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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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noch nie gewesen‹.«
    Und was er hier vom Theater sagt, paßt, glaub' ich, auf alles.
    Wofür ich ihm aber am meisten verpflichtet bin, das ist das Folgende. »Sie müssen sich nicht ärgern und nicht ängstigen. Sehen Sie, wir hatten da, als ich noch auf der Bühne herummimte, einen Trostsatz, der lautete: ›Um neun ist alles aus.‹ Und mit diesem Satze haben wir manchen über schwere Stunden weggeholfen. Ich kann Ihnen diesen Satz nicht genug empfehlen.«
    Und das hat mir der gute Schneider nicht umsonst gesagt. Ich bin ihm bis diese Stunde dafür dankbar: »Um neun ist alles aus«.
     

Siebentes Kapitel
     
George Hesekiel
    George Hesekiel
, 1819 geboren, war der Sohn des Predigers und, wenn ich nicht irre, späteren Konsistorialrats Friedrich Hesekiel zu Halle. Schon dieser war eine volle Persönlichkeit und, wie nach ihm sein Sohn, der Freund eines guten Mahls und eines noch besseren Trunkes. In seinem Keller lag ein alter ausgezeichneter »Naumburger«, den ihm eine Bürgerdeputation mit der in gutem Sächsisch vorgetragenen Bemerkung überreicht hatte: »Das ist unser teurer Bürgerschweiß.« Und immer, wenn ein Festtag war – und der alte Konsistorialrat hatte gern Festtage –, so mußte George in den Keller, um eine Flasche »teuren Bürgerschweiß« heraufzuholen.
    Die Hesekiels, durch zwei Jahrhunderte hin immer Geistliche, stammten aus Böhmen und gehörten, wenn ich recht berichtet bin, einer Adelsfamilie von altböhmischem Namen an. Der Ahnherr verließ nach der unglücklichen Schlacht am Weißen Berge um Glaubens willen seine Heimat und ging nach Sachsen, wahrscheinlich gleich nach Halle. Dort in eine Kirchenstellung eingetreten, begann er damit, wie bis dahin sein böhmisches Vaterland, so nun auch seinen Namen abzutun. Er schlug zu diesem Behufe die Bibel auf und hatte beim Aufschlagen den Propheten Hesekiel vor sich.
Den
Namen nahm er an. Unser George war mit Recht stolz auf ebendiesen Namen und wurde durch nichts so geärgert, wie wenn man ihn »Hese-Kiel« nannte. »Wenn ich bitten darf, Hesekiel«, unterbrach er dann jedesmal.
    Er verbrachte seine Jugend in Halle, war als Student viel in dem Fouquéschen Hause – Fouqué in seiner
zweiten
Periode und mit
zweiter
Frau – und ging bald nach absolviertem Studium nach Frankreich, das er in jahrelangem Aufenthalt mannigfach durchstreifte. Das gab ihm eine gute Sprach- und Landeskenntnis. Nach Deutschland zurückgekehrt, nahm er seinen Wohnsitz in Altenburg, verheiratete sich hier mit der Tochter eines sächsischen Militärs und gab ein Blatt heraus, das den Titel führte: »Die Rosen«. Er war aber damit nicht auf Rosen gebettet; all die Sorgen eines jungen und nun gar damaligen Schriftstellerlebens wurden von ihm durchgekostet. Das Vertrauen der Seinigen, Frau und Schwägerin, war aber so groß, daß die Hoffnung auf bessere Zeiten nie hinstarb. Und dies Vertrauen behielt schließlich recht. Bald nach Gründung der »Kreuzzeitung« ward er bei ebendieser angestellt und redigierte von Herbst 1848 oder 1849 an bis zu seinem Tode den französischen Artikel. Ich glaube hinzusetzen zu dürfen, mit seltener Geschicklichkeit, was in zweierlei seinen Grund hatte: zunächst in gründlicher Kenntnis französischer Zustände, besonders des französischen Adels, und zum zweiten in seiner hervorragenden novellistischen Begabung, die, solange er seiner Redaktion vorstand, in einer wenigstens zeitweilig halb humoristisch gefärbten Lebendigkeit in den Dienst der Politik trat. Ich muß dies hier ein wenig motivieren. Die Zeitung hatte von Anfang an in Paris einen sehr guten Drei-Stern-Korrespondenten, einen feinen, vorzüglich gebildeten Herrn, den ich selber später kennengelernt habe. Neben diesem Drei-Stern-Korrespondenten aber machte sich von einem bestimmten Zeitpunkte ab auch noch ein Lilien-Korrespondent geltend, der sehr bald durch seine pikantere Schreibweise den älteren Kollegen in den Schatten stellte. Was ihm aber mehr noch als seine glänzende Darstellung ein Übergewicht verschaffte, war die sehr bald innerhalb der Partei von Mund zu Mund gehende Versicherung, daß dieser Neuengagierte, wie früher an kleinen deutschen Residenzen, so jetzt am französischen Hofe die allervornehmsten Beziehungen unterhalte, was übrigens nicht wundernehmen dürfe, da dieser neue Lilien-Korrespondent ein legitimistischer Marquis sei. Der Zufall ließ es geschehen, daß ich ebendamals – mehrere Jahre vor meinem persönlichen, erst 1860 erfolgenden Eintritt in

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