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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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zu klein, platzten fast wie Wurst­haut auf den schwe­ren Glie­dern. Als der Eis­ver­käu­fer durch die Rei­hen ging, wink­te er ihn zu sich und er­stand gleich fünf Ei­stüten auf ein­mal, wo­bei er sich das Süß­zeug fast in ei­nem Auf­wasch in den Mund stopf­te. Es moch­te Ein­bil­dung sein, aber man hat­te den Ein­druck, daß der Raum sehr kühl war, weil er da saß. Es war sei­ne ei­si­ge Aus­strah­lung, die je­den Ver­such, hier he­rin­nen zu hei­zen, lähm­te.
    Dar­auf wur­de es in dem Raum wie­der dun­kel und man kün­dig­te mit großen Let­tern auf der Lein­wand das Licht­spiel „An Af­ter­noon by the Seas­ho­re“ an. Es mußte sich da­bei um einen ganz be­son­de­ren Film mit Stamm­pu­bli­kum han­deln, denn ei­ni­ge Pfif­fe be­glei­te­ten die­se An­kün­di­gung. Links von der Lein­wand stand ein al­tes Kla­vier, das im­mer lau­ter an­schwoll, be­vor es dann mit den ers­ten Sze­nen ei­nes Fa­mi­li­en­aus­flugs wei­ter­ging, und die Me­lo­die hüp­fend, lieb­lich und zu­rück­hal­tend wur­de.
    Da war der Fa­mi­li­en­va­ter, die Fa­mi­li­en­mut­ter, die Kin­der – und (ein Stöh­nen er­tön­te in den vor­de­ren Sitzrei­hen) – ein Kin­der­mäd­chen. Ja, es war da, und er­staun­te Aus­ru­fe wa­ren nun rings­um zu hören. Die Fan­ge­mein­de er­kann­te den Film nicht mehr, denn wie mir Elin schon während un­se­res Ge­spräches be­rich­tet hat­te, be­zog die­ser Film sei­ne At­trak­ti­vi­tät beim Pu­bli­kum vor al­lem aus der Tat­sa­che, daß ein Ge­spenst in ihm mit­wirk­te, ein Kin­der­mäd­chen, das un­sicht­bar war. Die­se Be­son­der­heit war nun ver­lo­ren­ge­gan­gen, und das Licht­spiel war so ba­nal ge­wor­den wie vie­le an­de­re von der­glei­chen Strei­fen. Die Hand­lung war sim­pel. Man hielt ein Pick­nick ab, die Klei­nen spiel­ten in den Wel­len, wur­den er­mahnt, dann wur­de ein­mal vor­ge­le­sen, schließ­lich pack­te man al­les zu­sam­men und kehr­te wie­der zu dem Wa­gen zu­rück, der oben auf der Küs­te ab­ge­s­tellt war und fuhr die lan­ge Land­straße in die Stadt zu­rück. Pro­test­ru­fe, Pfif­fe und das ent­setz­li­che Stöh­nen, das wir be­reits am An­fang ge­hört hat­ten, über­tön­te das Kla­vier­spiel, und das so­lan­ge, daß der Mu­si­ker schließ­lich ent­nervt da­mit auf­hör­te, den Kla­vier­deckel nie­der­schlug und den Raum ver­ließ. Die­ser war in Auf­ruhr. Während der Film lief, wa­ren schon meh­re­re Zuschau­er zu­rück zum Pro­jek­tor ge­sprun­gen, um auf die Ver­än­de­rung auf­merk­sam zu ma­chen. Der Vor­füh­rer er­klär­te sich in quäken­dem Franzö­sisch für un­schul­dig und lie­fer­te atem­lo­se Er­klärun­gen. Un­se­re Auf­merk­sam­keit aber rich­te­te sich im­mer noch auf die Lein­wand, denn wir trau­ten kaum un­se­ren Au­gen: Es war tat­säch­lich Elin, die da das Kin­der­mäd­chen gab, das al­ler­dings in höchst un­pas­sen­der Wei­se. Sie war et­was zu alt und viel zu herr­schaft­lich in ih­rem Ge­ba­ren für die­se Rol­le. Eine kläg­li­che Schau­spie­le­rin, die hier qua­si zwi­schen die Ku­lis­sen ge­stol­pert war. Es war auch eine Geis­tes­ab­we­sen­heit in ih­rem Spiel, das es als un­denk­bar er­schei­nen ließ, daß man sie je­mals für ge­eig­net ge­hal­ten ha­ben könn­te. Viel­leicht war die Schau­spie­le­rin, die da vor uns auf der Lein­wand zu se­hen war, die Ehe­frau oder Ge­lieb­te des Re­gis­seurs ge­we­sen und pass­te gar nicht in die Sze­ne, war aus Ge­fäl­lig­keit in die Equi­pe der Schau­spie­ler auf­ge­nom­men wor­den. Die ein­zi­ge Er­klärung, frei­lich auf ir­ra­tio­na­ler Ebe­ne, blieb die, daß Elin tat­säch­lich vor elf Jah­ren als jun­ges Mäd­chen die­sem Film ent­sprun­gen und nun als rei­fe Frau in ihn zu­rück­ge­kehrt war. Wie sie das ge­tan hat­te, blieb uns un­klar.
    Hol­mes und ich sa­hen uns an. Sie hat­te sich uns ent­zogen. Ich sage uns, und mei­ne doch mir. Uns, und al­len an­de­ren. Jetzt wür­den wir nie ge­nau­er er­ken­nen, was die klei­ne Locke in ih­rem In­tim­be­reich be­deu­te­te, und wel­cher Me­cha­nis­mus es war, mit dem sie durch das Ab­ra­sie­ren die­ser Locke einen Gott her­an­rief. Viel­leicht lag die

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