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Von wegen Liebe (German Edition)

Von wegen Liebe (German Edition)

Titel: Von wegen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kody Keplinger
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draußen waren. »Aber nicht, was meine Familie oder überhaupt Menschen, die mir wichtig sind, betrifft … Mein Vater ist kein Psychopath. Er macht im Moment nur eine schwere Zeit durch.« Ich spürte einen dicken Kloß in meinem Hals und versuchte, ihn hinunterzuschlucken. Ich musste es erklären. Damit er es verstand. »Meine Mutter hat vor Kurzem die Scheidung eingereicht und … und er kommt einfach nicht damit klar.«
    Der Kloß war immer noch da. Und er wurde größer und größer. Plötzlich konnte ich all die Sorgen und Ängste, die ich jetzt schon so lange mit mir herumschleppte, nicht länger unterdrücken und brach in Tränen aus.
    Wie hatte es so weit kommen können? Ich fühlte mich wie in einem Albtraum. Mein Vater war der liebenswürdigste und netteste Mensch, den ich kannte. Er war sensibel und manchmal ein bisschen unbedarft. Das vorhin war nicht er gewesen. Ich wusste aus früheren Erzählungen, dass er zu einem anderen Menschen wurde, wenn er betrunken war, hatte es mir aber nie vorstellen können. Und obwohl ich es eben selbst miterlebt hatte, wirkte es immer noch völlig irreal. Als wäre es schlicht unmöglich.
    Ich hatte das Gefühl, dass meine Welt völlig aus den Fugen geraten war. Und dieses Mal konnte ich nicht die Augen davor verschließen. Ich konnte es nicht einfach ignorieren. Ich würde nicht länger davor fliehen können.
    Wesley sagte nichts. Er saß nur schweigend neben mir. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er meine Hand hielt, bis ich aufhörte zu weinen. Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, stieg er aus, ging um den Wagen herum und öffnete meine Tür. Dann half er mir aus dem Porsche – nicht dass es nötig gewesen wäre, aber es war trotzdem nett –, legte den Arm um mich und führte mich die Stufen zur Veranda hoch, genauso wie er mich vorhin von mir zu Hause weggeführt hatte. Dabei drückte er mich fest an sich, als hätte er Angst, ich könnte ihm in der Dunkelheit zwischen seinem Wagen und der Eingangstür irgendwie verloren gehen.
    Als wir im Haus waren, bot Wesley mir etwas zu trinken an. Ich schüttelte den Kopf, und wir gingen in sein Zimmer hoch, wie wir es immer machten. Ich setzte mich aufs Bett und er setzte sich neben mich. Er sah mich nicht an, sondern schien tief in Gedanken versunken zu sein. Ich wollte nicht wissen, was für schreckliche Dinge ihm durch den Kopf gingen.
    »Geht es wieder?«, fragte er schließlich und sah mich endlich wieder an. »Soll ich dir ein bisschen Eis für die Schläfe holen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es tut nicht mehr weh.« Meine Kehle war ganz rau vom Weinen und meine Stimme klang belegt.
    Er strich mir behutsam eine Strähne aus dem Gesicht. »Na ja«, sagte er leise. »Wenigstens weiß ich es jetzt.«
    »Was weißt du jetzt?«
    »Wovor du davonzulaufen versuchst.«
    Ich antwortete nicht.
    »Warum hast du mir nicht erzählt, dass dein Vater ein Alkoholproblem hat?«, fragte er.
    »Weil ich das Gefühl gehabt hätte, ihn zu verraten«, sagte ich. »Achtzehn Jahre lang hat er keinen Tropfen angerührt. Bis die Sache mit Mom passiert ist … Er wird schon wieder auf die Beine kommen.«
    »Du solltest mit ihm reden. Wenn er nüchtern ist. Du musst ihm sagen, dass es so nicht weitergehen kann.«
    »Ja klar«, sagte ich bitter. »Und ihm das Gefühl geben, dass ich ihm auch noch in den Rücken falle, nachdem meine Mutter ihm ohne Vorwarnung die Scheidungspapiere zugeschickt hat?«
    »Du würdest ihm damit nicht in den Rücken fallen, Bianca, und das weißt du auch.«
    »Ach ja? Dann erklär mir doch mal, warum du nicht mit deinen Eltern redest, Wesley«, entgegnete ich. »Warum sagst du ihnen nicht, dass du einsam bist? Dass du willst, dass sie nach Hause kommen? Ich sage dir, warum: weil du ihnen keinen Kummer machen willst. Weil du nicht willst, dass sie dir die Schuld dafür geben, dass in ihrem Leben ein paar Sachen ziemlich schieflaufen. Wenn ich Dad sage, dass er ein Problem hat, wird er denken, dass ich ihn nicht mehr liebe. Etwas Schlimmeres könnte ich ihm nicht antun, wo er gerade alles verloren hat.«
    Wesley schüttelte den Kopf. »Nicht alles. Er hat immer noch dich. Aber wenn du nicht mit ihm redest, wirst du es irgendwann nicht mehr mit ihm aushalten und genau wie deine Mutter gehen, und dann wird er sich noch tausendmal schlimmer fühlen.«
    »Vielleicht.«
    Wesley strich ganz vorsichtig über meine Schläfe. »Tut das weh?«
    »Nein.« Es fühlte sich sogar gut an. Seufzend schmiegte ich meine Wange in

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