Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

normaler Temperatur noch unbeschädigt bleibt, im Zeitraffer an einem vorbeiziehen.
     
    Die bisherigen Eindrücke werden häufig bei Nahtoderlebnissen geschildert, und es gibt eine Reihe von Büchern dazu, die im Anhang erwähnt werden. Die im Folgenden beschriebenen Eindrücke werden jedoch nicht mehr durch das schon zerstörte Gehirn des Verstorbenen, sondern vielmehr begriffslos und unmittelbar vom Geist erfahren. Daher tauchen diese Erlebnisse nicht in den Beschreibungen der Nahtoderlebnisse auf, sondern werden nur von hohen Lamas erinnert, nachempfunden und erklärt. Einige Meditierende erinnern sich im nächsten Leben an ihre uferlose Freude, und hochverwirklichte Yogis kennen den Zustand aus der Vertiefung oder aus den Erfahrungen, die sie machen, wenn sie Verstorbene durch diese Abläufe hindurch begleiten.
    Meine Frau Hannah und ich erhielten diese Belehrungen von unseren Lehrern: dem alles überragenden 16. Gyalwa Karmapa, Shamar Rinpoche, Situ Rinpoche, Jamgön Kongtrul Rinpoche, Gyaltsab Rinpoche, Ayang Tulku, Lopön Tsechu Rinpoche, Urgyen Tulku, Kalu Rinpoche, Tenga Rinpoche, Dilgo Khyentse Rinpoche, Kanjur Rinpoche, Dudjon Rinpoche, Drigung Khandro, Dalai Lama und anderen hohen Lamas und Meditationsmeistern.
    Zunehmen: Befreiung von Anhaftung
    Nachdem das weiße Licht auf Herzebene mitten im Körper angekommen ist, bewegt sich das rote Licht der Mutter, das vom Ei bei der Befruchtung stammt, nach oben. Es löst sich aus der Körpermitte eine Handbreit unterhalb des Nabels und erreicht ebenfalls in einem Zeitraum von 10 und 15 Minuten das Herzzentrum.
    Während dieses Zunehmens hört das Bewusstseinszentrum im Bauch auf zu arbeiten. Die Bedeutung dieses Nervenzentrums im Bauchraum, auch Sonnengeflecht oder Solarplexus, darf nicht unterschätzt werden: Es gehen zehnmal mehr Befehle und Botschaften vom Bauch zum Kopf als umgekehrt, und sein Zustand bestimmt in hohem Maße die Launen seiner Besitzer. Währenddessen wird riesige Wonne erfahren, jenseits von allem, was zu Lebzeiten möglich war. Ein überwältigend schönes, warmes rotes Licht, ähnlich einem traumhaften Sonnenuntergang, erscheint und bewegt sich nach oben, und viele hören einen Ton, als würde jemand mit tiefer Stimme die Silbe » AH « sprechen.
    Der Geist löst sich hier von seiner stärksten Anhaftung: der des eigenen Körpers. Damit verschwinden 40 Arten des Festhaltens und der Begierde von selbst. Alle Anhaftung an das frühere Leben vergeht, Wünsche nach weltlichem Glück werden ziellos, und aufgebaute Verbindungen zu Menschen, Orten sowie Erlebnissen verschwinden. Es ist das Ende von Erwartungen und Zwängen.
    Erlangen: Befreiung von Dumpfheit
    Etwa 20 bis 30 Minuten nach dem Herzstillstand, wenn die Energien von Vater und Mutter auf Herzenshöhe verschmelzen, hört jede Erfahrung auf, und es gibt nur noch Bewusstheit. Sieben aus Unwissenheit entstandene Schleier verschwinden, und alles wird schwarz und still. Diese Dunkelheit ist die eigentliche Ablösung des Bewusstseins von diesem Leben. Die Begegnung mit dieser Energie beendet alle Vorstellungen und Störgefühle. Dieser Nullzustand ist viel kürzer als die vorhergehenden Bewegungen und endet in dem Augenblick, in dem sich der Geist in seiner ganzen Strahlkraft zeigt.
    Abb. 13 Erscheinen – Zunehmen – Erlangen
    Wie kann man dieses Wissen um die inneren Sterbevorgänge nutzen?
    Im günstigsten Fall lernt man den Tod zuerst durch den Beistand eines Nahestehenden kennen, bevor man sich selbst dieser Herausforderung stellen muss. Die klare Vorstellung der Vorgänge bringt Sicherheit und Vertrauen bei der Begleitung und später auch beim eigenen Sterben. Daher wird im nächsten Kapitel der Sterbevorgang aus der Sicht der Familie und Betreuer beschrieben. Die buddhistischen Sichtweisen und Mittel ermöglichen es allen Beteiligten, das Beste aus dieser Lage zu machen.
    Wie der Zwischenzustand aussieht, sobald der Geist den Körper verlassen hat, und wie man auch diese Zeit bewusst nutzen kann, wird im darauffolgenden Kapitel weiter beschrieben.

Die Sterbebegleitung
    W ährend das Eintreten des Todes heute aus medizinischer Sicht klar bestimmt ist (zum Beispiel als Hirntod und unumkehrbares Erlöschen des Lebens im biologischen Sinne, sobald das Stammhirn seine Funktion einstellt), werden unter dem Vorgang des Sterbens – je nach Kultur und Weltanschauung – verschiedene Zeitrahmen und Zustände verstanden. Dabei sind die Sichtweise auf das Leben, die Gesundheit und der