Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
Frische und Überschuss dem Todkranken beistehen. Wer fähig ist, sich als Betreuer nicht ausgenutzt oder angegriffen zu fühlen, ermöglicht dabei dem Sterbenden leichter einen Zugang zu der eigenen Stärke und Reife. Mit einem klaren Kopf versperrt man störenden Gefühlen jeden Raum.
Während eines bestimmten Abschnitts im Sterbeverlauf kann wie beschrieben beim Sterbenden eine Zeitlang Zorn aufkommen. Hat man lange durch Meditation und vor allem Mantras wie OM MANI PEME HUNG geübt, seine eigenen Trips und die der anderen einfach nicht ernst zu nehmen, wird man auch in dieser Lage genügend Abstand finden. Beim Todkranken auftretende Wut über das »ungerechte Leiden« lässt man am besten als verständlich ins Leere laufen. Mit Freundlichkeit und Humor sollte man wenn nötig dem Kranken klarmachen, dass Krankheit, Alter und Tod nichts Persönliches sind, sondern dass es alle trifft und es vielen um einiges schlechter geht. Den Sterbenden kann man dabei auch raten, sich auf seinen Atem, auf ein vertrauenerweckendes Bild oder einen Buddha einzustellen. Ist ihm die Zufluchtnahme vertraut, werden sich Störgefühle schnell wieder auflösen, weil die Buddhaformen glückbringende Rückkopplungserfahrungen vermitteln und er am Ende mit ihren Lichtkörpern verschmelzen wird. Nichtbuddhisten kann man mit schönen Vorstellungen oder Erinnerungen vom Zorn ablenken.
Es geht hier also darum, gute Eindrücke hervorzubringen und die schwierigen Gefühle unbeachtet durchlaufen zu lassen. Die langen Ruhe- und Wartezeiten kann man auch einfach zur Weiterbildung nutzen, dann geht der Gesprächsstoff nicht aus, und man hat als Begleiter Vorteile, wenn man sich wieder der Welt zuwenden kann.
Begeisterte Tat
Nützliches für andere zu tun, ohne etwas dafür zu erwarten, sondern einfach, weil es hilfreich und richtig ist, schenkt ein schützendes Kraftfeld und macht Körper wie Rede zu tüchtigen Helfern für das Gute, das man in die Welt setzen will. An einer Geisteshaltung, die echte Freude an nützlichen Taten hat und unermüdlich schützt und bereichert, prallen störende Gefühle und weitgehend sogar Schmerzen ab. Man hat Wichtigeres im Sinn!
Bleibt man am Bett sitzen und kümmert sich um den sterbenden Freund oder Angehörigen, auch wenn man selbst todmüde ist, entsteht jenseits der Schmerzgrenze ein sehr erfüllendes Band: Sich tatkräftig zum Besten anderer einzusetzen schafft eine Kraft, die auch in anderen sinnvollen Lebenslagen eingesetzt werden kann. Es ist einfach richtig und fühlt sich so gut an, dass es fast süchtig macht. Es braucht erfahrungsgemäß häufige Meditationen oder einen kühlen Überblick, um diese Kraft sinnvoll zu steuern. Spürt der Sterbende, dass jemand über das Maß etwas für ihn tut, entsteht auf seiner Seite große Dankbarkeit, und man festigt die Verbindungen für zukünftige Leben.
Auch der Sterbende hat – sogar wenn er körperlich am Ende ist – immer noch Rede und Geist, um vielleicht wertvolle Lebensweisheiten zu vermitteln. Finden andere die geistige Weite und den Überschuss, um ihm zu lauschen, geht es darum, dieses Geschenk mit Dankbarkeit anzunehmen.
Meditation
Wie nützlich es ist, im Leben meditiert und tiefe Überzeugungen aufgebaut zu haben, stellt man vor allem an dessen Ende fest. Zu dieser Zeit kann man den Geist nicht mehr schulen, wird aber sicher die Früchte ernten. Beim Meditieren geht es vor allem darum, Abstand zu dem zu schaffen, was im Geist auftaucht, darin herumspielt, von ihm wahrgenommen wird und sich dort auch wieder auflöst. Hat man diesen Vorgang häufig genug in der Vertiefung beobachtet, wird man allmählich diese gewonnene Freiheit im Alltag nutzen können.
Wenn sich die Energien im Sterben zunehmend zurückziehen, ist der durch Meditation entstandene gelassene Geisteszustand das beste Mittel, um sich nicht verwirren oder ablenken zu lassen.
Dem Sterbenden kann man mit einer angeleiteten Meditation helfen, den Geist wieder auf das Wesentliche einzustellen. Mit ihr gelingt es, wieder Raum und Freiheit im eigenen Bewusstsein zu finden. Es gibt unzählige Übungen, um den Erleber ohne Ablenkung auf Seiten seines Wesens auszurichten. Sind die Menschen, die man im Sterben begleitet, buddhistisch eingestellt, haben aber im Leben keine Meditationserfahrungen gesammelt, ist die Vorstellung vom Buddha, in dessen Herz man gehen will, oberhalb ihrer Köpfe sehr nützlich. Als Ausdruck für ihr eigenes inneres Wesen ist sein Zustand eine sichere
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