Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
Punkt, weswegen ich es dir nicht sagen wollte. Es ging um das Gemälde. Irgendwie hat er davon Wind bekommen und ließ mich wissen, er werde dafür sorgen, dass niemand sonst davon erfährt, sofern ich ihn heirate. Andernfalls sei der Skandal perfekt. Du hattest mir genau aus diesem Grund meinen Leichtsinn vorgehalten, und prompt passiert es.«
»Also muss noch jemand anders davon wissen? Dekker?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Bisher hat sich keiner in dieser Hinsicht geäußert, und Wythorne nannte keinen Namen. Er ging felsenfest davon aus, dass ich ihn unter diesen Umständen bestimmt heiraten würde. Aber das wollte ich nicht, und weil mir nichts anderes einfiel, habe ich ihm erzählt, dass ich verlobt sei. Natürlich glaubte er mir nicht, und deshalb musste es echt wirken.«
Sie schwieg eine Weile, bevor sie fortfuhr. »Nachdem er weg war, zermarterte ich mir das Hirn, um eine Lösung für den Schlamassel zu finden, den ich angerichtet hatte, und da fielst du mir ein. Ich wollte dich nie verletzen und habe es durch meine Gedankenlosigkeit doch getan. Ich bin nicht besser als Thomas.«
»Wovon redest du überhaupt?«
»Begreifst du denn nicht?« Sie beugte sich vor und drückte ihre Hände gegen seine Brust. »Ich bin genau wie Thomas, weil ich ebenfalls immer alles bekomme, was ich mir in den Kopf setze. Und wenn es mal nicht so läuft wie geplant, dann greife ich wie er zu miesen Tricks.«
Er griff nach ihren Händen, die immer noch auf seiner Brust ruhten. »Elizabeth, geh nicht so hart mit dir ins Gericht.«
»Es stimmt doch. Als Thomas nicht das bekam, was er wollte, verlegte er sich auf Drohungen und Einschüchterungsversuche. Meine Reaktion war eine Scheinverlobung, um über Thomas zu triumphieren und um einen anderen für mich zu gewinnen. Beide denken wir nicht an die Gefühle anderer Menschen, sondern nur an unseren eigenen Vorteil. Solange wir unseren Willen bekommen, ist alles gut.«
»Du warst verzweifelt, Elizabeth.«
»Und ich habe dich benutzt! Und tue es immer noch, die ganze Zeit. Was kann ich unternehmen, um nicht mehr diese Schuld auf mich zu laden?«
Er starrte sie an und wünschte sich sehnsüchtig, er könnte ihr sagen, dass er eine echte Verlobung wollte. Doch er fürchtete sich davor, sie gänzlich zu verprellen und für immer zu verlieren. Was sie brauchten, das war ein echter Neuanfang. Ohne Täuschungsmanöver und Scheinverlobungen, aber auch ohne gemeine, kränkende Wetten.
Er hoffte inständig, dass es ihnen gelingen würde.
Er trat zurück, ließ ihre Hände los. »Das Einzige, was wir jetzt tun können, besteht darin, diese Scheinverlobung zu beenden, wie wir es von Anfang an geplant haben.«
Ein merkwürdiger Blick aus ihren Augen traf ihn, und er wusste nicht zu sagen, was er ausdrückte. War es Erleichterung oder Schmerz?
Erleichterung, dass die Lügen ein Ende haben würden, oder Schmerz, weil sie nicht mehr so eng verbunden wären? Letzteres zu glauben verbot er sich und hoffte dennoch wider alle Vernunft darauf, wenn er an die Nähe, die Intimitäten und die Leidenschaft dachte, die sie geteilt hatten.
»Wir werden so tun, als ob die Spannungen zwischen uns wüchsen«, fuhr er fort. »Bestimmt wurden unsere Differenzen in der Oper bereits registriert. Zudem schränke ich künftig meine Besuche bei dir ein.«
»Oh«, sagte sie bloß und runzelte die Stirn, sank dann auf einen Stuhl neben dem Fenster. »Weißt du, was ich mittlerweile über mich selbst erkannt habe, Peter?«
Er setzte sich neben sie.
»Weil ich mein ganzes Leben lang sicher und behütet war, bin ich letztlich unfähig, für mich selbst einzustehen. Ich habe dich letztlich zu einer Verlobung überredet, um stellvertretend für meinen Bruder in dieser Situation einen Beschützer an meiner Seite zu haben.«
»Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin, Elizabeth.«
»Ja schon, aber trotzdem muss ich für mich selbst einstehen können. Und für meine Fehler oder die Folgen meines Leichtsinns. Ich denke, ich sollte meinem Bruder die Wahrheit über das Gemälde erzählen. Dann bin ich eine Last los, die mir auf der Seele liegt, und zugleich nicht mehr erpressbar.«
»Du solltest gut darüber nachdenken. Ich weiß nicht, wie Christopher die Sache beurteilt. Denk noch einmal darüber nach.«
»Das werde ich. Ich habe ja noch ein wenig Zeit. Wichtig ist bloß, dass ich die volle Verantwortung für den ganzen Schlamassel übernehme. Verstehst du das?«
Er hob beide Hände.
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