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Von wegen Liebe (German Edition)

Von wegen Liebe (German Edition)

Titel: Von wegen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kody Keplinger
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ich.
    »Scheiße.«
    »Bis später, B!«, rief Jess, als die beiden sich auf den Weg zu ihrem Chemiekurs machten. »Wir sehen uns beim Mittagessen!«
    Ich hob kurz die Hand und ging in die entgegengesetzte Richtung zu meinem Politikkurs, auf den ich mich heute sogar richtig freute. Toby Tucker hatte mich eingeladen, neben ihm zu sitzen. Ich würde nicht länger die Außenseiterin in der letzten Reihe sein. Nie hätte ich gedacht, dass sich das einmal ändern oder dass ich darüber so glücklich sein würde. Was soll ich sagen? Mein selbstauferlegtes Einzelkämpfertum fing allmählich an, mir auf die Nerven zu gehen.
    Aber Toby war nicht da. Da konnte ich seinen Platz noch so fassungslos anstarren, als ich in den Raum kam (ausnahmsweise mal rechtzeitig, so wie es Mr Chaucer mochte), er blieb leer. Ich war ein bisschen enttäuscht … ja, schon gut … ich war wahnsinnig enttäuscht. Aber wenigstens musste ich nicht allein sitzen; Jeanine, der Tobys Fehlen offensichtlich ähnlich zusetzte wie mir, zerrte mich praktisch auf den Platz neben sich. Wirklich ersetzen konnte ich ihren klugen, geistreichen Sitznachbarn allerdings nicht, wie sie vermutlich ziemlich bald feststellte. Alles, was ich ihr zu bieten hatte, waren ein paar sarkastische Bemerkungen über die Bedeutung der Judikative. Gott, ich vermisste Toby.
    Genau wie Mr Chaucer, der sich ohne seinen Lieblingsschüler – von wegen Lehrer hätten keine – und dessen erhellende Kommentare in seinem eigenen Kurs zu langweilen schien und den Unterricht wie ein Kleinkind schmollend beendete, als es endlich gongte.
    Erleichtert darüber, dem ohne Toby kalt und unwirtlich wirkenden Klassenraum zu entfliehen, eilte ich in die Cafeteria, wo ich mich aber auch nicht wirklich willkommen fühlte.
    Casey sprach während der gesamten Mittagspause kein Wort mit mir, sondern warf mir nur bitterböse Blicke zu, mit denen sie mir deutlich mitteilte, dass sie mir das abrupte Ende unseres gestrigen Telefongesprächs immer noch sehr übel nahm. Aber immerhin nicht übel genug, um sich nach der Schule nicht gemeinsam mit Jess meine Entschuldigung anzuhören.
    Die beiden schienen es kaum erwarten zu können, denn sobald der letzte Gong ertönt war, zerrten sie mich in eine leere Mädchentoilette und fingen an, auf mich einzureden – »Jetzt erzähl schon! Was war los? Raus damit!« –, bevor ich auch nur einmal Atem holen konnte.
    Ich ließ mich stöhnend an der kalten gefliesten Wand hinuntergleiten, bis ich mit angezogenen Beinen auf dem Boden saß. »Ist ja schon gut«, seufzte ich und schlang die Arme um die Knie. »Mom ist gestern plötzlich in der Schule aufgetaucht.«
    »Ist sie wieder zurück?«, fragte Jess.
    »Nicht wirklich. Sie war nur hier, um mit mir zu reden. Sie und Dad lassen sich scheiden.«
    Jess presste sich eine Hand auf den Mund und Casey ging neben mir in die Hocke und sah mich mitfühlend an. »Wie geht’s dir, B?« Offensichtlich hatte sie beschlossen, nicht länger wütend auf mich zu sein.
    »Ganz okay eigentlich.« Ich war mir sicher, dass ihnen die Nachricht mehr zu schaffen machte als mir. Casey wusste aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft eine Scheidung sein konnte, und in Jess’ Vorstellung war die Trennung der Eltern so ziemlich das Schlimmste, was einem als Kind passieren konnte.
    »Bist du deswegen nicht zu unserer Verabredung gekommen?«, fragte Jess.
    »Ja«, sagte ich. »Tut mir leid. Ich … Mir war einfach nicht nach feiern zumute.«
    »Warum hast du nicht angerufen oder es mir gestern Abend am Telefon erzählt?«, sagte Casey.
    »Keine Ahnung, ich war so durcheinander und musste das erst mal irgendwie verarbeiten. Aber ihr müsst euch keine Sorgen machen, ich komme damit klar. Ich hab schon eine Weile damit gerechnet, im Grunde war es nur noch eine Frage der Zeit.« Ich zuckte die Achseln. »Mom ist in den letzten paar Jahren sowieso kaum noch zu Hause gewesen, es wird sich also nicht wirklich viel ändern.« Ich stand auf und zog den Reißverschluss meiner Jacke zu.
    »Wo willst du hin?«, fragte Casey.
    »Ich habe Mom versprochen, heute Nachmittag mit ihr ins Kino zu gehen.« Ich griff nach meinem Rucksack und warf einen kurzen Blick in den Spiegel. »Tut mir leid. Ich weiß, ihr würdet gern noch ein bisschen länger mit mir darüber reden, aber Mom bleibt nur bis Ende der Woche und …«
    »Sicher, dass du okay bist?«, fragte Casey skeptisch.
    Ich zögerte und strich mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Jetzt war der Moment, in dem

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