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Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

Titel: Von Tod und Wiedergeburt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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ihnen im nächsten Leben nicht wiederzubegegnen. Der beste Selbstschutz für ihn in dieser Lage ist, alle Gefühle von Rache und Schuld bewusst loszulassen und auch sich selbst zu verzeihen. Die Einsicht, dass alles Schlechte letztendlich aus Dummheit und nicht aus Bosheit geschieht und dementsprechende Ergebnisse für die Verursacher bringen wird, sollte diesen entscheidenden Schritt erleichtern. Negative Gefühle aufzulösen und gute Wünsche zu hegen, ist für den Sterbenden und Nahestehende gleichermaßen wichtig.
    Gelingt es wenigstens begriffsmäßig, das Sterben so zu sehen, als würde man die Kleider wechseln, wird es für alle leichter. Man teilt ja nach einem gemeinsamen Leben dauerhafte Einsichten und Erfahrungen, was die Möglichkeit eröffnet, sich in weiteren Leben wiederzubegegnen. Was man jetzt voneinander denkt, wie man sich begegnet und was man den anderen wünscht, prägt daher wesentlich die gemeinsame Zukunft. Sich bewusst auf Glück und Bedeutungsvolles auszurichten, schafft Überschuss und langfristig nur Sinn.
    Man sollte den Sterbenden unbedingt darin unterstützen, dass er nicht mit unnötigen oberflächlichen Themen vom Wesentlichen abgehalten wird. Statt sich in kleinlichen Erinnerungen zu verlieren, gilt es, freundlich und großzügig alles abzuklären, alles Störende loszulassen, so gut es eben geht, und sich dann auf die Befreiung aus dem jetzt einengenden und schmerzenden Körper einzustellen. Es ist viel wichtiger, sich mit dem Wesen des Geistes auseinanderzusetzen und zu verstehen, dass er jenseits von Tod und Geburt ist. Am besten bereitet man den Sterbenden auf das Gehen vor, indem man ihm immer wieder bewusstmacht, dass sich das Schönste, was man sich überhaupt vorstellen kann, oberhalb seiner Schädelspitze befindet und er dorthin gehen will. Die Kunst besteht darin, die ganze »Angelegenheit« nicht persönlich zu nehmen, da jedes Wesen früher oder später sterben wird.

Die Sechs Befreienden Taten
    Viele wünschen sich, der Tod möge möglichst spät und dann schmerzlos und ohne Krankheit eintreten: fernsehen, einschlafen, ausatmen, fertig. Liest man die Todesanzeigen oder schaut in die Krankenhäuser, stellt man jedoch schnell fest, dass es nur wenigen so ergeht. Laut Statistik haben nur etwa drei Prozent der Bevölkerung [20] entsprechende Bedingungen. Die meisten sterben langsam und oft viel bewusster, als von ihnen erhofft. In der westlichen Welt wünschen nach Umfragen neun von zehn Menschen, zu Hause im Kreise der Familie sterben zu dürfen. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Dies gelingt höchstens zweien tatsächlich, und zusätzlich schafft es einer, das Lebensende in einem menschenfreundlichen Hospiz zu verbringen. Die meisten sterben heute im Krankenhaus oder Pflegeheim.
    Will man Menschen in ihren letzten Tagen, Wochen, Monaten oder sogar Jahren begleiten, entstehen immer neue Herausforderungen. Unter solchen Umständen ist es hilfreich, eine Ausrichtung zu haben, einen festen Leitfaden, der allem, was geschieht, eine befreiende Richtung gibt. Eine sinnvolle Einstellung hilft und bereichert andere wie einen selbst, doch benötigt man auch die dazugehörigen Mittel, damit man die Sichtweise halten kann. Buddha fasste sie in sechs Handlungsbereichen zusammen: Großzügigkeit, umsichtiges Handeln, Geduld, begeisterte Tat, Meditation und Weisheit. Er nannte sie die Sechs Paramitas, das heißt die Sechs Befreienden Taten. Wer sie in seinen Alltag einbettet, wird weder fremdartig noch gefühlsduselig wirken, sondern ein unerschütterlicher Pfeiler für alle werden. Mit der letztendlichen Sichtweise verbunden, dass sich alles beeinflusst und Teil derselben Ganzheit ist, wirken diese Taten selbstverständlich und höchst befreiend. Sie lösen bei regelmäßiger Anwendung die Trennung zwischen Handelndem, Empfänger und Umwelt auf, bis es einfach natürlich wird, hilfreich zu sein und Gutes zu tun.
    Abb. 15 Die Sechs Befreienden Taten
    Befreiend und erleuchtend wirken kann eine Handlung erst in Verbindung mit der Einsicht oder augenblicklichen Erfahrung, dass Erleber, Erlebtes und das Erleben selbst ohne dauerhafte Eigennatur und Teile derselben Ganzheit sind.
    Buddha lehrte, dass jeder Augenblick des Lebens, sei es in den schönsten Erfahrungen von Mut und Liebe, im Alltag und sogar während des Sterbens, durch die befreienden beziehungsweise »jenseits gehenden« Taten zur Verwirklichung führen kann. Während sinnvolle Handlungen an sich anderen wie einem

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