Voodoo
schneller.
»Eine der beiden hat Parkinson gekriegt und konnte nicht mehr arbeiten, die andere hat den Laden dicht gemacht, um sie zu pflegen. So habe ich es gehört.«
»Wenigstens kein Krebs.«
»Die beiden haben nicht geraucht«, lachte Carver, und im gleichen Moment kam das Dienstmädchen mit einer Flasche Whiskey, Wasser, Eis und zwei Gläsern auf einem Tablett zurück. »Zu Weihnachten gönne ich mir immer Alkohol und Zigaretten. Scheiß auf die Ärzte! Und Sie? Wollen Sie auch?«
Max verneinte mit einem Kopfschütteln.
»Aber ein Gläschen werden Sie doch mit mir trinken?«
Ein Befehl, kein Angebot: Max nickte und rang sich ein Lächeln ab, aber die Unaufrichtigkeit ließ seine Lippen zu einem krausen Grinsen gefrieren. Wieder schaute Carver ihn prüfend an, diesmal lag etwas Ahnungsvolles in seinem Blick.
Das Dienstmädchen lenkte die Aufmerksamkeit von ihm ab, indem sie einschenkte. Carver trank seinen Whiskey pur, Max nahm ihn mit Eis und fast bis zum Rand mit Wasser verdünnt. Als das Mädchen den Raum verlassen hatte, stießen sie auf ihrer beider Gesundheit, das kommende Jahr und einen glücklichen Abschluss zu Max’ Ermittlungen an. Max tat, als nähme er einen Schluck.
Zuhause hatte er dagesessen und überlegt, wie er Carver am besten beibringen sollte, dass er gekommen war, um ihn mitzunehmen. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, einfach auf ihn zuzugehen, ihn mit dem zu konfrontieren, was er wusste, und ihn zum Wagen zu führen. Doch er hatte sich dagegen entschieden, weil er kein Polizist mehr war.
Am Ende hatte er beschlossen, Carver dazu zu bringen, alles zu gestehen und sich als Kopf des Sexrings zu erkennen zu geben, sogar sein Handeln zu erklären und zu rechtfertigen. Den ganzen Tag hatte er damit verbracht zu planen, wie er Carver aus der Reserve locken konnte, bis er sich tiefer und tiefer verstrickte. Bis kein Hintertürchen mehr offen blieb und das Eingeständnis der Schuld nur noch eine Formalität war, wie das symbolische Umwerfen des Königs auf dem Schachbrett.
Den ganzen Tag lang hatte er im Haus gesessen und sich eine Strategie zurechtgelegt, hatte die vielen möglichen Wendungen vorweggenommen, die das Gespräch nehmen konnte, hatte sich für jede Weggabelung eine Antwort zurechtgelegt. Er hatte seine Fragen einstudiert und an seiner Stimme gearbeitet, bis er den leichten, freundlichen, offenen, vermeintlich unbefangenen Plauderton hingekriegt hatte, den er wollte: ganz Köder und kein Haken.
Am Nachmittag hatte Paul angerufen und ihm aufgetragen, den alten Mann herauszuholen, sobald sie das Haus auf La Gonâve gestürmt hätten. Er hatte dafür gesorgt, dass Allain ihn anrufen würde, um ihn unter dem Vorwand eines Zwischenberichts auf das Anwesen einzuladen. Paul hatte erzählt, wie sehr es Allain zusetzte, das Telefonat tätigen zu müssen. Für ihn war es der Vater, den er verriet, nicht ein Krimineller.
Als die Abenddämmerung hereinbrach, hatte sich Max alles sauber zurechtgelegt gehabt. Er hatte geduscht und sich rasiert, ein weites T-Shirt und Hosen angezogen. Gegen neun hatte Allain angerufen. Max ging davon aus, dass Pauls Operation erfolgreich verlaufen war.
Am Ende der Auffahrt zu seinem Grundstück war er von Pauls Leuten angehalten worden, die ihm in einem Jeep entgegengekommen waren. Sie hatten ihm einen unverschlossenen Umschlag überreicht, den er im passenden Moment Gustav übergeben sollte.
Dann hatten sie ihm mitgeteilt, dass er bei seinem Gespräch mit Gustav einen Sender tragen musste.
Das hatte alles über den Haufen geworfen – zumindest in seinem Kopf.
In seinem ganzen Leben hatte er noch keine Wanze getragen. Aber er hatte schon am anderen Ende gesessen und fremde Gespräche belauscht. So eine Wanze war wie eine Leine, die man einer Ratte umlegte, die einen zu einer noch größeren Ratte führen sollte.
Sie hatten ihm gesagt, es diene nur seiner eigenen Sicherheit, schließlich könne er ja nicht mit einem Walkie-Talkie zu Gustav gehen.
Ja, natürlich, so weit, so gut. Aber es war die andere Seite der Medaille, die ihm nicht passte: Er hatte keine Lust, Pauls Spitzel zu spielen. Er wollte nicht Gustav Carver dazu bringen, sich selbst auf Band zu belasten, alles zu gestehen und sein eigenes Todesurteil zu unterschreiben.
Er hatte gezögert, wenn auch nicht allzu lang, weil er nicht viel Zeit hatte und im Grunde auch keine andere Wahl, als das zu akzeptieren, was er nicht ablehnen konnte.
Sie waren alle zurück zum Haus gefahren. Er hatte
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