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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Welt­ge­schich­te wäre also dann die Ge­schich­te be­stän­di­gen Rau­bens, und wer im Be­sitz des Grals ist, dem ge­hört die Welt. Des­halb sind die Hä­scher des Strein zur Sün­nitz nach Pa­ris ge­kom­men. Sie wol­len mit dem Gral das ger­ma­ni­sche Welt­reich be­grün­den.“
    „ Sehr po­li­tisch, was Sie da von sich ge­ben, Hol­mes“, mein­te ich.
    „ Man kann das auch my­tho­lo­gisch auf­be­rei­ten“, lenk­te er ein. „Der Kelch stammt von Thor, ist gött­li­chen Ur­sprungs. Sein Leib­ge­fäß, daß er braucht, um sich dar­aus zu er­quicken. Der Kelch, den der Kö­nig von Thu­le in die Wel­len warf, wo­durch At­lan­tis un­ter­ging. Schon ist es die Mensch­heit, die der Gott­heit ihr Ge­heim­nis ab­zwingt, um selbst zu herr­schen.“
    „ Schon bes­ser“, mein­te ich, „zu­min­dest schrieb Elin die­sem Kelch große Macht zu. Und das sie ihn an uns wei­ter­gibt, könn­te auch be­deu­ten, dass sie es leid ist, ihn zu vers­tecken.“
    „ Das wür­de da­für spre­chen, daß sie Cum­ber­ton-Shoy­le aus Not hei­ra­te­te, um dem Fest­land und sei­nen Hä­schern zu ent­flie­hen. Sie brach­te den Kelch nach Tyne, um ihn dort un­ter all dem Ge­rüm­pel zu vers­tecken. Aber dass das Un­ge­heu­er sie dort auf­such­te, ist das nicht der Be­weis, dass der Kelch aus Thu­le für Thor wich­tig ist? Wenn das stim­men soll­te, dann hat sie ihn be­raubt und ihn da­mit auch ver­las­sen. Und uns – be­zie­hung­wei­se Ih­nen, Wat­son – im Ge­gen­zug ein be­deut­sa­mes Ge­schenk ge­macht.“
    Mir fiel in dem Zu­sam­men­hang et­was ein: „Hol­mes, ich habe Ih­nen noch et­was zu sa­gen ver­ges­sen.“
    „ Was denn?“
    „ Elin er­wähn­te, es dür­fe kein Bild von Thor entste­hen.“
    Ich merk­te an sei­ner Re­ak­ti­on, daß ihn die­se In­for­ma­ti­on sehr be­ein­druck­te. Er klopf­te dem Kut­scher auf die Schul­ter und gab ihm eine neue Adres­se.
    „ Was soll das jetzt?“ frag­te ich.
    „ Wir fah­ren zum Po­li­zei­prä­si­di­um. Aber erzählen Sie nur wei­ter.“
    „ Mehr kann ich nicht be­rich­ten.“ Ich ver­such­te mich zu be­sin­nen. „Es war im Bor­bo­ryg­me“ , sag­te ich, „und ich bat sie, mir et­was von ih­rem Ent­füh­rer zu erzählen, und das ers­te, das sie sprach, wa­ren die Wor­te: Es darf kein Bild von ihm ge­ben.“
    „ Sie lehn­te es ab, ihn zu be­schrei­ben?“
    „ Das stimmt nicht ganz. Sie be­schrieb ihn wohl, in An­deu­tun­gen.“
    „ Wat­son“, sag­te er, „Sie sind ein ver­damm­ter Kerl.“
    Es herrsch­te eine Wei­le Schwei­gen in dem Wa­gen, und dann hiel­ten wir schon vor dem Prä­si­di­um. Hol­mes ver­schwand für eine kur­ze Wei­le in dem Ge­bäu­de, und als er wie­der kam, blick­te er auf die Uhr und rief: „Nun aber rasch, oder wir wer­den den Be­ginn der Vors­tel­lung ver­säu­men!“
     
    Wir ka­men an der Place Ven­do­me vor das Licht­spiel­thea­ter, als es be­reits dun­kel ge­wor­den war. In der Vor­hal­le, als wir un­se­re Kar­ten kauf­ten, war es wie aus­ge­stor­ben, und als wir dann in den Vor­führ­raum ge­lang­ten, wa­ren nur we­ni­ge Plät­ze be­setzt. Umso er­staun­li­cher war ei­ner der Zuschau­er. Man konn­te ihn nur als Schat­ten se­hen, den er vor der flir­ren­den Lein­wand ab­gab, aber man war so­gleich von sei­ner Größe be­ein­druckt. Der Mann war un­ge­wöhn­lich grob­schläch­tig und über­di­men­sio­nal, man hat­te den Ein­druck ei­nes Stie­res in Men­schen­form, der sich zwi­schen den umso fi­li­gra­ner wir­ken­den an­de­ren Zuschau­ern in die Sitz­bank zwäng­te.
    Hol­mes, der laut­los ne­ben mir Platz ge­nom­men hat­te, blick­te mich tri­um­phie­rend von der Sei­te an. „Das ist er, Wat­son“, flüs­ter­te er mir zu.
    Auf der Lein­wand wur­de der Film ge­ra­de be­en­det, und als zwi­schen­durch die Lich­ter an­gin­gen, er­kann­te ich ihn auch. Wenn man den Eis­men­schen, der auf Tyne vor uns in Trüm­mern ge­le­gen hat­te, als Skulp­tur je­nes Men­schen an­sah, der ge­ra­de vor uns das Licht­spiel­thea­ter be­tre­ten hat­te, dann war er es tat­säch­lich. Bleich, fast wäch­sern, ein Kör­per, den man sich nackt vors­tel­len konn­te als über­di­men­sio­na­le Skulp­tur ei­nes Men­schen. Die Klei­der, die er trug, schie­nen

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