mylord. Wir wissen beide, wie das Ganze ausgehen wird. Aber lassen Sie uns beginnen. Sie fangen an.«
Er verrieb Kreide auf der Spitze seines Queues. »Wissen Sie, wie die Variante English Billiards geht?«
Sie zögerte bewusst und ließ sich Zeit mit der Antwort. »Mit zwei weißen Kugeln und einer roten?«
Er nickte, und sie musste ihm widerwillig zugutehalten, dass er nicht allzu herablassend wirkte.
Dann begann das Spiel, und er fing an, Punkte zu machen, während sie sich bemühte, einen verwirrten und unsicheren Eindruck zu erwecken. Insbesondere das mädchenhafte Gekicher beherrschte sie perfekt, hatte es fast zur Kunstform vervollkommnet.
Als sie ihre Kugel auch noch vom Tisch fegte, sagte sie schuldbewusst. »Ach, du meine Güte, das ist ein schwerer Fehler, nicht wahr? Zwei Punkte für Sie.«
Sie ließ ihm reichlich Zeit, seine Führung auszubauen, ehe sie befand, dass sie ihn lange genug zum Narren gehalten hatte, und wie zufällig Punkte zu sammeln begann. Dabei tat sie so, als hätte sie etwas ganz anderes geplant, und wunderte sich ganz aufgeregt, wenn sie eine Kugel versenkte.
Als ihr Rückstand auf wenige Punkte geschmolzen war, lehnte Thomas
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