Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
Vom Netzwerk:
richtig arm. Sobald wir laufen konnten, haben wir unseren Eltern dabei geholfen, etwas zu essen auf den Tisch zu bringen. Ich bin mit meiner Mutter Obst pflücken gegangen. Ich habe Körbe mit Mangos und Quenepa gefüllt, und dann haben wir uns an den Straßenrand gesetzt und die Früchte an Pilger verkauft, die auf dem Weg nach Saut d’Eau waren.«
    »Und Ihr Vater?«, fragte Max.
    »Vor dem hatte ich Angst. Er war ein sehr aufbrausender Mensch. Hat mich wegen nichts verprügelt. Ich musste ihn nur falsch angucken, und er hat seinen dünnen Stock rausgeholt und mir den kleinen Arsch versohlt. Zu Trice war er allerdings nicht so. Nein. Sie hat er vergöttert. Hat mich ganz schön eifersüchtig gemacht.
    Ich erinnere mich noch an den Tag, als die Lastwagen ins Dorf gekommen sind, riesige Dinger, Zementmischer. Ich habe geglaubt, das wären Monster, die uns auffressen wollten. Von meinem Vater habe ich gehört, die Fahrer hätten gesagt, sie würden große Häuser bauen und alle im Dorf reich machen. Mein Vater hat auf der Baustelle gearbeitet. Damals gehörte die noch Perry Paul. Soweit ich weiß, hatte er vor, eine billige Unterkunft für die Pilger zu bauen, die nach Saut d’Eau wollen. Die meisten kommen von weit her und finden keine Bleibe. Den Tempel hat er auch gebaut. Er wollte wohl so eine Art Mekka des Voodoo schaffen.
    Nachdem Gustav Carver Paul in den Ruin getrieben hatte, hat er das Projekt übernommen. Die Bauleitung wurde ausgetauscht. Alles lief anders. Dann kam eines Tages dieser Mann ins Dorf … der seltsamste Kerl, den ich je gesehen hatte, ein Weißer mit orangefarbenen Haaren. Arbeiten hat man den nie gesehen. Er hat immer nur mit uns Kindern gespielt. Hat sich mit uns angefreundet. Wir haben Fußball gespielt, er hat uns einen Ball gekauft.
    Er war ein lustiger Kerl, er hat alle Kinder zum Lachen gebracht. Er hat uns Geschichten erzählt und uns Sachen geschenkt, Süßigkeiten und Kleider. Er war wie ein ganz toller Vater und ein großer Bruder in einem. Und er hat uns ständig mit seiner Super-8-Kamera gefilmt. Es sah aus, als würde dieser hässliche schwarze Apparat mit dem vorstehenden runden Glasauge zu seinem Gesicht gehören … irgendwie gruselig, aber auch lustig. Trice hat er am häufigsten gefilmt.
    Eines Tages hat er Trice und mich zur Seite genommen und uns erzählt, er müsse weggehen. Wir waren wirklich traurig. Meine Schwester hat geweint. Aber er meinte, kein Problem, wir könnten mitkommen, wenn wir wollten. Wir sagten ja. Wir mussten ihm versprechen, unseren Eltern nichts davon zu erzählen, weil er uns sonst nicht mehr würde mitnehmen können.
    Wir haben es versprochen. Wir sind noch am gleichen Nachmittag weggegangen, ohne irgendjemandem davon zu erzählen. Wir haben unseren Freund ein ganzes Stück die Straße abwärts getroffen, er wartete mit dem Auto auf uns. Es war noch ein anderer Mann bei ihm, den wir noch nie gesehen hatten. Trice meinte, wir sollten vielleicht doch besser umkehren. Da ist dieser Fremde aus dem Wagen gestiegen, hat sie gepackt und auf die Rückbank geworfen. Das Gleiche hat er mit mir gemacht. Als er losfuhr, haben wir beide angefangen zu weinen. Dann haben sie uns eine Spritze gegeben. Danach weiß ich praktisch nichts mehr … wie wir zu dem Haus auf La Gonâve gekommen sind und so weiter.«
    Sie fuhren am Grundstück der Carvers vorbei und folgten der holprigen Straße voller Schlaglöcher den Berg hinauf. Einmal mussten sie anhalten, weil ein Lastwagen liegen geblieben war, eine Weile später, weil ihnen ein Mann mit einer Herde abgemagerter Ziegen entgegenkam.
    »Sie haben das Videoband gesehen, oder? Das ich für Sie hinterlegt habe? Haben Sie es sich angesehen?«
    »Woher hatten Sie es?« Max nahm die Waffe in die andere Hand.
    »Das erzähle ich Ihnen später. Haben Sie gesehen, was auf dem Band war … das mit dem Trank, den die uns gegeben haben?«
    »Ja.« Max nickte.
    »Der ganze ›Indoktrinationsprozess‹ hat mein Gedächtnis ziemlich durcheinander gebracht. Im Zeugenstand wäre ich zu nichts zu gebrauchen, denn was immer ich hier oben habe«, Huxley tippte sich an die Schläfe, »mein Gehirn ist wie Spaghetti. Alles, woran ich mich erinnere, ist wie aus einem Traum. Ich weiß nicht, wie viel davon Dissoziation ist und wie viel ich dem Zombietrank zu verdanken habe, den die uns eingetrichtert haben.
    Das Zeug war nicht so stark wie das Gebräu, mit dem die Voodoopriester die Leute in einen Erstarrungszustand versetzen, aber es

Weitere Kostenlose Bücher