Voodoo
geboren. Es sind geborene Sklaven, zum Dienen geboren. Sie sind nicht besser dran als ihre elenden Vorfahren.«
Carver hielt inne, um Luft zu holen und sich noch eine Zigarette anzustecken.
»Begreifen Sie, was ich hier tue, was ich getan habe? Ich habe diesen Kindern ein Leben gegeben, auf das sie ohne mich nicht einmal hätten hoffen können. Ein Leben, von dem ihre dummen, ungebildeten und nichtsnutzigen Eltern nicht einmal träumen konnten, weil ihre Hirne dazu einfach nicht groß genug sind. Nicht alle von denen leiden. Ich habe praktisch alle zur Schule gehen lassen, die ich nicht verkaufen konnte, und allen, die den Abschluss geschafft haben, habe ich Arbeit gegeben. Vielen von denen geht es heute ziemlich gut. Wissen Sie, was hier mit meiner Hilfe entstanden ist? Etwas, das es in diesem Land bisher nicht gab: eine Mittelschicht. Die sind nicht reich und nicht arm, sondern in der Mitte, und sie haben Hoffnungen auf ein besseres Leben. Ich habe dazu beigetragen, dass dieses Land ein kleines bisschen normaler wurde, ein kleines bisschen westlicher, so wie andere Länder.
Und zu denen, die ich verkauft habe: Haben Sie eine Ahnung, wie weit manche von denen es bringen, Mingus? Die Schlauen, die Robusten, die mit dem Überlebensinstinkt? Wenn sie älter und klüger werden, wickeln sie ihre Sugardaddies um den kleinen Finger und quetschen sie aus wie eine Zitrone. Sie werden reich und sind gemachte Leute. Die meisten von denen führen ein ganz normales Leben in einem zivilisierten Land – sie haben einen neuen Namen und eine neue Identität, und die Vergangenheit ist nicht mehr als eine schlechte, verschwommene Erinnerung, wenn überhaupt.
Sie halten mich für verderbt, das weiß ich, aber ich habe Tausenden von Menschen Ehre, Würde, Geld und ein Zuhause gegeben. Ich habe ihnen dazu verholfen, im Spiegel einen Menschen zu sehen, den sie respektieren können. Und den verdammten Spiegel habe ich ihnen auch noch gegeben. Kurz gesagt, Mr. Mingus, ich habe ihnen das Leben geschenkt!«
»Sie sind nicht Gott, Carver.«
»Ach nein? Meinetwegen, aber in einem Land wie diesem komme ich dem ziemlich nahe – ein Weißer mit Geld!«, donnerte er. »Unterwerfung und der Kotau vor dem weißen Mann liegen den Menschen dieses Landes in den Genen!«
»Ich bin da anderer Meinung, Mr. Carver«, sagte Max. »Sie haben recht, ich weiß nicht sehr viel über dieses Land. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist es von Leuten wie Ihnen in den Ruin getrieben worden – reichen Leuten mit großen Häusern und Dienstboten, die Ihnen den Arsch abwischen. Nehmen, nehmen, nehmen, und nie irgendetwas zurückgeben. Sie helfen niemand anderem als sich selbst, Mr. Carver. Ihre Wohltätigkeit ist nur eine Lüge, die Sie Leuten wie mir auftischen, damit wir nicht so genau hinsehen.«
»Sie klingen ganz wie Vincent Paul. Wie viel zahlt er Ihnen?«
»Er zahlt mir gar nichts, Mr. Carver. Sie haben mir noch nicht erzählt, warum Sie unbedingt mich haben wollten, um nach Charlie zu suchen, wo ich Sie doch schon zweimal fast hätte auffliegen lassen.«
»Das entscheidende Wort hier ist ›fast‹.« Trotz der Wut in seiner Stimme brachte Carver ein Lächeln zuwege. »Sie haben nur gesehen, was Sie beweisen konnten, was Sie glauben konnten. Sie waren nur an den Pixeln interessiert, nicht am Gesamtbild.«
»Sie haben geglaubt, ich würde nur nach Charlie suchen, ohne nach rechts und links zu sehen?«
»Im Großen und Ganzen, ja.«
»Da haben Sie sich wohl im Großen und Ganzen in mir getäuscht.« Max grinste.
Carver sah ihn wütend an.
»Ich habe noch eine Frage«, sagte Max.
»Nur raus damit.«
»Was glauben Sie, wer Charlie hat?«
»Das ist immer noch Ihr Job«, brummelte Carver und wich seinem Blick aus.
Er ballte seine Hand zur Faust. Max sah zu, wie er sehr still und leise weinte, wie er ganz sanft bebte und noch sanfter Luft einsog. Sein Blick fiel auf das offene Zigarettenetui, und ein irrsinniges Verlangen tauchte plötzlich aus dem Nichts auf und sprang ihm in den Nacken. Auf einmal wollte er rauchen, wollte etwas mit den Händen zu tun haben, um dem, was er hier durchmachte, die Schärfe zu nehmen. Dann sah er das Glas mit dem verwässerten Whiskey und dachte einen Moment lang daran, ihn herunterzukippen, aber er widerstand der Versuchung.
»Ich wusste Bescheid über den kleinen Charlie«, sagte Carver, ohne Max anzusehen. Er sprach mit dem Bücherregal. »Ich wusste es, sobald ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Ich
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