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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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auf.
    Wussten Sie, dass einem bei der Ausbildung zum Detective auc h die Kunst vermittelt wird, schlechte Nachrichten zu überbringen? Man lernt professionelles Mitgefühl. Irgendein arbeitsloser Hollywood-Schauspiellehrer hat mich unterrichtet. Ich war der Beste in meiner Klasse. Ich konnte regelrecht triefen vor professionellem Mitgefühl, auf Kommando. Ich habe versucht, ein wenig von diesem Mitgefühl auf mich selbst triefen zu lassen. Es hat nicht funktioniert.
    Fast ein Jahr nach ihrer Entführung habe ich Manuela Garcia gefunden. In New York. Da war sie seit sechs oder sieben Monaten tot. Sie hatten üble Dinge mit ihr angestellt. Üble Dinge«, sagte Max. Er hielt inne, um nicht weiter ins Detail zu gehen.
    Die Dienstmädchen brachten den Hauptgang, haitianische Küche: Grillot – gewürfeltes Schweinefleisch in Knoblauch, Pfeffer und Chili gebraten und mit Limonensauce serviert; dazu wahlweise goldbraun gebratene Kochbananenscheiben, Mais Mouline – Maismehl – mit einer dicken Soße aus roten Bohnen oder Riz Djon-Djon , Reis mit schwarzen Pilzen. Dazu Tomatensalat.
    Max hatte keine Ahnung, ob die Carvers auch sonst einheimische Küche aßen oder ob sie das nur ihm zu Ehren taten, um ihn auf der Insel einzuführen. Allzu viel nahmen sie sich jedenfalls nicht. Er tat sich Reis, Kochbanane, Grillot und einen guten Schlag Tomatensalat auf, alles auf einen Teller, weil er den Salatteller übersehen hatte. Er bemerkte seinen Fauxpas, als Francesca sich ein paar Tomatenscheiben auf ihren Salatteller und ein einziges Stück Grillot auf den großen Teller legte. Er ließ sich davon nicht stören.
    Allain Carver nahm das Gleiche wie er. Francesca zerschnitt ihren Fleischwürfel in winzige Stückchen, die sie auf ihrem Teller arrangierte und intensiv anstarrte, als wolle sie ihre Zukunft herauslesen.
    Einige Minuten lang wurde schweigend gegessen. Max gab sich Mühe, nicht zu schlingen. Aber er hatte Hunger, und das Essen war köstlich – das Beste, was er seit über acht Jahren gegessen hatte.
    Sein Teller war fast leer, als das Gespräch wieder aufflammte.
    »Und was ist dann passiert, Max?«, fragte Gustav.
    »Nun«, fing Max an und trank einen großen Schluck Wasser, »wie Sie wissen, gibt es ganze Horden von Seelenklempnern, die ihr Geld damit verdienen, tief ins Hirn derer zu schauen, die sich die widerlichsten Methoden ausdenken, ein anderes menschliches Wesen zu quälen, und die das dann auch durchziehen. Und genau diese neunmalklugen Laberärsche werden vor Gericht von den Rechtsanwälten aufgefahren, um zu erklären, warum ein kranker Spinner zu dem geworden ist, was er ist. Weil er als Kind missbraucht wurde und weil auch seine Eltern schon kranke Spinner waren. Ich kauf den Scheiß niemandem ab. Hab ich noch nie getan. Ich bin davon überzeugt, dass die meisten von uns Gut und Böse voneinander unterscheiden können, und wenn einem als Kind Böses widerfahren ist, sucht man als Erwachsener nach dem Guten. Aber für die meisten Amerikaner ist Therapie wie eine Beichte, und der Seelenklempner ist der Priester. Statt ein paar Ave Marias zu beten, geben sie ihren Eltern die Schuld.«
    Gustav Carver lachte und klatschte in die Hände. Allain lächelte verkrampft. Francesca war wieder dazu übergegangen, ihre Serviette zu würgen.
    »Es war klar, dass diese Kids davonkommen würden. In New York gibt es keine Todesstrafe. Sie würden die Psychokarte ausspielen und gewinnen. Zwei von denen waren cracksüchtig und schon deshalb nicht voll schuldfähig. Die Hauptschuld hätten sie ihrem Anführer in die Schuhe geschoben, dem Ältesten, der alles geplant hatte: Richards Angestelltem.
    Und bei all dem würde Manuela in Vergessenheit geraten, der Prozess würde sich nur noch um die Täter drehen. Die Medien würden sich auf die Sache stürzen und alles zu einer gewaltigen Anklage gegen afroamerikanische Jugendliche verwursten. Sie würden fünfzehn bis zwanzig Jahre kriegen. Im Knast würden sie vergewaltigt werden, ganz sicher. Die Männer würden AIDS kriegen. Vielleicht. Aber auch wenn ihr Leben noch so verkommen und kaputt war, Manuelas würde ungelebt bleiben.
    Das Mädchen habe ich zuerst gefunden. War nicht schwer. Sie war auf dem Strich unterwegs, für Crack. Sie hat mich zu den beiden anderen gebracht. Sie hatten sich in Harlem versteckt. Sie haben mich für einen Bullen gehalten. Sie haben alles gestanden, bis ins letzte beschissene Detail. Ich habe mir alles bis zum Ende angehört, um sicherzugehen, dass

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