Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
Wasser-Element auflöst, tritt eine Verlangsamung der Bewegungen ein, bis der Körper schließlich nur noch liegen kann; ohne unterstützende Kissen ist das aufrechte Sitzen nicht mehr möglich. Körperkontakt ist für den nach Halt bittenden Sterbenden zu dieser Zeit angenehm und versichernd. Auch das Sehbewusstsein lässt nach, und die Wahrnehmungen werden unklar.
Wird einem ab und zu erzählt, wo man sich befindet und was eben geschieht, schafft das den fehlenden und erleichternden Rahmen. Eine Zeit der Offenheit wird entstehen, weil Spiele einen nicht mehr halten können und die innere Verwirrung zunimmt. Hier will man gern an Erfolge im Leben erinnert werden, auch solche, die man anderen ermöglichte; die Freunde dürfen aber unter keinen Umständen Hoffnung geben, dass alles wieder gut wird. Dies ist oftmals die letzte Gelegenheit, sich von seinem Geliebten, Freund oder Angehörigen bewusst zu verabschieden und seine Dankbarkeit auszudrücken, und man sollte sie nutzen. Auf körperlicher Ebene werden jetzt deutliche Veränderungen sichtbar: Die Bewegungen werden immer zielloser, die Gliedmaßen kühler und unempfindlicher, auch liegen die Augen oftmals tiefer. All das sind Zeichen, dass sich die Energie weitgehend aus den Gliedmaßen in die Körpermitte zurückgezogen hat. Der Rückzug der Energien in Richtung der mittleren Energiebahn ist während des Sterbens anders als im Tiefschlaf unumkehrbar und endgültig.
Löst sich das Wasser-Element in das Feuer-Element auf, hat der Sterbende ein verstärktes Durstgefühl. Wenn er trinkt, spürt er jedoch keine Besserung.
Häufig beginnen Sterbende, wie bereits erwähnt, noch kurz vor ihrem Tod zu streiten und wütend zu werden. Das liegt vor allem daran, dass sie weder richtig hören noch verständlich sprechen können. Der Verstand verliert mehr und mehr an Klarheit. Das Mantra vom Buddha des Grenzenlosen Lichtes, OM AMI DEWA HRIH , und das Mantra von Liebevolle Augen, OM MANI PEME HUNG , helfen dem Sterbenden wie dem Betreuer, alles auf eine überpersönliche Ebene zu heben.
Danach ziehen sich die Energien weiter in Richtung Herzzentrum zurück, während das Bewusstsein in der Körperachse zwischen Schädelspitze und Kraftzentrum unterhalb des Nabels verweilt. Als Außenstehender kann man nicht mehr davon ausgehen, vom Sterbenden noch richtig verstanden zu werden.
Das Feuer-Element löst sich jetzt in das Luft-Element auf, und der Sterbende verliert die Beherrschung der Wärme. Er friert und möchte mit warmen Decken zugedeckt werden, die aber den inneren Wärmeverlust nicht ausgleichen können. Die letzte Wärme wird im Herzzentrum erlebt, danach wird das Atmen unregelmäßiger, man kann es nicht mehr beherrschen und bekommt immer schwerer Luft, dies ist das sogenannte Todesrasseln.
Nun beginnt sich das Wind-Element in das Raum-Element aufzulösen. Den althergebrachten Beschreibungen zufolge benimmt sich der nicht unter Schmerzmitteln stehende Sterbende wie ein Ertrinkender, der wild nach Luft schnappt. Die Angst kann hier sehr zunehmen, und jeder weiß, dass es zu Ende geht.
Auch wer viel meditiert hat und sich schon auf die Buddhas freut, deren Nähe man immer stärker spürt, kann selten verhindern, dass der Körper noch einmal kämpft und sich aufbäumt. Schließlich ist es seine Aufgabe, zu überleben.
Hier reißen die letzten Verbindungen zu diesem Leben, doch die zu den Geliebten halten noch. In unzähligen Beispielen wird berichtet, dass jemand erst dann sterben konnte, nachdem der vertraute Mensch das Zimmer verlassen hatte. Jetzt können Nahestehende den Sterbevorgang also durch An- oder Abwesenheit beeinflussen, während der Sterbende zwischen Zuständen des Wachseins und tiefer Bewusstlosigkeit wechselt. In den letzten Augenblicken kommt es zu einem dreimaligen langen Ausatmen ohne erneutes Einatmen, wonach der Sterbende allgemein für tot befunden wird.
Die Medizin wartet noch mit der Feststellung des Todes, bis bei den Zellen im Stammhirn wegen fehlenden Sauerstoffes keine elektrische Aktivität mehr messbar ist.
Wie bereits im vorigen Kapitel beschrieben, ist der Tod aus buddhistischer Sicht noch nicht eingetreten, lediglich das Wind-Element hat sich vollständig in das Raum-Element aufgelöst. Die Angehörigen oder Sterbebegleiter sollten deswegen mit Ärzten und Krankenschwestern schon im Vorfeld abgeklärt haben, dass sie noch eine Stunde in Ruhe beim Körper verweilen können, ohne dass er berührt wird. So werden die inneren Abläufe
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