Von wegen Liebe (German Edition)
ich es ihnen hätte sagen können. Was mit Dad los war und wie sehr mich das aus der Bahn warf. Sie waren schließlich meine besten Freundinnen und hätten es bestimmt verstanden. Trotzdem blieb ein letzter Rest Angst, dass sie schlecht von meinem Vater denken könnten, wenn ich ihnen davon erzählte. Und so schlimm war es eigentlich auch wieder nicht. Er machte einfach eine harte Zeit durch. Nichts, worüber man beunruhigt sein müsste.
»Ganz sicher.« Ich drehte mich mit einem gezwungenen Lächeln vom Spiegel weg. »Aber ich muss jetzt wirklich los. Ich will Mom nicht warten lassen.«
»Viel Spaß mit ihr«, sagte Jess leise, der der Schock immer noch ins Gesicht geschrieben stand. Vielleicht hätte ich es ihr ein bisschen schonender beibringen sollen.
Ich war schon fast aus der Tür, als Casey mir hinterherrief: »Hey, B, warte kurz.«
»Ja?«
»Lass uns am Wochenende zusammen ins Nest gehen und unseren verpassten Abend gestern nachholen«, schlug sie vor. »Einfach mal für ein paar Stunden den ganzen Mist vergessen und ein bisschen Spaß haben.«
»Klingt gut. Ich ruf dich später an, aber jetzt muss ich wirklich los.«
Ich winkte ihnen zum Abschied zu und lief dann Richtung Parkplatz. Bevor ich mit Mom ins Kino ging, musste ich nämlich noch etwas anderes erledigen.
Als ich in meinem Wagen saß, holte ich mein Handy heraus und tippte eine vertraute Nummer ein. Einen Augenblick später meldete sich eine männliche Stimme.
»Guten Tag, Sie sprechen mit Tech Plus. Mein Name ist Ricky, was kann ich für Sie tun?«
Ich wollte mit Dad sprechen. Um mich zu vergewissern, dass er okay war, und um ihm zu sagen, dass wir das gemeinsam durchstehen würden und er sich auf mich verlassen konnte. Nach der schrecklichen Nacht, die er hinter sich hatte, tat es ihm bestimmt gut zu wissen, dass ich für ihn da war. »Hallo, Ricky«, sagte ich. »Hier ist Bianca Piper. Ist mein Vater vielleicht gerade zufällig in der Nähe?«
»Tut mir leid, Bianca. Mike ist heute nicht zur Arbeit gekommen.«
Eine Schrecksekunde lang brachte ich keinen Ton heraus. Ich wusste genau, was das bedeutete. Aber dann verdrängte ich die Angst, die in meinem Magen rumorte, und sagte mir, dass Dad einfach einen schlimmen Kater hatte, was auch kein Wunder war. Und vielleicht war das sogar gut, weil es ihn daran erinnerte, warum er mit dem Trinken aufgehört hatte. Morgen würde es ihm wieder besser gehen.
Hoffte ich.
»Oh … okay. Trotzdem danke«, stammelte ich. »Bis dann, Ricky.«
Ich legte auf und wählte eine andere Nummer. Dieses Mal antwortete eine Frau mit einer klaren, fröhlichen Stimme.
»Hallo, Schatz!«
»Hey, Mom.« Ich zwang mich, so gut gelaunt wie möglich zu klingen, aber nicht zu sehr, sonst hätte sie sofort gewittert, dass irgendwas nicht stimmte. Schließlich gehörte aufgedrehte Fröhlichkeit auch sonst nicht zu meinen Persönlichkeitsmerkmalen. »Hast du immer noch Lust auf Kino?«
»Und ob!«, rief Mom. »Ich freue mich schon den ganzen Tag darauf. Aber sag mal, hast du heute schon mit deinem Vater gesprochen? Wie geht es ihm? Er war so aufgelöst, als ich gestern Abend von ihm weg bin.« Sie klang leicht besorgt, aber nicht zutiefst beunruhigt, woraus ich schloss, dass sie keine Ahnung von seinem Rückfall hatte. Sie schien diese Möglichkeit noch nicht einmal in Betracht zu ziehen, was ich ehrlich gesagt ziemlich naiv fand, auch wenn es schon achtzehn Jahre her war, seit er mit dem Trinken aufgehört hatte.
Aber ich wollte nicht diejenige sein, die ihr die schlechten Neuigkeiten überbrachte.
»Er hält sich tapfer. Ich hab gerade mit ihm telefoniert. Er wird länger arbeiten müssen, unserem Kinoabend steht also nichts im Weg.«
Ich hörte, wie Mom erleichtert ausatmete. »Gott sei Dank, das freut mich zu hören«, sagte sie und fügte dann gut gelaunt hinzu: »Okay, welchen Film möchtest du dir anschauen? Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was gerade läuft.«
»Ich auch nicht, aber irgendeine Komödie wäre vielleicht nicht schlecht.«
SECHZEHN
Dad ging es auch am nächsten Tag nicht besser.
Oder an dem darauf.
Ende der Woche ging er zwar wieder zur Arbeit, aber ich war mir sicher, dass ich nicht die Einzige sein würde, der sein desolater Zustand auffiel. Mittlerweile lagen ständig leere Bier- oder Whiskeyflaschen im Haus herum, und wenn ich runterkam, schlief er meistens seinen Rausch auf der Couch aus oder hatte sich in seinem Zimmer eingeschlossen. Er verlor mir gegenüber jedoch kein
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