Von wegen Liebe (German Edition)
klang unfassbar abgedroschen. »Ich meine, ich habe mich bei dir über Jake ausgeheult und dachte nur, wenn du auch mal was loswerden musst … das ist okay für mich.«
Sein Grinsen verrutschte für eine Sekunde. »Ich komme vielleicht irgendwann darauf zurück.« Dann räusperte er sich und sagte: »Wenn du nicht zu spät zur Schule kommen willst, solltest du vielleicht langsam los.«
»Stimmt.«
Ich wollte gerade aufstehen, als sich seine warme Hand um mein Handgelenk schloss. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an, da beugte er sich zu mir, hauchte mir einen Kuss auf die Lippen und flüsterte: »Danke, Bianca.«
»Ich … kein Problem.«
Ich war verwirrt. Sonst küsste Wesley mich immer hart und drängend. Als Auftakt zum Sex. Dieser Kuss war unglaublich sanft und zärtlich gewesen und das machte mir irgendwie Angst.
Aber ich hatte keine Zeit, weiter darüber nachzuden ken, sondern musste mich schleunigst auf den Nachhauseweg machen.
• • •
Als ich endlich in unsere Einfahrt bog, war es schon kurz nach sechs, und mir blieben nur noch anderthalb Stunden, um mich zu duschen, anzuziehen und nach Dad zu sehen. Mieser konnte ein Tag kaum beginnen.
Aber er versprach, sogar noch schlimmer zu werden, denn als ich aus dem Wagen ausstieg, fiel mir auf, dass im Wohnzimmer Licht brannte. Nicht gut. Dad machte immer – immer – im ganzen Haus das Licht aus, bevor er schlafen ging. Das war ein fast schon heiliges Ritual für ihn. Dass er es angelassen hatte, war definitiv ein schlechtes Zeichen.
Ich hörte das Schnarchen, kaum dass ich auf Zehenspitzen ins Haus getreten war, und wusste sofort, dass er wieder getrunken hatte. Noch bevor ich die Bierflaschen auf dem Couchtisch und seine reglose Gestalt auf dem Sofa sah, wusste ich es.
Er hatte sich besinnungslos betrunken.
Einen Moment lang war ich versucht, das Chaos zu beseitigen, das Dad angerichtet hatte, aber dazu hatte ich keine Zeit. Ich musste mich für die Schule fertig machen. Als ich nach oben in mein Zimmer schlich, versuchte ich mir einzureden, dass nichts wirklich Schlimmes passiert war, dass er sich genau wie nach seinem letzten Rückfall bald wieder fangen würde. Und schließlich konnte man es ihm kaum verübeln, dass er ein paar Drinks genommen hatte nach der Bombe, die Mom über ihm hatte hochgehen lassen, oder?
Ich duschte kurz, föhnte mir die Haare (was immer eine Ewigkeit dauerte; vielleicht sollte ich sie mir genau wie Casey einfach abschneiden lassen?) und zog mich an. Nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte, ging ich nach unten, machte mir in der Küche einen Toast für unterwegs und fuhr dann in die Schule.
Als ich dort ankam, war der Parkplatz schon fast voll. Ich musste in der letzten Reihe parken und mit meinem zentnerschweren Rucksack zum Haupteingang der Schule joggen. Gott, dachte ich unglücklich, während ich meinen dicken Hintern völlig außer Atem zum Spanischkurs schleppte. Kein Wunder bin ich eine DUFF , so dermaßen aus der Form, wie ich bin.
Wenigstens war auf den Gängen kaum etwas los, sodass niemand Zeuge meiner erbärmlichen Fitness werden konnte.
»Hey, wo warst du gestern?«, fragte Jess, als ich mich ein paar Sekunden vor dem Gong auf meinen Platz fallen ließ. »Du bist weder beim Mittagessen gewesen noch in Englisch. Und zu mir bist du auch nicht gekommen. Casey und ich haben uns Sorgen gemacht.«
»Ich bin früher aus der Schule.«
»Wir wollten doch den Valentinstag zusammen feiern, weil keine von uns im Moment einen Freund hat.«
»Ist das nicht eigentlich ein Widerspruch in sich?« Ich schüttelte seufzend den Kopf und versuchte, ihrem verletzten Blick zu entgehen. Ich wusste, ich würde dafür bezahlen, dass ich einfach aufgelegt hatte, als ich gestern Abend mit Casey telefonierte. »Tut mir leid, Jess. Mir ist gestern was dazwischengekommen. Ich erzähl es dir nach der Schule, okay?«
Bevor sie etwas darauf erwidern konnte, räusperte sich Mrs Romali und rief: » Silencio! Buenos dias. Heute fangen wir mit dem pluscuamperfecto an, und ich warne Sie – das hat es in sich!«
Das hatte es tatsächlich. Das Arbeitsblatt, das Mrs Romali verteilte, hielt uns bis zum Ende der Stunde in Atem, und als es gongte, stellte ich ernsthaft meine Leidenschaft für Spanisch infrage, aber da war ich nicht die Einzige.
»Meint ihr, es ist schon zu spät, um den Kurs noch zu wechseln?«, fragte Angela, als sie mit Jess und mir den Klassenraum verließ.
»Ungefähr vier Wochen zu spät«, sagte
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