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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Spek­ta­kels auf den Grund ge­hen woll­ten. Schließ­lich sam­mel­te man sich am Eif­fel­turm, und wir be­merk­ten vol­ler Er­stau­nen, daß die große, blei­che Ge­stalt des Rie­sen die klei­nen Trepp­chen, die in die Höhe führ­ten, ver­schmäh­te, und sich an der Au­ßen­sei­te des Tur­mes klet­ternd in die Höhe han­gel­te. Da­bei gin­gen ihm die Klei­der ganz ab, so­daß er im­mer un­ver­blüm­ter die Ge­stalt ei­ner Gott­heit an­nahm. Er stieß nun im­mer lau­ter Rufe aus, un­ver­ständ­li­che, kla­gen­de Rufe, die weit­hin schall­ten, und bei de­nen man nicht ent­schei­den konn­te, ob es die Lau­te ei­nes Tie­res oder ei­nes Men­schen wa­ren. In je­dem Fall wa­ren es Ge­räusche, die die ge­sam­te Men­schen­men­ge er­griff. Ich habe sel­ten eine so große An­zahl von Men­schen schwei­gen se­hen, und dazu lag auch eine laut­lo­se Form der Mas­sen­hys­te­rie vor, de­ren Quel­le das Kla­gen der Gott­heit war. Mir gin­gen die­se Rufe durch und durch, und ich stand er­schüt­tert. So­gar Hol­mes, den ich sonst eher mit ei­ner bla­sier­ten, über­heb­li­chen oder teil­nahms­lo­sen Mie­ne sehe, schi­en die­se Emo­ti­on wahr­zu­neh­men. Er wirk­te et­was aus sei­nem Ele­ment, schi­en sich fremd und zu­gleich fas­zi­niert von den Vor­gän­gen.
     
    Und nun ge­sch­ah das Un­ge­wöhn­li­che. Ganz oben, in un­mit­tel­ba­rer Nähe blitzte et­was. Man ist es ja ge­wöhnt, daß dort oben öf­ter ein­mal Kar­bid­lam­pen bren­nen und ihr hel­ler, glei­ßen­der Schein dazu be­nutzt wird, Pho­to­gra­phien an­zu­fer­ti­gen. Es war ein kur­z­er, au­gen­blicks­lan­ger Licht­schein, der so­fort wie­der ver­lösch­te. Aber er schi­en große Aus­wir­kun­gen zu ha­ben. Erst merk­te man es nur als einen Wind­hauch, dann merk­te man, daß eine Hit­ze von dem Schwarz der Stützstre­ben des Eif­fel­turms aus­ging. Letztend­lich aber be­gann der Stahl, aus dem er ge­wirkt war, zu glühen. Dumpf, dun­kel­rot, wie eine künst­li­che Son­ne, das Ge­flecht ei­ner elek­tri­schen Lam­pe, in der der Strom lang­sam kriecht. Dann hel­ler, oran­ge, und scharf, so sehr, daß man den Gott, der dort längst höher und höher und im­mer wei­ter klomm, als schwar­zes, rau­chen­des We­sen hell und im­mer hel­ler be­leuch­tet er­blick­te, fast wie ein In­sekt, das im Kern ei­ner Lupe, wo sich Son­nen­licht zu Feu­er bün­delt, schwarz und schmo­rend kriecht. Dann wur­de das Licht gelb und fast weiß, und blen­de­te so sehr, daß man im letzten Mo­ment noch glaub­te, den Puff ei­nes Wölk­chens zu se­hen, zum dem durch die große, un­er­mess­li­che Hit­ze der klet­tern­de Kör­per zer­platzte. Ein Rauch­wölk­chen, nicht mehr. Die Ex­plo­si­on, die wir dann aber hör­ten, und die Druck­wel­le, die da­bei ent­stand, war ge­wal­tig. Längst la­gen wir auf dem Bo­den und bar­gen un­se­re Köp­fe im Hit­ze­schein des bren­nen­den Ei­fel­turms, da ver­glüh­te der Schein, und wir wa­ren mit ei­nem Mal in Nacht ge­taucht. Es dau­er­te eine Wei­le, bis wir das stäh­ler­ne Schwarz des Tur­mes vor dem Nacht­him­mel wie­der er­ken­nen konn­te. Frei­lich, den Klet­te­rer sa­hen wir nicht mehr, und hör­ten kei­nen Laut. Die Nacht war schwarz, und die Stadt lag im Dun­kel nach ei­nem Kurz­schluss, der durch den Zu­sam­men­bruch des Strom­net­zes ent­stan­den war.                     
     
    We­nig später rann­te ein Herr mitt­le­ren Al­ters auf uns zu, in der einen Hand einen Pho­to­ap­pa­rat samt Sta­tiv, in der an­de­ren meh­re­re Plat­ten. „Ich habe ihn!“ rief er, ich habe ihn! Mr. Hol­mes, Sie sind ein Ge­nie, und es stimmt, was Sie mir sag­ten. Hät­te ich mich nicht schleu­nigst aus der Ge­fah­ren­zone zu­rück­ge­zogen, ich wäre bei dem Ex­pe­ri­ment hops ge­gan­gen! Ha­ben Sie die Hit­ze ver­spürt? Ein Wahn­sinn, wel­che Ener­gie, wel­che Elek­tri­zi­tät das Mons­ter schluckt hat, be­vor es in die Luft ge­flo­gen ist! Der Eis­mann, für­wahr!“
    „ Ent­schul­di­gen Sie, Mon­sieur le Com­mis­saire“, wand­te sich Hol­mes an mich, „darf ich vors­tel­len, mein Freund und Ge­fähr­te, Wat­son.“
    Der Mann gab mir in auf­ge­reg­tem Ton sei­nen Na­men. Ich habe ihn nicht ver­stan­den, aber das

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