Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
»Vollkommen.«
Und dann sah er sie einfach nur noch an.
»Was ist?«, fragte sie schließlich.
»Du trägst die Verantwortung. Also sag mir, was wir tun sollen.«
Sie dachte einen Moment lang nach und trommelte dabei mit den Fingerspitzen auf die Armlehne. »Ich denke, du solltest aus dem Zimmer stürmen und die Tür hinter dir zuknallen.«
»Und was sagst du, worüber wir uns gestritten haben?«, fragte er sanft.
Sie überlegte. »Haben wir irgendetwas getan, das jetzt zwischen uns steht?«
»Küssen.«
Sie sahen einander einen langen, sinnlichen Moment schweigend an.
Sie schüttelte den Kopf. »Darüber können wir uns nicht streiten.«
»Warum nicht?«
»Das ist … zu persönlich.« Sie wich seinem Blick aus.
»Dann vielleicht darüber, dass es dir zu sehr gefällt. Erinnerst du dich? Du wolltest alles, was ich dir beibringe, eigentlich an William ausprobieren.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein, ich habe meine Meinung geändert. Ich könnte unmöglich … Nein, niemals …«
Das, was sie geteilt hatten, mit einem anderen tun? Seine Hoffnung, sie vielleicht doch für sich zu gewinnen, stieg. Wenn sie William nicht küssen wollte, dann war das ein gutes Zeichen. Ein sehr gutes sogar, wie er fand.
»Was ist mit Geld als Streitthema?«, fragte sie.
»Das würde glaubwürdig klingen zwischen einem Bürgerlichen und der Tochter und Schwester eines Duke.«
»Gut. Ein perfekter Grund, warum es zu Spannungen zwischen uns kam.« Sie klang etwas zuversichtlicher.
»Aber du weißt, dass es deshalb nie welche zwischen uns geben würde, nicht wahr?«, fragte er ernst.
»Ich weiß«, sagte sie und schaute weg.
Peter stützte sich auf die Armlehnen und stand auf. Er ging quer durch den Raum, öffnete die Tür und schaute in beide Richtungen. Obwohl er niemanden sehen konnte, wusste er, dass die langen, hallenden Flure den Lärm durchs ganze Haus tragen würden.
Er stand in der offenen Tür und sagte laut: »Darüber werden wir reden, wenn dein Bruder zurück ist.«
Elizabeth kam schnell zur Tür gerannt. »Das hast nicht du zu bestimmen«, rief sie, schlug sich die Hand vor den Mund und sah ihn mit großen Augen an.
»Das werden wir sehen.« Er verbeugte sich und schenkte ihr noch ein kurzes Lächeln, ehe er zur Tür hinausmarschierte und sie hinter sich zuknallte.
Es war nicht schwer, mit finsterer Miene durchs Haus zur Eingangstür zu gehen. Das Ende ihrer Scheinverlobung war eingeläutet. Nur konnte er eine echte herbeiführen?
Dienstboten schauten ihm verwundert nach, desgleichen Abigail, die junge Duchess of Madingley, aber er ging wortlos an ihnen vorbei. Jetzt musste er überlegen, wie es weitergehen sollte. Was nicht zuletzt von Elizabeth abhing, die zunächst einmal erleichtert schien, dass Täuschungen und Ausnutzen ein Ende hatten.
Er musste ihr beweisen, dass sie Unrecht hatte mit ihren Selbstvorwürfen.
Kapitel 20
Elizabeth dachte eigentlich, dass sie diese Nacht beruhigt schlafen würde, denn schließlich hatte sie dem Lügen und Täuschen ein Ende bereitet. Und bis ihr Bruder zurückkehrte, wollte sie gründlich reinen Tisch gemacht haben.
Die Auflösung der Verlobung war der erste Schritt, und offensichtlich hatte ihr Streit glaubwürdig geklungen. Selbst Abigail erkundigte sich, ob irgendetwas nicht stimmte. Bloß ein Missverständnis, wehrte sie ab und flüchtete sich in ihr Zimmer.
Obwohl ihr Gewissen jetzt weniger belastet war, fand sie keine Ruhe. Überall meinte sie Peter zu sehen: wie er sich über ihr Badewasser beugte, wie seine Lippen ihren Mund suchten. Zarte Küsse, leidenschaftliche Küsse.
Wünschte er sich wirklich eine echte Verlobung? Warum schlug er dann vor, sich zunächst zu trennen? Sie fürchtete, es könnte ihn zurückziehen zu seinem sorglosen, lockeren Junggesellendasein. Zurück zu raffinierten, erfahrenen Frauen. Vielleicht hatte er ja genug von einer naiven Unschuld wie ihr.
Nein, irgendwie glaubte sie nicht daran, denn sobald von William die Rede war, blitzte in seinen Augen so etwas wie Eifersucht auf – ein deutliches Zeichen, dass ihm eine Menge an ihr lag. Es musste einen anderen Grund geben, warum er sich erst einmal trennen wollte, und irgendwie schien alles auch mit dem Geheimnis zu tun zu haben, das er ihr nicht verraten wollte, und mit der verräterischen Schussverletzung.
Warum aber beschäftigte und verwirrte sie die ganze Sache so über Gebühr? Weil sie vielleicht nicht wollte, dass die Verlobung gelöst wurde? Weil sie womöglich
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