Voodoo Holmes Romane (German Edition)
freundlich blickte und „Grüß Gott“ sagte.
„ Darf ich dir vorstellen“, sagte Holmes, „hier ist der Mann, der zum Schmieren seines Projektionsapparates ein besonderes Öl verwendet. Sagen Sie meinem Freund bitte, wie Sie es nennen“, bat Holmes. Der Mann hielt mir eine Flasche hin, und ich glaubte, mir würden die Sinne schwinden. Es war ein Gefäß, daß der Amphore stark ähnelte. Die Form war dieselbe, man konnte allerdings rasch sehen, daß es sich um ein billiges Imitat handelte. Darauf stand in verschnörkelter Sütterlinschrift: „Original ägyptisches Porphyreiaöl aus dem Hause Siegelwitzer. Alexandria Import.“
„ Ich verstehe“, schluckte ich. „Ein österreichisches Qualitätsprodukt.“
„ Ja, es ist dort häufig wie Olivenöl“, erklärte Holmes. „Das Ganze hat mit dem Öl an sich nichts zu tun, Watson. Aber das Öl ist das Schmiermittel für die Mumie. Es wurde schon in alter Zeit beim Einbalsamieren benutzt. Aber darüber hinausgehend hat es keine Bedeutung.“
„ Ich verstehe die Herren nicht?“ fragte der Kinobesitzer freundlich.
„ Wer sich vor dem Zugriff der Mumie bewahren will, muß nur vermeiden, mit diesem Öl in Verbindung zu kommen“, sagte ich.
„ Ja, das erklärt, warum sich die Mumie nicht beliebig ausbreitet“, meinte Holmes. Herr Schmied bemerkte, mit einem bedauernden Blick auf die Filmrolle: „Sie ist jetzt wertlos geworden. Sie müssen wissen, sie war mein Lebensinhalt. Ich habe sie eines Tages gekauft und nicht gewusst, was sie ist, aber sie barg ein Geheimnis, und das lag darin, daß das Kindermädchen fehlte. Dieses Geheimnis hat die Menschen beschäftigt, jetzt aber ist es nur mehr ein Film unter vielen. Ich werde mir etwas Neues besorgen müssen. Etwas, das ein Geheimnis hat.“
„ Ja, gute Idee“, sagte Holmes, dem das Gespräch schon etwas lästig wurde.
„ Nur wenn etwas ein Geheimnis hat, zählt es“, sagte Herr Schmied mit erhobenem Zeigefinger. Dann gab er uns überraschend die Hand, und wir schüttelten sie, bevor wir den Saal verließen.
Draußen trafen wir auf eine größere Menschenmenge, die den riesigen Körper eines fahlen Gottes umgab, der längst aus seinen Kleidern geplatzt war und nur mehr notdürftig bekleidet dort stand wie ein haarloser Gorilla. Mir fiel auf, daß sein Gesicht verunstaltet war, und daß die Narben daran relativ frisch waren. Er schien Schmerzen zu haben und wirkte wie in Trauer erstarrt. Zwischendurch stieß er laute Töne hervor. Dann aber schien ihn ein Gedanke zu befallen, und er wandte sich nach rechts, die Seine entlang, in die Richtung des Eifelturms, der in der Ferne winkte. Während Holmes und ich ihm folgten, fiel uns auf, daß er ein schweigsames Gefolge nach sich zog. Darunter befand sich auch jener merkwürdige Herr aus Wien, Graf Ueberdank, der vorgab, uns nicht zu erkennen. Sie übernahmen dann auf der Strasse die Spitze einer weiteren, noch größeren Gruppe von Uniformierten, einem Husarenregiment, wenn ich mich nicht ganz täusche, das sich wahrscheinlich aus Anlass der Weltausstellung in der Stadt befand. Der große Anführer, den wir Thor nannte, ließ weiterhin dumpfe Töne hören, die an Brunftschreie erinnerten, aber etwas zu wehmütig dafür waren. Bald bewegte sich der Trauerzug gemessenen Schrittes in die Richtung des Ausstellungsgeländes. Es waren Deutsche, das merkte man schon daran, wie sie marschierten, und wie ihnen respektvoll, um nicht zu sagen, ängstlich, der Rest der Ausstellungsbesucher, denen sie begegneten, auswich. Holmes und ich folgten in größerem Abstand. Es war ein Marsch, der immer weitere, immer größere Bahnen zog. Es war erstaunlich, wer sich ihm alles anschloss, es mochten auch Neugierige darunter sein, die der Ursache des
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