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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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ihn, was Sie wissen wollen.«
    »Was?«
    »Stellen Sie ihm Ihre Frage«, sagte Mercedes langsam.
    Plötzlich kam sich Max idiotisch vor, als würde er hier vorgeführt und nach Strich und Faden verarscht, während das unsichtbare Publikum sich totlachte.
    »Na gut«, sagte er und beschloss mitzuspielen. »Wer hat Charlie entführt?«
    Der Zeiger bewegte sich nicht.
    Alle warteten.
    »Wiederholen Sie die Frage.«
    »Aber Englisch versteht er schon, oder?«, witzelte Max.
    Mercedes warf ihm einen gestrengen Blick zu.
    Max wollte sich gerade über die leeren Batterien lustig machen, als sich der Zeigestock mit einem Ruck in Bewegung setzte, über die zwei Buchstabenreihen glitt und jeweils nur so lange Halt machte, dass Mercedes den Buchstaben aufschreiben konnte, bevor er zum nächsten weiterzog.
    Als der Zeigestock liegen blieb, hielt sie ihren Notizblock hoch.
    H-O-U-N-F-O-R.
    »Das bedeutet Tempel«, sagte sie.
    »Ein Voodoo-Tempel?«, fragte Max.
    »Richtig.«
    »Welcher? Wo? Hier?«
    Mercedes stellte die Frage, aber der Zeiger bewegte sich nicht.
    Und dabei blieb es. Sie wiederholten die Zeremonie. Max versuchte sogar, alle Zweifel und allen Zynismus aus seinem Geiste zu verbannen und so zu tun, als würde er wirklich an das glauben, was sie hier taten, und trotzdem rührte der Zeiger sich nicht mehr.
    »Eddie ist gegangen«, sagte Mercedes schließlich, nachdem sie es ein letztes Mal versucht hatte. »Normalerweise verabschiedet er sich. Irgendetwas muss ihm Angst eingejagt haben. Vielleicht Sie, Mr. Mingus.«

    »War das echt?«, fragte Max Chantale, als sie zum Orangenhain zurückgingen.
    »Haben Sie irgendwelche Tricks festgestellt?«, fragte Chantale zurück.
    »Nein, aber das heißt ja nichts«, sagte Max.
    »Ab und an muss man auch an das Unmögliche glauben«, erwiderte Chantale.
    »Tue ich ja«, grummelte Max. »Sonst wäre ich ja wohl nicht hier.«
    Er war sich ganz sicher, dass es eine vollkommen rationale, todlangweilige Erklärung gab für das, was er soeben im Hause Leballec miterlebt hatte. Für bare Münze zu nehmen, was er da mit eigenen Augen gesehen hatte, war einfach zu krass.
    Max glaubte an Leben und Tod. Er glaubte nicht, dass das Leben auch in den Tod hinüberreichte, auch wenn er durchaus glaubte, dass manche Leute innerlich tot waren und äußerlich noch ganz lebendig wirkten. Die meisten Lebenslänglichen und Langjährigen, die er im Knast gesehen hatte, waren so gewesen. Und er selbst war auch nicht viel anders. Eine Leiche in lebendem Gewebe, die allen etwas vormachte, nur nicht sich selbst.

38
    Zurück in Clarinette, fragten sie jeden, der aussah, als sei er alt genug, sich zu erinnern, und in der Lage, ihnen eine vernünftige Antwort zu geben, nach dem Bau auf dem Weg zum Friedhof. Sie wollten herausfinden, wer ihn in Auftrag gegeben hatte.
    Die Antwort lautete immer gleich.
    »Monsieur Paul«, sagten alle. »Ein guter Mensch. Sehr großzügig. Er hat dieses Dorf für uns gebaut und den Hounfor .«
    Nicht Vincent Paul, erklärte Chantale, sondern sein verstorbener Vater Perry.
    Wie lange war es her, dass da nicht mehr gearbeitet wurde?
    Niemand konnte das mit Sicherheit sagen. Die Menschen hier maßen die Zeit nicht nach Jahren, sondern nach dem, was sie damals noch zu tun in der Lage gewesen waren: wie viel sie hatten tragen können, wie schnell laufen, wie lange vögeln und tanzen und trinken. Einige sagten, fünfzig Jahre, dabei sahen sie selbst nicht viel älter aus als vierzig. Andere meinten zwanzig, manche behaupteten, vor hundert Jahren selbst an dem Bau mitgearbeitet zu haben. Keiner hatte gewusst, was es werden sollte. Sie hatten auf Anweisung gearbeitet.
    Chantale vermutete, dass es zwischen Mitte der sechziger und Anfang der siebziger Jahre gewesen sein musste, bevor die Pauls Pleite gegangen waren.
    Was war Monsieur Paul für ein Mensch gewesen?
    »Er war ein guter Mensch. Großzügig und freundlich. Er hat Häuser für uns gebaut und den Hounfor . Er hat uns zu essen gegeben und Medizin.«
    Wie der Vater, so der Sohn, dachte Max.
    Waren in jener Zeit irgendwelche Kinder verschwunden?
    »Ja, zwei: die Kinder der verrückten Merveille Gaspésie. Bruder und Schwester sind beide am gleichen Tag verschwunden«, sagten die Leute und schüttelten den Kopf.
    Und sie erzählten alle die gleiche Geschichte: Die Gaspésie-Kinder hatten immer in der Nähe der Baustelle gespielt. Sie waren noch klein, ungefähr sieben und acht. Eines Tages waren beide verschwunden. Die Leute

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