Voodoo
die Veranda und das Meer, der ideale Platz für romantische Abendessen bei Sonnenuntergang. Es gab nur zwei Stühle, die einander an den Kopfenden des Tisches gegenüberstanden. Am anderen Ende des Zimmers, zum Tor und zum Pool hin, stand ein Ledersofa vor einem Fernseher, der an der Wand befestigt war, dazwischen ein niedriger Couchtisch aus Chrom und Holz. Vier Regalbretter mit ledergebundenen Enzyklopädien und erotischer Schwulenliteratur nahmen eine ganze Wand ein. In der Mitte des Zimmers stand eine einsame Insel aus zwei Liegesesseln, einer Lampe und noch einem Tisch. Außerdem ein CD-Spieler und ein geschwungenes Regal voller CDs, hauptsächlich Klassik.
Es stank nach altem Zigarettenrauch, kalten Joints und Parfüm.
Max suchte das Zimmer nach Waffen ab und fand einen Smith&Wesson-Revolver mit acht Schuss Munition, der unter den Esstisch geklebt war. Er leerte das Magazin und steckte sich die Patronen in die Tasche.
Dann nahm er die Küche in Augenschein, die zur Linken lag. Es gab einen Kühlschrank und einen Eisschrank, beide gut bestückt, im Kühlschrank hauptsächlich Frisches: reichlich Salat und Obst. Er entdeckte eine Flasche Wasser und trank sie halb leer. Auf einem Regal in der Ecke standen mehrere zerlesene Kochbücher und ein Ordner mit Rezepten, die aus Zeitschriften ausgeschnitten worden waren. Der Geschirrspüler lief.
Auf dem Kühlschrank fand er einen zweiten Revolver. Auch den leerte er.
Durchs Wohnzimmer ging er zurück in den Flur. Das Badezimmer war geräumig, mit eingelassener Badewanne und Dusche und reichlich Kosmetika für Männer und Frauen. Danach ging er ins Schlafzimmer, das von einem riesigen Bett mit Messinggestell beherrscht wurde. Es bot den gleichen spektakulären Blick aufs Meer und den Horizont wie das Wohnzimmer. Er sah das Schnellboot, das einen Wasserskifahrer hinter sich herzog. Das Bett war ungemacht. Auf dem Fußboden lagen Kleider verstreut, hauptsächlich Frauenkleider.
Im Nachtschrank ein Revolver. Die Patronen fügte er seiner Sammlung hinzu.
Dann ging er ins erste Gästeschlafzimmer, das bis auf einen blauen Globetrotter-Koffer mit passender Reisetasche, die Seite an Seite neben der Tür standen, komplett leer war. Am Koffer hing ein Schloss. Max öffnete die Reisetasche und fand ein One-Way-Ticket erster Klasse mit British Airways von Santo Domingo nach London, datiert auf den nächsten Tag. In einer Seitentasche entdeckte er einen britischen Pass, ausgestellt auf einen gewissen Stuart Boyle.
Das Passfoto zeigte den Mann, den Max als Shawn Huxley kennengelernt hatte.
Huxleys Erscheinungsbild hatte sich leicht verändert: Der Schnauzbart war weg und das Haar zu einem kurzen Afro gewachsen. Er sah älter aus. Er lächelte in die Kamera.
Das Haus fühlte sich leer an. Es war sehr still. Er konnte nicht einmal die Wellen hören.
Im zweiten Gästezimmer standen zwei Reisetaschen, die den Frauen gehörten, mit denen Huxley unterwegs war. Außerdem beherbergte es einen dreckig aussehenden Fotokopierer und einen Karton mit Papier. Der Stecker steckte nicht. Max öffnete den Deckel. Nichts. Er schaute in den Karton. Leer.
Er sah sich im Zimmer um. Nichts weiter zu sehen.
Er starrte den Kopierer an. Er zog ihn von der Wand weg. Eine Staubschicht und zwei tote Insekten.
In beiden Zimmern keine Waffen.
Max ging zurück ins Hauptschlafzimmer und beobachtete das Boot, das mitten im Fenster durch die Wellen brauste.
Nach einer Stunde Wasserski kehrte es zurück Richtung Land.
64
Die Frauen kamen zuerst herein. Kreolische Satzfetzen, Gelächter.
Dann Huxley. Er schloss die Tür hinter sich, redete.
Noch mehr Gelächter.
Max wartete im ersten Gästezimmer, zusammen mit Huxleys Koffer und seinem falschen Pass.
Dann fiel ihm plötzlich die Wasserflasche ein, aus der er getrunken hatte. Es war eine neue Flasche gewesen, er hatte sie angebrochen. Sobald sie in die Küche gingen, würden sie wissen, dass jemand im Haus war.
Scheiße!
Nebenan im Schlafzimmer ein Rumsen, gefolgt von Stimmen, dann kurzes Gelächter.
Im Flur Schritte, Flip-Flops, direkt vor der Tür.
Der Türgriff bewegte sich, ging nach unten.
Max trat einen Schritt zurück, die Waffe im Anschlag.
Stille.
Die Klimaanlage ging an.
Max wartete.
Die Flip-Flops gingen weiter.
Dann wieder Schritte, barfuß, sie gingen durch den Flur in Richtung Wohnzimmer.
Die Toilettenspülung. Den nackten Füßen folgten Flip-Flops.
Der verspielte Schrei einer Frau, ein Knurren von Huxley, dann
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