Vor aller Augen
ängstlich zu ihnen herüber. Warum das? Vielleicht hatte sie Angst, erkannt zu werden und ein Autogramm geben zu müssen.
Der Preis des Ruhms, ja ja! Jetzt bewegte sie sich schnell und führte ihre lieben Kleinen direkt in Dick Clarkâs American Bandstand Grill, wahrscheinlich zum Lunch, vielleicht aber nur, um der Menge zu entgehen.
»Dick Clark kam aus Philadelphia hierher«, sagte Slava. »Hast du das gewusst?«
»Wen zum Teufel interessiert Dick Clark, Dick Tracy oder sonst irgendein Arsch«, erwiderte Zoya. »Hör mit diesen bescheuerten Quizfragen auf. Davon bekomme ich Kopfschmerzen. Seit ich dich kennen gelernt habe, geht mein Aspirinverbrauch in die Billionen.«
Die Beschreibung der Zielperson, die ihnen ihr Controller gegeben hatte, war absolut zutreffend: groÃ, blond, Eisprinzessin, äuÃerst selbstsicher. Und geschmackvoll bis ins letzte Detail , dachte Slava. Das ergab auch Sinn, nahm er an. Sie war von einem Klienten gekauft worden, der sich Kunstdirektor nannte.
Das Paar wartete ungefähr fünfzig Minuten. Der Chor einer Mittelschule aus Broomall, Pennsylvania, sang im Atrium. Dann tauchte die Zielperson mit ihren zwei Kindern aus dem Restaurant auf.
»An die Arbeit«, sagte Slava. »Das dürfte interessant werden, oder? Die Kinder machen es zu einer Herausforderung.«
»Nein«, widersprach Zoya. »Die Kinder sind purer Wahnsinn. Warte, bis der Wolf davon erfährt. Er wird total ausrasten.«
24
Die Frau, die gekauft worden war, hieà Audrey Meek. Sie war eine Prominente, da sie eine äuÃerst erfolgreiche Damenmode samt Accessoires auf den Markt gebracht hatte, die Meek hieÃ. Das war der Mädchenname ihrer Mutter und sie verwendete ihn für sich.
Das Paar lieà sie nicht aus den Augen und folgte ihr in die Tiefgarage, ohne Verdacht zu erregen. Als sie ihre Einkaufstaschen von Neiman Marcus, Hermès und anderen Läden in ihrem glänzenden schwarzen Lexus SUV mit Nummernschildern aus New Jersey verstaute, warfen sie sich auf sie.
»Kinder, rennt weg! Rennt weg!« Audrey Meek wehrte sich heftig, als Zoya ihr einen beiÃend riechenden Lappen auf Mund und Nase drückte. Gleich darauf sah sie einige dramatische Sekunden lang Kreise, Sterne und grelle Farben. Dann verlor sie in Slavas starken Armen das Bewusstsein.
Zoya blickte sich in der Garage um. Viel gab es nicht zu sehen â Betonwände mit Zahlen- und Buchstabenmarkierungen. Kein Mensch in der Nähe. Niemand hatte etwas bemerkt, obwohl die Kinder wie am Spieà brüllten und weinten.
»Lass meine Mami in Ruhe!«, schrie Andrew Meek und schlug in Richtung Slava. Dieser lächelte nur auf den Jungen hinab. »Guter kleiner Bursche«, sagte er. »Du beschützt deine Mami. Sie wäre stolz auf dich. Sehr stolz.«
»Komm schon, du Idiot!«, brüllte ihn Zoya an. Wie immer kümmerte sie sich um alles Wichtige. So war es, seit sie im Moskowskaya Oblast auÃerhalb Moskaus aufgewachsen war und beschlossen hatte, weder Fabrikarbeiterin noch Prostituierte zu werden. Beides hätte sie nicht ertragen.
»Was ist mit den Kindern? Wir können sie nicht hier lassen«, sagte Slava.
»Wir lassen sie hier. Das sollen wir doch tun, du Idiot. Wir wollen Zeugen. Das ist der Plan. Kannst du nicht einmal alles richtig machen?«
»In der Tiefgarage? Sie einfach hier lassen?«
»Es passiert ihnen schon nichts. Und überhaupt â das ist doch scheiÃegal. Komm endlich, wir müssen los. Jetzt!«
Sie setzten den Lexus mit der Zielperson Audrey Meek, die bewusstlos auf dem Rücksitz lag, in Bewegung, während ihre beiden Kinder in der Tiefgarage weinten. Zoya fuhr mit mäÃiger Geschwindigkeit um das Einkaufszentrum und bog dann auf den Dekalb Pike ein.
Sie brauchten nur ein paar Minuten bis zum Nationalpark Valley Forge, wo sie die Autos wechselten.
Dann weitere acht Meilen zu einem abgelegenen Parkplatz, wo sie erneut die Fahrzeuge wechselten.
Danach fuhren sie nach Ottsville, ins Bucks County von Pennsylvania. Schon bald würde Mrs. Meek den Kunstdirektor treffen, der sich wahnsinnig in sie verliebt hatte. Er hatte 250 000 Dollar für das Vergnügen ihrer Gesellschaft bezahlt, wie immer dieses aussehen mochte.
Und bei dieser Entführung hatte es Zeugen gegeben â mit voller Absicht .
Teil Zwei
Treue, Tapferkeit, Integrität
25
Bis jetzt war noch niemand dem Wolf auf die
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